Die Wiener Ermittler Eisner (Harald Krassnitzer) und Fellner (Adele Neuhauser) zieht es im "Tatort: Bauernsterben" aufs Land. Der Chef eines Schweinemastbetriebs liegt tot im Stall, halb zerfressen von seinem Kapital. Ein Krimi über das Geschäft mit dem Fleisch, in dem vor allem Schweine überzeugen.
In der ersten und der letzten Szene vom "Tatort: Bauernsterben" aus Wien haben Schweine einen großen Auftritt. Und die, wie man weiß, erstaunlich intelligenten Tiere machen ihre Sache wirklich gut: In der Wohnung von Schweinemastbetrieb-Vorarbeiter Sepp Obermeier (Martin Leutgeb) beschnuppern und bepinkeln sie fremdes Terrain, suhlen sich im eigenen Urin und knabbern dem noch schlafenden Schweine-"Master" plötzlich am Zeh. Aufgeschreckt aus den Träumen muss dieser feststellen, dass seine Stallungen geöffnet wurden.
Doch es kommt noch schlimmer: Obermeiers Chef, Schweineunternehmer Max Winkler, liegt tot im Stall. Zwar wird wenig später festgestellt, dass das Opfer zunächst erschlagen wurde – und das wohl nicht von einem Schwein – doch danach haben sich auch die Vierbeiner, bekanntlich Allesfresser, an ihrem "Chef" bedient. Dessen Anblick ist nicht mehr allzu appetitlich, weshalb Obermeier und der rumänische Arbeiter Darius (Marko Kerezovic), die die Leiche gefunden haben, nicht ganz vorbildlich in Sachen Tatort-Sicherung vorgehen: Die Leiche oder das, was von ihr übrig ist, wird kurzerhand weggetragen.
Wenig später treffen die Ermittler Eisner (Harald Krassnitzer) und Fellner (Adele Neuhauser) am Tatort ein. Doch zu allem Überfluss setzt sich in jenem Moment, als noch letzte Spuren im Stall gesichert werden sollen, eine Sprinkleranlage in Gang, die nicht nur den Ort des Verbrechens "reinigt", sondern auch die Wiener Polizei in zwei begossene Pudel verwandelt. Nun aber genug des Spaßes! Nach zehn launigen Anfangsminuten verwandelt sich der ORF-Krimi (Buch: Lukas Sturm, Regie: Sabine Derflinger) in einen klassischen Whodunnit-Fall, in dem verschiedene Verdächtige vorgeführt werden: Neben den Mitarbeitern im Betrieb kommen die Witwe (Doris Hindinger) und ihr Vater (Haymon Maria Buttinger), ein Traditionsbauer mit Che Guevara-Poster an der Wand, als Täter infrage. Die hochmodernen Methoden des Verstorbenen bei der Arbeit im "Schweinesystem" waren offenbar nicht jedermanns Sache.
Der Kreis Verdächtiger weitet sich aus, als Eisner und Fellner erfahren, dass Max Winkler Geschäfte mit einem windigen bulgarischen Fleisch-Multi machte, der seine Zentrale allerdings in Wien hat. Dort steht dem Geschäft die eiskalte Managerin Marlene Duchkovic (Maxi Blaha) vor. Und dann wären da noch die Tierschutz-Aktivisten rund um Maria Vogler (Claudia Martini) und ihre junge Muse Mina Truschner (Julia Wozek). Für sie sind Menschen wie Winkler schlichtweg der Anti-Christ. Aber würden die militanten Tierschützer tatsächlich so weit gehen, einen Schweinemast-Kapitalisten in seinem eigenen Stall zu erschlagen?
Untermalt vom stimmigen Soundtrack einer leicht verzerrten Zitter (Musik: Martina Eisenreich) ermitteln Fellner und Eisner nach zwei überzeugenden Stadtkrimis – dem überraschenden Mafia-Thriller "Azra" und dem herausragenden urbanen Nachtfilm "Was ist das für eine Welt" mit Musik von Kreisky – mal wieder auf dem Land. Leider weniger subtil und originell als in den beiden vorangegangenen Folgen. Wenn die Wiener über das nicht allzu appetitliche Fleischgeschäft samt EU-Subventionsbetrug und Geschäftemacherei zulasten des Tierwohls philosophieren, kommen die rhetorischen Binsen wie aus der Pistole geschossen: "Glaubst du nicht, dass es den meisten Menschen wurscht ist, woher die Wurscht kommt? Hauptsache billig", spitzt Fellner ihren Kollegen an. Und der antwortet: "Aber viele könnten sich das Fleisch sonst gar nicht leisten. Es ist wie immer: Erst kommt das Fressen, dann die Moral."
Ähnlich didaktisch wie in diesem Dialog mit Blick auf eine Wiener Anti-Fleischkonsum-Demonstration geht es leider öfter zu im "Tatort: Bauernsterben", der ganz nebenbei auch nur überschaubare Spannung erzeugt. Bleiben die beiden Szenen mit den Schweinen, die zu Anfang und am Ende am meisten Spaß machen.
Harald Krassnitzer, der wie seine Kollegin Adele Neuhauser in einem Interview zum Ösi-Krimi betont, nur noch selten Fleisch zu essen, war sehr angetan vom Dreh mit den grunzenden Kolleginnen und Kollegen: "Es war beeindruckend zu erleben, wie intelligent Schweine sind und welch unterschiedliche Charaktere sie haben", sagt der 63-jährige Schauspieler. "Da gibt es die Verspielten, die Zurückhaltenden, die Faulen, die Lustigen und auch die, die schon mal andere wegboxen." So kommt am Ende dann doch noch ein wenig "Charakterfach" in den Wiener Fall, der trotz seines interessanten Themas wie ein bisschen von der Stange oder wahlweise vom (Billig)fleischerhaken erscheint.
Tatort: Bauernsterben – So. 15.10. – ARD: 20.15 Uhr