TV-Parodie

"Das Zahlemann Protokoll": Olli Dittrichs Sensations-"Enthüllung" zur Bundestagswahl

In seiner neuesten TV-Parodie schlüpft Olli Dittrich in die Rolle eines gebeutelten Reporters, dem die alte Telefonnummer von Angela Merkel zugeteilt wurde. Mit dabei sind Caren Miosga, Tom Buhrow, Horst Lichter, Wolfgang Bosbach und Robin Alexander.

Schade eigentlich, dass Olli Dittrich das Genre der Talkshow schon vor Jahren durch den Kakao gezogen hat. Eine Plasberg- oder "Anne Will"-Satire wäre eigentlich der würdige Schlusspunkt unter ein Jahr der aufgeregten Fernsehdebatten geworden. Seit 2013 schon schraubt Dittrich an seinem "TV-Zyklus" der Genreparodien, und da ist es so langsam eine Überraschung, dass er immer noch eine neue Spielwiese für sein überbordendes Talent findet.

"Ich war Angela Merkel: Das Zahlemann Protokoll" heißt nun der zwölfte Beitrag aus dieser losen Preziosenreihe, der sich aufgrund der stiefmütterlichen Sendezeit (Mittwoch, 29. Dezember, 23.45 Uhr, ARD) wohl eher als Luxushäppchen aus der Mediathek eignet. Den natürlich von Dittrich selbst verkörperten Protagonisten dieser Mockumentary im Stil der Reportage-Magazine kennt man bereits seit Jahren: Sandro Zahlemann ("Arschkalt hier!") ist die verlorenste Außenreporterseele, seit es Live-Schalten gibt. 2016 ging ihm in "Der Sandro-Report – Zahlemann live" eine königliche Delegation am Bahnhof spektakulär durch die Lappen.

"Die Sache mit den König von Butan war schon sehr unglücklich", kommentiert der WDR-Intendant Tom Buhrow das Fiasko nun ungerührt vor der Kamera – einer von vielen prominenten Gästen, die dieser Persiflage den leutseligen Anstrich von Authentizität verleihen. Zahlemann, so will es die Dramaturgie der Fake-Doku, hat einen tiefen Fall nebst Untersuchungshaft hinter sich. Nun will er sich ausführlich zu den Hintergründen äußern. Denn Schuld an dem Schlamassel habe er nur zum kleinen Teil und zum viel größeren seine Telefongesellschaft.

Bei der nämlich nahm der selbst ernannte "ARD-Chefreporter" Anfang des Jahres ein neues Handy in Betrieb. Welch irre Volte des Schicksals: Seine neue Nummer erwies sich offenbar aufgrund einer technischen Panne als eine abgelegte der Kanzlerin. Erst habe er nicht verstanden, was Präsident Trump, der Papst und Bastian Schweinsteiger von ihm wollten, dann habe er angefangen, als Angela Merkel zurückzusimsen. Rezepttipps an Horst Lichter, Opa-Glückwünsche an Wolfgang Bosbach (beide wirkten am Film als "Zeugen" mit), ein Osterhasen-GIF an den Heiligen Vater – so weit, so heiter.

Späte Rache an Söder

Was man in diesem starken Enthüllungsstück allerdings auch erfährt: Sandro Zahlemann hat die K-Frage der Union und damit die Bundestagswahl mitentschieden. Wie der Film kongenial in der Verknüpfung mit echten Archivszenen nachweist, hat der Reporter dem CDU-Vorsitzenden Armin Laschet die Worte zum Machtkampf um die Kanzlerkandidatur in Mund gelegt und Markus Söder verhindert. Der Grund: späte Rache. Der frühere Journalist Söder habe ihm zu gemeinsamen Zeiten beim BR dermaleinst im "Engtanz" einen Schwarm ausgespannt. "Ich hatte ein Auge geworfen auf die Gitta – ich werd den Namen nicht nennen."

Zu absurd? Nun, sehr viel unabsurder war die Wirklichkeit des Jahres 2021 dann ja auch nicht. Und ist nicht am Ende alles eine Frage der angemesssenen Inszenierung? Da wiederum bleibt "Das Zahlemann Protokoll" wenig schuldig. Vom Kamerawinkel über die Schnittdramaturgie bis zur raunenden Sprecherfloskel ("Der DFB wollte sich auf unsere Anfrage nicht äußern" – "Jetzt geht alles ganz schnell!") sitzt jeder Handgriff aus derm Werkzeugkasten der Magazinmacher.

Zum Schluss dieser 30-minütigen Irrfahrt hockt Sandro Zahlemann am See und träumt im irritierend fordernden Duktus davon, mit der inzwischen Ex-Kanzlerin per Geschenkübergabe alles ins Reine zu bringen. "Ich bin froh, dass es vorbei ist", sächselt der Gebeutelte dem für ihn so aufreibenden Jahr hinterher. Ein schönes Schlusswort. Nicht viel anders ergeht es uns allen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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