Zwei Jahre nach dem Überfall Putins auf die Ukraine setzt sich der Autor Dirk Schneider (MDR / ARTE) auf die Spuren der ukrainischen Geschichte. Was ist dran an Putins Auslegung, dass die Ukraine zu Russland gehört? In Kommentaren kommen Historiker, Autoren und Filmer zu Wort.
In "Blackbox Ukraine" (MDR / ARTE) wird die Geschichte jahrhundertelanger Verflechtungen, vor allem aber der Kampf der Ukrainer gegen russische Vereinnahmung und Unterdrückung erzählt. Offensichtlich will Wladimir Putin, der sich in der Nachfolge so glorreicher wie frommer Zarenherrscher sieht, die Ukraine unter russische Herrschaft zwingen – wie möglicherweise auch andere Teilstaaten der früheren Sowjetunion. – Die Anerkennung der Ukraine als eigenständigen Staat nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 steht dabei gar nicht zur Debatte.
Dabei ist die Geschichte der Ukraine durchaus bewegt. Besonders dramatisch erscheint aus heutiger Sicht die Zeit des Holodomors, des massenhaften Hungertods in den 30er-Jahren, als auf Geheiß Stalins ukrainischen Bauern Getreideernten entzogen wurden. Später deportierte Stalin zigtausende Intellektuelle, Dichter und Schriftsteller, nach Sibirien, um den ukrainischen Freiheitswillen zu brechen. Und schließlich führten die Überfälle durch Stalin und Hitler zu millionenfachen Opfern unter den Ukrainern.
Unter Putin ist inzwischen der Diktator Stalin wieder zu Ansehen bis hin zur Verklärung gelangt. Seine Nachfolger, zuletzt Michael Gorbatschow, sieht er als Schwächlinge, denen die Macht des russischen Reiches aus den Händen glitt. – In früheren Jahrhunderten gab es allerdings auch manche Annäherungen zwischen Russland und der Ukraine. So stellte sich der Kosakenführer Chmelnizki im 17. Jahrhundert im Kampf gegen polnische Adelswillkür unter den Schutz des russischen Zaren.
Inzwischen werden in der Ukraine die Denkmäler der ukrainisch-sowjetischen Freundschaft geschleift. Doch die Geschichte ist komplizierter, als einfache Darstellungen behaupten. Im Film kommen unter anderem der Schweizer Historiker Andreas Kappeler, die russische Geschichtslehrerin und Youtuberin Tamara Eidelman, der amerikanische Bestsellerautor Timothy Snyder ("Bloodlands: Europa zwischen Hitler und Stalin") sowie der in Deutschland lebende ukrainische Dokumentarfilmer Sergei Loznitsa zu Wort. Sie alle wollen eine Antwort auf Wladimir Putins Willkür geben, der für seinen Krieg die Geschichte der Ukraine und Russlands instrumentalisiert.
Blackbox Ukraine: Kampf um die Geschichte – Di. 20.02. – ARTE: 20.15 Uhr