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"Long Shot": ein ungleiches Traumpaar

von Sven Hauberg

"Pretty Woman" mal andersrum: Eine der mächtigsten Frauen der Welt trifft auf einen alten Bekannten. Früher war sie Freds Babysitterin, jetzt findet sie zunehmend Gefallen an dem unscheinbaren Journalisten. Charlize Theron und Seth Rogen als unwahrscheinliches Traumpaar.

ProSieben
Long Shot – Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich
Komödie • 28.03.2021 • 20:15 Uhr

Wenn Amerikaner von etwas sprechen, das höchst unwahrscheinlich ist, benutzen sie manchmal die schöne Redewendung vom "long shot", vom Schuss aus weiter Distanz, der nur selten sein Ziel trifft. Eine Frau als Präsidentin der Vereinigten Staaten – das ist, derzeit zumindest, so eine Unwahrscheinlichkeit – und wird es nach der Wahl Joe Bidens auch vorerst bleiben. Für die Macher der Politsatire "Long Shot" ist eine Frau im Oval Office wohl ebenfalls reine Spekulation. Oder, wie es der deutsche Untertitel ausdrückt: "Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich". Aber immerhin: Den Humor hat man in Hollywood angesichts von vier Jahren Donald Trump noch lange nicht verloren. Also bastelt man sich, wie in dem großartigen Film von Jonathan Levine, den ProSieben nun als Free-TV-Premiere zeigt, eben eine eigene Präsidentin.

Charlotte Field heißt diese Dame, die wohl so manch einer in Amerika und Europa nur zu gerne im Weißen Haus sähe. Zu Beginn des Films ist Field, gespielt von Charlize Theron, noch Außenministerin. Sie ist jung, gutaussehend, mutmaßlich sehr liberal. Und tanzen kann sie auch noch. Kurzum: Sie ist eine weiße Michelle Obama. Anders als die ehemalige First Lady hat Charlotte Field aber große Ambitionen. Präsidentin will sie werden und damit einem Mann nachfolgen, der so fehl am Platze ist wie einst Trump. Im Film heißt er Präsident Chambers (gespielt von Bob Odenkirk, "Better Call Saul"), ist ehemaliger Fernsehschauspieler, und wenn Trump und George W. Bush einen gemeinsamen Halbbruder hätten, er wäre wohl ein bisschen so wie dieser Präsidentendarsteller.

Das Gute an Präsident Chambers ist, dass er selbst erkannt hat, wo seine wahren Stärken liegen. Nicht in der Politik nämlich, sondern in Hollywood. Vom Fernsehstar zum Leinwandhelden will er schaffen, und da ist das Präsidentenamt kaum mehr als ein nützliches Sprungbrett. Als Nachfolgerin hat er Charlotte Field auserkoren, seine Außenministerin. Und die nimmt dankend an. Zunächst aber muss sie freilich einen Wahlkampf bestehen.

Und da soll er ihr helfen: Fred Flarsky (Seth Rogen), Journalist und einst Nachbar von Charlotte Field. Als er 13 Jahre alt war, war sie, damals 16, seine Babysitterin. Jetzt treffen sie sich wieder, die schicke Außenministerin und der jüdische Reporter mit Zottelbart, der gleich zu Beginn des Films undercover unter Neonazis recherchiert. Doch das Blatt, für das er schreibt, wird von einem Medienmogul (Andy Serkis in schmieriger Rupert-Murdoch-Maskerade) aufgekauft, und Flarsky kündigt. Fortan wird er, der vermeintlich nah am einfachen Volke ist, Fields Reden schreiben.

Es knistert gewaltig

Von den Gegensätzen dieses ungleichen Paares lebt "Long Shot". Flarsky, in Schlabberhosen und stets mit Kappe auf dem Kopf, reist mit Charlotte Field durch die Welt, gerät mit ihr in eine Geiselnahme, trifft ausländische Staatsoberhäupter. Vor allem soll er ihr helfen, ihr aktuelles Projekt dem Wahlvolk schmackhaft zu machen. Kein leichter Job, schließlich nennt sich das Monstrum "Globale Rehabilitationsinitiative".

Um Politik geht es in "Long Shot" allerdings nur am Rande. Regisseur Jonathan Levine erzählt seine Story viel mehr als romantische Komödie, denn zwischen der Politikerin und ihrem Schreiberling funkt es bald gewaltig. Wobei Komödie heißt: Die Gags werden hier zumeist weit unterhalb der Gürtellinie gezündet. Da darf Seth Rogen, in einer "Verrückt nach Mary"-Gedächtnisszene, die Palme wedeln, bis der Bart klebt, und auch sonst wird kaum eine Zotigkeit ausgelassen. Erzählt wird das aber so charmant und so temporeich, dass es eine wahre Freude ist.

"Long Shot" gelingt dabei das kaum Vorstellbare: Er macht Charlize Theron und Seth Rogen, diese zwei so ungleichen Schauspieler, zum Hollywood-Traumpaar. Zwischen den beiden knistert es zwei Stunden lang gewaltig. Wenn sie dann endlich ins Bett steigen miteinander, stellen sie in wenigen Minuten eigenhändig die Konventionen einer Rom-Com auf den Kopf. Zumal der Film gekonnt mit Geschlechterstereotypen spielt. Da muss Außenministerin Field beim Presseinterview ihr Schönheitsgeheimnis verraten (Olivenöl und Mayo in die Haare!) und lernen, den Ellbogen fürs Fotoshooting sexy in die Kamera zu halten – aber eigentlich hat sie die Hosen an. So eine Frau als US-Präsidentin? Unwahrscheinlich, aber dringend nötig.

Long Shot – Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich – So. 28.03. – ProSieben: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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