17.07.2023 Nur die Ruhe

Wenn die Börsen Achterbahn fahren – Tipps gegen die Panik

Von Melanie Aprin
An den Börsen gehört das Auf und Ab dazu.
An den Börsen gehört das Auf und Ab dazu. Fotoquelle: Gettyimages / Caroline Purser

An den Finanzmärkten geht es regelmäßig rauf und runter. Doch wenn die Börsen richtig Achterbahn fahren, kann Panik aufkommen. Meistens unbegründet, sagen Experten und raten dennoch zur Vorsicht.

Carsten Mumm hat als Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel mit Sitz in Hamburg und München die Aktienmärkte seit Jahren im Blick. Trotzdem gibt es Tage, an denen selbst erfahrene Kapitalmarkt-Experten wie er mulmige Gefühle bekommen. „Wenn die Kurse auf breiter Front in den Keller rauschen, schlafen nur noch wenige Anleger gut“, sagt der Bankier, der auch Lehrbeauftragter an der International School of Management in Hamburg ist.

Mumm findet es völlig normal, dass übermäßige Kursschwankungen auch Panik auslösen können: „Die emotionale Komponente kann alles überlagern.“ Selbst dann, wenn Anleger in ihrem Depot an und für sich solide Werte haben. In diesen Fällen gibt es nach Ansicht des Experten jedoch oft keinen Grund für die Panik: „Totalverluste sind bei Investments in mittlere und größere Unternehmen eher selten.“

Wichtig sei beim Kauf von Aktien ein ausreichend langer Anlagehorizont: „Nur wer nach größeren Kursverlusten verkaufen muss, wenn beispielsweise in naher Zukunft ein Hausbau oder ein Immobilienkauf ansteht und das Geld aus den Aktien gebraucht wird, muss die Verluste auch realisieren.“ In allen anderen Szenarien sei es am besten, Ruhe zu bewahren und bei sehr guten Unternehmen vielleicht sogar nachzukaufen. Dabei sollte unbedingt der Einzelfall betrachtet werden: „Fällt die Aktie, weil gerade alles fällt, oder ist bei dem Unternehmen möglicherweise etwas faul?“ Ist das der Eindruck, sollte man in der Tat besser früh als spät die Reißleine ziehen. Denn Fälle wie Wirecard oder Lehman Brothers hätten gezeigt, „dass nach einem Betrugsskandal oder einer Pleite das investierte Geld auch verloren gehen kann“.

Zur grundsätzlichen Vorsicht rät auch Börsenreporter Friedhelm Tilgen. Der langjährige Leiter der ntv Geldanlage beim Nachrichtensender ntv beschäftigt sich beruflich schon seit 1997 mit den Finanzmärkten und hat in dieser Zeit reichlich Erfahrung mit dem Auf und Ab der Börsen gesammelt.

Für Anleger, die angesichts von Mini-Crashs oder auch dramatischen Einbrüchen in Panik geraten, lautet sein dringender Rat: „Wer bei Kursstürzen an den Börsen nicht mehr ruhig schlafen kann, sollte die Turbulenzen zum Anlass nehmen, sein Depot auf den Prüfstand zu stellen.“ Denn einen Grund, in Panik zu geraten, habe eigentlich nur, wer sein Risiko nicht genügend gestreut hat.

Investoren, die seit Jahren regelmäßig in solide Aktienfonds einzahlen, hätten dieses Problem nicht. Im Gegenteil: „Anleger, die über einen langen Zeitraum hinweg konstant den gleichen Betrag in einen Fonds investieren, profitieren sogar auf Dauer von starken Kursschwankungen . Denn die Fondsmanager müssen die Aktien aus den Fonds auch bei niedrigen Kursen nachkaufen.“

Was sich dann wiederum bei steigenden Kursen auszahle. „Fachleute sprechen hier vom sogenannten Cost-Average-Effekt“, erklärt Tilgen, der alternativ zu breit aufgestellten Fonds oder ergänzend dazu auch empfiehlt, über Indexfonds (kurz: ETFs) in internationale Aktienindizes wie etwa den MSCI All Country World-Index (kurz: MSCI ACWI) zu investieren.

Der Grund: „Ein solcher Index bildet die Wertentwicklung von Unternehmen aus 23 Industrieländern und 24 Schwellenländern ab.“ Es habe etwas Beruhigendes, auf diese Weise indirekt in knapp 2900 Unternehmen zu investieren, die ungefähr 85 Prozent der weltweiten Marktentwicklung widerspiegeln. „Noch breiter und langfristig orientierter kann man sich eigentlich gar nicht aufstellen, um zu verhindern, bei der nächsten Achterbahnfahrt erneut in Panik zu verfallen.“

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