Die Blumen von gestern
29.09.2019 • 23:50 - 01:45 Uhr
Spielfilm, Tragikomödie
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Toto (Lars Eidinger) ist Nachfahre von NS-Tätern, was sich in jedem Bereich seines Lebens bemerkbar macht. So ist die Ehe mit Hannah (Hannah Herzsprung) schwer zerrüttet - auch weil Toto über der ganzen Auseinandersetzung mit der Geschichte impotent geworden ist.
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Eigentlich sind sie Kollegen in der Zentralen Stelle zur Holocaust-Forschung, doch Toto (Lars Eidinger, li.) und Balti (Jan Josef Liefers) geraten immer wieder aneinander - nicht zuletzt auch aus persönlichen Gründen.
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Mit Zazie (Adèle Haenel) findet Toto (Lars Eidinger) zu einer neuen Ausgelassenheit.
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Die französische Praktikantin Zazie (Adèle Haenel). interessiert sich für Toto (Lars Eidinger).
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Originaltitel
Die Blumen von Gestern
Produktionsland
A, D, F
Produktionsdatum
2016
Altersfreigabe
12+
Kinostart
Do., 12. Januar 2017
Spielfilm, Tragikomödie

Fulminant komische Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit

Von Wilfried Geldner

Der Holocaustforscher Toto ist gestresst. Man hat ihm einen Ignoranten vor die Nase gesetzt. Aber dann kommt eine junge Frau aus Frankreich und verändert erst mal alles.

Über 20 Jahre ist es nun schon wieder her, dass der Schriftsteller Martin Walser mit seiner Frankfurter Friedenspreis-Rede den berühmten "Auschwitz-Streit" entfachte. Man könne den Deutschen nicht ewig die Vergangenheit vorhalten, sagte er damals – diese "Moralkeule" verhindere nur wahre Einsichten und Ehrlichkeit. Keule hin oder her: Chris Kraus' neuer Film "Die Blumen von Gestern" setzt sich nun scheinbar unbekümmert mit Auschwitz auseinander – aus einer sehr subjektiven Sicht heraus und mit tiefer Komik. Ein Holocaust-Kongress steht an, ausgerechnet jetzt könnten die Querelen am zuständigen Ludwigsburger Institut nicht größer sein. Da bringt eine junge Praktikantin aus Frankreich frischen Wind ins Haus mit ihrer Sicht der Dinge. Im Ersten läuft der absolut sehenswerte Film zu später Stunde nun erstmals im Free-TV.

Totila Blumen, genannt "Toto" (Lars Eidinger), Holocaust-Forscher und ehrgeiziger Jungprofessor, ist nicht gut drauf. Ehekrise, die Haare fallen aus. Der Stress am Institut ist groß, man hat ihm seinen Kollegen Balthasar (Jan Josef Liefers) vor die Nase gesetzt, nachdem der von ihm verehrte Lehrstuhl-Inhaber starb. Kein Wunder, dass Toto zu Wutausbrüchen neigt. Zumal er ja auch noch eine neue französische Praktikantin betreuen muss. Zazie (Adèle Haenel) nervt ihn mit ihrer Munterkeit. Aber er liebt sie eben doch, vielleicht auch, weil sie jüdische Eltern hat. Sie werden gemeinsam recherchieren über das Damals, werden Überlebende befragen.

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Großartige Hauptdarsteller

Es gibt Zweikämpfe, die man hanebüchen nennen müsste, wäre das Hintergrundthema nicht so ernst und letztlich unbewältigbar. Toto und sein Chef hauen sich Beschimpfungen und Vorwürfe um die Ohren, und gleich kriegt Jan Josef Liefers in der Rolle des arroganten Holocaust-Experten was auf die Nase. Mit seiner Kieferschiene sieht er aus, als wäre er gerade einem furchtbar witzigen Münsteraner "Tatort" entsprungen. Und nicht zuletzt ist ja auch Eifersucht im Spiel: Toto musste mit ansehen, wie der Kollege mit Zazie schlief!

Lars Eidinger und der französische Star Adèle Haenel: zwei Königskinder, die einander nicht finden, machen aus ihrer Begegnung eine umwerfende Liebeskonfrontation, ein gigantisches Gefühlsduell. Etwas zwischen Tragikomödie und Groteske, das derart einmalig ist, dass man es nicht ohne Weiteres einem bestimmten Genre zuordnen mag. Der Film ist für keine Schublade geeignet, schon gar nicht für die mit der Aufschrift "Holocaust".

Bei allem Aberwitz der etwas papieren geratenen Kongresssituation ist "Die Blumen von Gestern" ein sehr persönlicher Film. Kraus, der wegen der NS-Vergangenheit seines Großvaters selbst Nachforschungen in den Archiven betrieb, kriecht mit Eidingers Hilfe in die Toto-Figur förmlich hinein, lässt bei aller Wut seinen Hauptdarsteller auch immer das Traurige und Verzweifelte spielen. Und Adèle Haenel ist dabei stets ein espritgeladener guter Geist.

Adèle Haenel ist schon bald wieder im Kino zu sehen. Am 31. Oktober startet das Historiendrama "Porträt einer jungen Frau in Flammen", in dem dei Französin eine der Hauptrollen bekleidet.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Der Trailer zu "Die Blumen von gestern"

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