Polizeiruf 110
20.06.2021 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2021
Altersfreigabe
12+
Serie, Krimireihe

So romantisch ist die Physik

Von Eric Leimann

Die entlaufene Katze einer alten Münchnerin löst einen Dominoeffekt tragikomischer Verwicklungen aus. Der dritte "Polizeiruf 110" mit Verena Altenberger markiert den zauberhafte Abschied von der ARD-Sonntagskrimi-Saison 2020/21 in die Sommerpause.

So richtig weiß man immer noch nicht, welche Art Film sich hinter dem neuen Münchener "Polizeiruf 110" mit Matthias Brandt-Nachfolgerin Verena Altenberger verbirgt. Ihre bisherigen Fälle "Der Ort, von dem die Wolken kommen" sowie "Die Lüge, die wir Zukunft nennen" (2019) waren ebenso ambitioniert und verschwurbelt, wie es ihre Titel androhten. In Teilen hochinteressante Filme, aber ein Krimimeisterwerk war nicht dabei. Dazu standen die Arthaus-Drehbücher in wildem Kontrast zu ihrer Hauptfigur, der jungen Kommissarin Bessie Eykhoff, gespielt von Verena Altenberger. Eykhoff, auf dem Weg zur Münchener Kripo, aber noch in Uniform unterwegs, wurde als Mischung aus unterschätztem "Mädchen" und naiver Idealistin etabliert.

Mit dem dritten Film "Frau Schrödingers Katze" gewinnen sowohl die Ermittlerin wie auch ihre Darstellerin gewaltig an Profil. Dass der Film selbst mal wieder in eine völlig neue krimiästhetische Richtung geht, wird das Profil des neuen Münchner "Polizeirufs" nicht unbedingt schärfen – gelungen ist das TV-Krimidebüt von Regisseur Oliver Haffner ("Wackersdorf") aber dennoch.

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Als Johanna Schrödinger (Ilse Neubauer) ihre Katze auf einer Münchener Polizeiwache als vermisst melden will, wird die alte Dame von Bessies Kollegen abgewiesen. Für so etwas sei der Tierschutzbund zuständig. Nur die junge Kommissarin hat ein Herz mit der alleine in einem alten Häuschen in bester Münchener Lage wohnenden Seniorin und fährt sie nach Hause. Dabei kommt man miteinander ins Gespräch, entwickelt Sympathien. Schließlich hängt Bessie in der Nachbarschaft eigens kopierte Suchposter mit dem Konterfei von Katze "Pandora" auf, die von einer oder einem gewissen "Zippo" gespielt wird.

Durch die gut gemeinte Aktion ergeben sich zahlreiche Verwicklungen, die auch mit dem bösartigen Wirken von Frau Schrödingers Haushälterin und Pflegerin Karin Meyer (Lilly Forgach) und deren tumbem Mann Michael (Ferdinand Dörfler) zu tun haben. Das geldgierige Pärchen will mithilfe des schmierigen Notars Leopold Gaigern (Florian Karlheim) eine Schenkungsurkunde von Frau Schrödingers Haus fälschen, um sich einen Millionengewinn zu ergaunern.

Quantenphysik im Krimi: Alles ist mit allem verbunden

An dieser Stelle mehr zu verraten, würde den guten Plot von Drehbuchautor Clemens Maria Schönborn ("Hit Mom – Mörderische Weihnachten") seiner größten Stärke – der Überraschung – berauben. Daher soll nicht noch mehr verraten werden. Schönborn dürfte sich aber bei kleinen fiesen US-Kurzgeschichten von Raymond Carver oder Cormac McCarthys Roman "No Country For Old Men" durchaus wohlfühlen, in denen es auch immer wieder um die Macht des Zufalls und seiner manchmal kaskadischen Wellen tragischer bis tragikomischer menschliche Verwicklungen geht.

Und auch die Physik hat ein Wörtchen bei der Geschichte mitzureden, denn "Frau Schrödingers Katze" spielt natürlich auf das bekannte Paradoxon "Schrödingers Katze" an. Dieses besagt, dass ohne Wechselwirkung mit der Außenwelt eine in einen Karton zusammen mit Gift eingesperrte Katze quantenmechanisch beschrieben gleichzeitig sowohl lebendig als auch tot sein kann, was natürlich in der realen Welt Unfug ist.

Um Physik, Philosophie und Krimi in der an sich angenehm einfach und straight erzählten Geschichte zusammenzubringen, darf sich Bessie Eykhoff in dieser Folge ein bisschen vergucken: Den jungen Physiker Adam (Camill Jammal), der in München einen Gastvortrag hält, lernt sie selbstredend zufällig auf der Straße kennen, während sie ihre Katzenplakate aufhängt. Danach kommt es zu einigen prickelnd geistreichen Quasi-Rendezvous, die unter anderem belegen, dass nach Werner Heisenbergs und Erwin Schrödingers Quantenmechanik "alles mit allem verbunden ist" und "es keine Realität ohne Beobachtung gibt".

Selbst wenn der Malstrom tragischer Verwicklungen im letzten Drittel der fiesen kleinen Kriminalgeschichte hier und da ein bisschen zu viel Fahrt aufnimmt, "Frau Schrödinger Katze" bleibt eine über lange Zeit sehr gut ausgedachte Geschichte. Mit einem Ensemble wunderbarer Münchener Schauspiel-Legenden, angeführt von Ilse Neubauer ("Die Hausmeisterin"). Und Hauptdarstellerin Verena Altenberger kann hier endlich mal zeigen, warum die 33-jährige Österreicherin derzeit zu Recht so angesagt ist. Als Bessie Eykhoff bekommt sie in dem überaus nüchtern im Christian Petzold-Style inszenierten Film viel Gelegenheit, sich als Großmeisterin vieler kleiner Gesten und Emotionen zu zeigen.

"Frau Schrödingers Katze" ist ein Krimi, in dem viel Schauspiel möglich ist, was beim letzten ARD-Sonntagskrimi vor der Sommerpause dafür sorgt, dass man sich jetzt schon wieder auf neue, kreative "Tatort"- und "Polizeiruf"-Folgen der Saison 2021/22 freut.

Polizeiruf 110: Frau Schrödingers Katze – So. 20.06. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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