Düstersee
Fernsehfilm, Kriminalfilm • 13.02.2023 • 20:15 - 21:45
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Originaltitel
Düstersee
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2023
Fernsehfilm, Kriminalfilm

Der Beinahe-Tod eines Idylls in der Uckermark

Von Wilfried Geldner

Im siebten Film nach einem Erfolgsroman der Autorin Elisabeth Herrmann mischt der Berliner Anwalt Joachim Vernau (Jan Josef Liefers) eine Idylle in der Uckermark auf. Es blüht die Bodenspekulation. Und es gibt Tote.

Als "Thriller" angekündigt, das vorweg, hat man es hier doch vielmehr mit einer Kriminalkomödie, wenn nicht gar einer Groteske zu tun. Dass "Düstersee" funktioniert, ist in erster Linie Jan Josef Liefers in seiner Rolle als locker ermittelnder Anwalt zu verdanken. Eines Tages steht seine Mutter (Elisabeth Schwarz) in der Kanzlei und bittet ihn, herauszufinden, wo sich ihre Lebenspartnerin Ingeborg Huth, genannt "Hüthchen" (Carmen-Maja Antoni), herumtreibt. Seit Wochen verschwinde sie immer wieder. Ob sie eine neue Affäre hat?

Vernau wird schneller fündig, als gedacht. Er muss nur zum Bahnhof Zoo, wo sich Hüthchen mit einem Cowboy-haften bärtigen Menschen (Winfried Glatzeder) trifft. Die Verfolgung führt über Berliner Vororte alsbald an den Düstersee in der Uckermark – gäbe es ihn nicht schon wirklich, man müsste ihn sofort erfinden!

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Ein Investor verspricht dort der Gemeinde wachsenden Wohlstand durch touristische Investitionen für die nahen Berliner. Fast alle haben schon an den Großinvestor verkauft. Nur Hüthchen und ihr Begleiter, der sich übrigens als Bürgermeister, Vereinswirt und Feuerwehrobmann entpuppt, stellen sich den Plänen noch entgegen. Als der Investor dann tot auf einer Parkbank am See gefunden wird, geraten sie natürlich unter Verdacht.

Großes Slapstick-Kino

Eine Obduktion der Leiche soll es nicht geben. Weil Fremdeinwirkung ausgeschlossen wird, verdingt die reiche Witwe des Toten (Katharina Heyer) jedoch Vernau als Rechercheur. Vernau darf im smarten Bootshaus wohnen und bekommt darüber hinaus ein rotes Porsche-Cabrio zur Verfügung gestellt. Von größeren Geldmengen – "Sind Sie käuflich?" – erst nicht zu reden.

Zwar fußt das Ganze auf einem weit zurückliegenden Übergriff – vor zehn Jahren hatte es angeblich den Racheakt eines eifersüchtigen Jungen, einen Brandanschlag, gegeben. Der Freund eines Mädchens kam dabei ums Leben. Der Sohn des Investors geriet damals unter Verdacht. Die Rückblende auf das schlimme Geschehen ist dem Film als Teaser vorangestellt.

Zehn Jahre später wird der neue Villenbesitzer als Altkader und Wendegewinnler demaskiert. Diese breit verfächerte Geschichte wird allerdings nur angerissen und stets in kurzen, hart geschnittenen Sprüngen serviert. Das dürfte der Romanvorlage geschuldet sein. Morde zählen eher wenig – der Regisseur Josef Rusnak hat den Akzent auf Situationskomik und den Witz der Dialoge gelegt. Obwohl die Zuschauer beispielsweise längst wissen, dass der tote Immo-Magnat einem Asthma-Leiden und dem Entzug des lebensnotwendigen Sprays erlag, lässt sich Vernau zur Abklärung der Todesursache zu einer Leichenschau per Videokonferenz herbeizitieren. Schroff kommandiert der aus Zeitgründen in Leipzig verbliebene Pathologe den Anwalt umher. "Zeigen Sie mir das Gesicht: Entspannt oder verzerrt?" – "Klopfen Sie auf die Wange – weich oder fest?" Großes TV-Kino ist das, bei dem man Liefers' angestammtes Gewerbe aus dem Münster-"Tatort" glatt vergisst. Stark, wie er sich zuletzt dem Aufschneiden des Brustkorbs verweigert. – "Wird nicht nötig sein!" schnaubt er da lässig.

Sicher, zu viele Personen sind im Spiel. Noch ein dickbäuchiger missgünstiger örtlicher Kommissar, noch eine reiche Geldgeberin, noch eine Nichte (Anna Loos). Doch sie alle können einem den Spaß an vielen komischen Nummern nicht verderben. Letztlich ist das Leben ja auch genauso grotesk wie dieser groteske Krimispaß in der Idylle der Uckermark.

Eine gewisse Entschlackung hätte der Kriminalkomödie gut getan. Zu viele Verdächtige, wieder mal, zuviele Dialoge. Dabei ist die sommerliche Landschaft, die sich da in schönsten Totalen zeigt, geradezu ein Fest, das zum Schweigen zwingt. Und die malende Tochter (Tara Fischer), die in ihrer Kunstversessenheit den trinkenden Stiefvater im Mondschein lieber auf die Leinwand bannt, statt ihn zu retten, glaubt man in ihrer ganzen Zwielichtigkeit fast schon zu verstehen.

Im Ganzen sind es aber die großen Momente, die Luftballons, die Josef Rusnak (Regie und Drehbuch) und sein Kameramann Clemens Majunke steigen lassen. Wundervoll!

Düstersee – Mo. 13.02. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH
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