Krimi im Ersten

"Tatort: Ätzend": Alles, was der Fall ist

10.11.2015, 07.26 Uhr
von Detlef Hartlap
Akte gesperrt: Pathologin Nasrin Reza (links) weiß etwas, was Rubin und mehr noch Karow zutiefst erschüttert.
BILDERGALERIE
Akte gesperrt: Pathologin Nasrin Reza (links) weiß etwas, was Rubin und mehr noch Karow zutiefst erschüttert.  Fotoquelle: rbb/Volker Roloff

Gegen Ende wechselt der "Tatort: Ätzend" in Schwarzweiß. Die Merizadis, eine Familie aus dem Iran, haben alles getan, um in Berlin bleiben zu können. Vergebens. Layla Merizadi, hochschwanger, liegt ihrem Mann noch einmal nachdrücklich in den Ohren, "die Sache" in Ordnung zu bringen.

Die Sache ist: Man lebt illegal in Berlin. Es hatte sich so ergeben.

Vater Merizadi (Husam Chadat) hat sich ein Dentallabor aufgebaut. Kaum dass er mal Gelegenheit hätte, von seinen künstlichen Gebissen aufzuschauen; vielleicht hat er die Sache mit der Aufenthaltserlaubnis auch deshalb verschlampt.

Der Sohn Arash (Tan Julius Ipekkaya) ist ein guter Schüler, ein sehr guter Boxer, alle mögen ihn. Am meisten seine Freundin Ira, die mit Arash durch dick und dünn gehen würde, doch ihre Mutter verrät das junge Glück.

Immigrationsdrama, zwei Tote inklusive

Ja, unterm Strich ist diese zweite Folge des neuen Berliner Kommissarteams um Meret Becker und Mark Waschke ein Immigrationsdrama, zwei Tote inklusive, dazu ätzende Schwefelsäurevorkommnisse auf einer der unzähligen Berliner Baustellen (war vorher eine Laubenpieperkolonie).

Wenn alles zu Ende ist und die Merizadis mit leichtem Gepäck und mit einem dramatisch geborenen Berliner Baby in den Bus gestiegen werden, der sie zum Flughafen abtransportiert, mag der Zuschauer fragen: Was war eigentlich? Wo war der Fall?

Im März hatten die Berliner mit "Das Muli" einen fulminanten Erstauftritt hingelegt, die Geschichte von Drogenkurieren in einer ebenso atemberaubenden wie gnadenlosen Stadt.

Der Rest von damals

Als Rest der Story von damals blieb übrig: Was hat Robert Karow (Mark Waschke) mit dem Tod seines Kollegen aus dem Drogendezernat zu tun? Und wie ist dieser Kollege überhaupt umgekommen?

Zweitens, wie verkraftet Nina Rubin (Meret Becker) das Auseinanderbrechen ihrer Familie? Beide Themen begleiten durch die neue Folge, die, wie das Leben, kein Zentrum kennt, sondern einem Strom von Ereignissen gleicht. Niemand kommt zur Ruhe, auch der Zuschauer nicht. (Es sei denn, er gibt es auf, den nicht eben pilchereinfach geschilderten Zusammenhängen zu folgen.)

Die Witwe eines in der Vorfolge erschossenen Drogentypen taucht auf. Sie will wissen, was eigentlich passiert ist. Ihr Mann ist tot, sie lebt in Angst, ihre Kinder werden bedroht. Auch Karow fühlt sich bedroht, von internen Ermittlungen, von Rubin. Rubin möchte ihren Mann nach einem Liebesakt im Auto heimlotsen, lässt sich andererseits aber vom ersten Anruf in den Beruf zurückbeamen.

Das Leben ist kein Fall, sondern alles, was der Fall ist. Was ziemlich ätzend sein kann.

"Tatort: Ätzend", am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.

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