Tatort
03.12.2023 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2023
Altersfreigabe
12+
Serie, Krimireihe

An Weihnachten kämpft jeder für sich allein

Von Eric Leimann

Der Kölner "Tatort: Des anderen Last" ist in der Vorweihnachtszeit eines Paketzustellers angesiedelt. Ein Fahrer wurde ausgeraubt und ermordet. Ballauf, Schenk und Co. finden im Unternehmen wenig christliche Solidarität. Ein Krimi zwischen Weihnachts-Sehnsucht und Verzweiflung.

Kaum ein Job steht so sehr für moderne Ausbeutung wie der des Paketzustellers. Karl Marx hätte wahrscheinlich seine Freude an der Analyse des Berufsbildes gehabt. Für den in der Vorweihnachtszeit angesiedelten "Tatort: Des anderen Last" – ausgestrahlt am Abend des 1. Advent – fand man einen herrlich doppelbödigen Titel.

Zum einen trägt der Zusteller ja wortwörtlich Lasten vor die Wohnungstür, die wir früher noch selbst schleppen mussten. Und dann ist da noch das Bibelzitat "Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen". Primär ist es eine Mahnung zur Solidarität – und mit der ist es im Kölner Speditionsunternehmen Sybille Jägers (Susanne Bredehöft) offenbar nicht weit her. Die Unternehmerin kehrt mit eisernem Besen durch ihren Laden. Der Konkurrenzdruck sei enorm, sagt sie. Da bleibt wenig Zeit und Raum für weihnachtliche Gefühle – trotz Weihnachtsmann-Kostümzwang für die Mitarbeiter.

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Einer der Zusteller, ein junger Familienvater namens Milan Strasser (Dennis Svensson), wurde während der Arbeit ermordet und ausgeraubt. Die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) ermitteln. Weil ihnen der Betrieb komisch vorkommt, platzieren sie ihre Kollegin Natalie Förster (Tinka Fürst) "undercover" in der Spedition.

Sie bewirbt sich als Fahrerin und lernt dabei ihre Kollegin Jenny Wegner kennen, mit der sie auf Tour ist. Lena Strasser (Zoë Valks), die Witwe des toten Fahrers, bleibt alleine mit ihrem Baby zurück. Doch da ist noch der beste Freund der beiden, Boris Riedle (Nils Hohenhövel). Er ist nicht nur der "erfolgreichste" Fahrer des Unternehmens, sondern kümmert sich auch noch vorbildlich um Witwe Lena. Vielleicht ein wenig zu vorbildlich?

Letzter Film von Dieter Schaad

Schließlich ist da noch ein weiterer Fahrer, von dem erzählt wird: Ex-Postbote Klaus Brettschneider (Hans-Martin Stier), eigentlich schon Rentner, muss nach dem Arbeitsunfall seiner Tochter (Stefanie Philipps) die Rest-Familie inklusive Teenie-Enkel (Linus Moog) versorgen. Dafür muss sich der aufrechte Senior ziemlich krumm machen.

Man merkt schnell: Der vorweihnachtliche Stress dieses Ensembles ist kaum auszuhalten! In einer kleinen, aber feinen und letzten Rolle ist übrigens als alter Nachbar von Fahrerin Jenny der im Februar kurz vor seinem 97. Geburtstag verstorbene Dieter Schaad zu sehen. Einer der ältesten, bis dahin noch regelmäßig aktiven deutschen Schauspieler, der mit seinem feinen Spiel auch immer wieder "Tatorte" bereicherte – im letzten Jahr auch die gelungene Ludwigshafener Folge "Lenas Tante". Schaad starb plötzlich und unerwartet, kurz nach Beendigung der Dreharbeiten zu diesem Advents-"Tatort".

Drehbuchautor Paul Salisbury, preisgekrönt für Filme wie "Atlas" und "Das deutsche Kind", sowie Regisseurin Nina Wolfrum, die als Kölnerin schon öfter künstlerisch erfolgreich in ihrer Heimatstadt aktiv war (etwa mit dem tollen Sorgerechts-"Tatort: Niemals ohne mich", 2019), umgehen den Fehler, sich in Sachen Plot auf die Ausbeutungsmechanismen der Branche und ihre Wirkung auf die Psyche der Mitarbeitenden zu beschränken. Das haben Filme wie "Geliefert" mit Bjarne Mädel und "Sorry We Missed You" vom britischen Sozialdrama-Fachmann Ken Loach schon ziemlich überragend getan.

"Des anderen Last" schildert zwar ebenfalls den enormen Druck des Kapitalismus auf seine "Mitspieler", der Krimi erzählt aber auch von Menschlichkeit und dem Wunsch, dem anderen – wenn auch manchmal etwas verzweifelt – zu helfen.

Mit den Mitteln des Weihnachts-Ensemblefilms

Da ist "Opa" Brettschneider, der seiner prekären Tochter und dem Enkel etwas bieten will. Oder die junge Fahrerin Jenny (schon wieder so toll wie im Vergewaltigungs-Drama "37 Sekunden": Paula Kober), die sich nicht nur burschikos rührend um ihren alten Nachbarn kümmert, sondern auch um Undercover-Ermittlerin Nathalie, die sich ihr Vertrauen "erschleicht". Was beim Zuschauen fast wehtut, weil hier eine echte und aufrichtige Frauenfreundschaft entstehen könnte.

Auch wenn der Kölner Adventskrimi nicht fehlerfrei ist – der Fall wirkt am Ende hier und da ein wenig konstruiert -, eine Reihe von Figurenzeichnungen und ein paar wirklich schöne kritisch-besinnliche Szenen sind den Machern überaus gut geglückt.

Dazu gehören sowohl die Eröffnungssequenz mit dem Stress des Paketboten wie auch die noch bessere Schluss-Szene, die wie zum Trost einige weihnachtlich versöhnliche Miniatur-Momente des Ensembles in einer Bilder-Collage zusammenfügt – inklusive einer Wichtel-Weihnachtsfeier der Ermittler im Schatten des Doms. Ein altes Prinzip von Weihnachts-Ensemblefilmen, das hier besonders ins Herz trifft und zu den Klängen von Songwriter David O'Dowda ("Finding A Place") zu Tränen rührt.

Tatort: Des anderen Last – So. 03.12. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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