10.06.2024 "Meine Finanzen" Folge 6

Richtig Erben und Vererben - wie plane ich den Vermögensübergang richtig?

Von Melanie Aprin

Erbschaften sind ein Thema, das viele Menschen vor sich herschieben. Dabei sollten sie gut geplant sein.

In Deutschland gibt es nach wie vor viel zu vererben. Laut Statista waren es 2022 fast 130.000 steuerpflichtige Erbschaften und annähernd 40.000 steuerpflichtige Schenkungen. Thorsten Keilich von der Volksbank Köln Bonn macht es, gleichfalls unter Berufung auf Statista, noch konkreter: „2022 haben die Finanzverwaltungen in Deutschland Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen in Höhe von 101,4 Milliarden Euro veranlagt.“ Und schon vor zehn Jahren habe das Momentum-Institut berechnet, dass sich Erbschaften bis 2043 verdoppeln würden.

„Dieser Trend ist intakt“, sagt Keilich, der als Abteilungsleiter Individuelle Kundenbetreuung Private Banking auch viele Einblicke in Nachlassregelungen, Ruhestandsplanungen und Testamentsvollstreckungen hat. Daher weiß er: „Finanziell sind viele besser aufgestellt als je zuvor.“

Indes hätten die Banken immer wieder mit Streitfällen im Erbfall zu tun, „insbesondere, wenn keine oder nur unzureichende Regelungen über ein Testament oder Vermächtnis getroffen wurden“. Das Problem, dass aus Erbengemeinschaften Streitgemeinschaften werden, kennt auch Sven Gundermann von Taunus Investments. Der bankenunabhängige Vermögensverwalter, der auch die IHK-Qualifikation zur Testamentsvollstreckung und zur Generationen-Beratung hat, rät daher, einen Spezialisten für Erbrecht hinzuzuziehen. Denn im Erbrecht würden sich nicht nur „extrem viele Tücken und Fallen“ verbergen, sondern auch Gestaltungsmöglichkeiten.

Gundermanns Tipp: „Die Erben schon zu Lebzeiten einzubeziehen, bietet sich für eine optimale Planung an.“ So sieht es auch der Kölner Notar Jens Fleischhauer, der als ausgewiesener Experte im Erbrecht auch regelmäßig Vorträge zum Thema „Erben und Vererben“ hält. Der promovierte Jurist empfiehlt, bei größeren Vermögen einen Teil zu Lebzeiten im Wege der „vorweggenommenen Erbfolge“ zu übertragen und den verbleibenden Teil zu vererben. Geeignet für die lebzeitige Übertragung seien insbesondere vermietete Immobilien. „Als Veräußerer kann man sich den sogenannten Nießbrauch vorbehalten, mit dem man weiter alle Nutzungen aus der Immobilie zieht und auch die Kosten trägt.“

Neben dem Nießbrauch könne sich „der Veräußerer das Recht zum Widerruf der Schenkung beziehungsweise zur Rückforderung der übertragenen Immobilie vorbehalten, zum Beispiel für den Fall des Vorversterbens oder der Insolvenz des Erwerbers“. So werde das übertragene Vermögen vor dem Zugriff Dritter geschützt. Fleischhauer empfiehlt zudem, die Rechtsnachfolge von Todes wegen durch ein Testament oder einen Erbvertrag zu regeln, „insbesondere, wenn Erben abweichend von der gesetzlichen Erbfolge bestimmt werden sollen“. Was einzelne Vermögensgegenstände angeht, könnten diese durch Vermächtnis zugewandt werden. Und bei größeren Vermögen, Unternehmen oder minderjährigen Erben rät er, über eine Testamentsvollstreckung nachzudenken. „Für ihre minderjährigen Kinder können Eltern in ihrem Testament einen Vormund benennen.“

Wichtig ist darüber hinaus, Freibeträge und steuerliche Auswirkungen zu beachten. Vermögensverwalter Gundermann erklärt hierzu, dass Schenkungen zu Lebzeiten und Erbschaften mit wenigen Ausnahmen gleich besteuert werden. Und weil Schenkungen alle zehn Jahre unter Anrechnung der Freibeträge getätigt werden können, „lohnt es sich gerade bei größeren Vermögen, rechtzeitig mit der Übertragung zu beginnen“. Zu den Freigrenzen ergänzt er, dass Ehepartner mit 500.000 Euro den höchsten Freibetrag haben. Kinder und Stiefkinder erhalten einen Freibetrag von 400.000 Euro und Enkelkinder einen Freibetrag von 200.000 Euro.

„Allen anderen Erben und somit auch nicht-verheirateten Lebensgefährten stehen nur 20.000 Euro zu.“ Ob der Gesetzgeber diese Freigrenzen verändern oder die Erbschaftssteuer erhöhen wird, ist Gundermann zufolge möglich, „derzeit aber nicht absehbar“.

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