Ukraine: Jagd auf Kriegsverbrecher
06.02.2024 • 20:15 - 21:45 Uhr
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Originaltitel
Ukraine : Sur les traces des bourreaux
Produktionsland
F
Produktionsdatum
2023
Altersfreigabe
12+
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Auf der Suche nach dem Frieden

Von Hans Czerny

Zwei Jahre nach Putins Überfall auf die Ukraine – ein Ende des Kriegsgeschehens ist nicht in Sicht – versucht ARTE ein Resümee unter dem Aspekt nachweisbarer Kriegsverbrechen.

Es gibt den Mann, der die Schuldigen am Tod des Bruders in Butscha finden will, es gibt den Vater, der den verschleppten Sohn mithilfe einer Staatsanwältin sucht. Die Suche gestaltet sich schwierig – hier wie dort. Alexander Konowalow nimmt die Suche nach den Mördern von Butscha in die eigene Hand, kramt unter Leichen nach Pässen, um die Namen der Invasoren zu finden. Polizei und Justiz helfen ihm zunächst nicht. Zwei Jahre nach dem Beginn des Überfalls auf die Ukraine und nachdem die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft zu schwinden droht, rückt der Kulturkanal ARTE in mehreren Filmen den Menschen in der Ukraine nahe und zeigt in einem Themenabend, wie sie auch hinter den Fronten weiterkämpfen. Zum Vorschein kommt aber auch ein System, das die Verbrechen auf allen Ebenen plant.

Der Trick mit der Selbstverteidigung

Im ersten Film, "Jagd auf Kriegsverbrecher" (ARTE F, 2023), sucht ein Mann nach den Soldaten, die seinen Bruder getötet haben. Er findet die Pässe von drei russischen Soldaten, 23 und 25 Jahre alt. Wie schuldig sind sie, waren sie sich ihres Unrechts bewusst? Zwischen den Stillleben des Todes, auf dem sandigen Friedhof und in den verwüsteten Straßen mit den Leichensäcken stellen sich solche Fragen. Die Anonymität bekommt hier Gesichter, Putins eingeblendetes Gerede von der "Denazifizierung" wirkt doppelt verlogen.

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In einem weiteren Film, "War and Justice" (ARTE / SWR, 23.15 Uhr) wird später die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs ICC in Den Haag beleuchtet, der unter großen Mühen Kriegsverbrecher zu verurteilen versucht. "Jeder wird zum Verbrecher im Krieg", sagt darin der 92-jährige US-Chefankläger im sogenannten "Einsatzgruppenprozess" der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, Benjamin Ferencz. Er kennt die Argumentation der Aggressoren: Heute wie gestern berufen sie sich auf das Argument der Selbstverteidigung und setzen Patriotismus als zweite rhetorische Waffe ein. Hermann Göring hat dem 2023 verstorbenen Ferencz den menschenverachtenden Trick vor seiner Verurteilung in einem Verhör verraten.

"Träume müssen sein", sagt der Nürnberger Ankläger mit 92 Jahren

Man ist also gar nicht so weit weg von Hitlers Angriffskrieg und von der offenbar zeitlosen Perversion der Wahrheit, die allerdings auch vermeintlich Unverdächtige betrifft. Der langjährige Chefankläger des Haager Gerichtshofs, der Argentinier Luis Moreno Ocampo, weiß ein Lied von den Hindernissen zu singen, denn nicht zuletzt sind Staaten wie Russland und die USA nicht unter den 123 Unterzeichnern der römischen Statuten von 1998 zu finden.

Der ARTE-Themenabend zielt damit auf die Verfolgung aller Kriegsverbrechen ab. Das Wüten in der Ukraine wird damit zum Anlass für den Sinn und Zweck von Kriegsverbrecherprozessen genommen. So schlüssig dabei die Argumente – Was ist mit Bush und Blair, mit dem Angriff auf den Irak und Saddam Hussein? – ins Allgemeine zielen, scheint doch der gegenwärtige Zeitpunkt der falsche zu sein. Doch wie sagt der bei den Aufnahmen 92-jährige US-Chefankläger der Nürnberger Einsatzgruppen-Prozesse: "Träume müssen sein." Friedensutopien muss es geben. Kriegsverbrecher müssen wissen, dass sie, wenn auch unter schwierigen Bedingungen, in Den Haag "eingesperrt" werden können.

Geschenkt, dass im ARTE-Film "War and Justice" von Marcus Vetter und Michele Gentile der Ex-Ankläger Moreno immer ein wenig wie ein überlegen lächelnder Star à la Sean Connery wirkt, auch dass sich der Film in vielerlei inszenierten Dialogen des Für-und-Wider sowie in juristischen Finessen zu verzetteln droht: Die Botschaft, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Angriffskriege irgendwann, wenn schon nicht heute, bestraft werden müssen, wird durchaus deutlich. Mögen die Erfolge des Internationalen Strafgerichtshofs bislang auch noch so selten sein. Gegen Putin wurde im März 2023 immerhin schon einmal ein Haftbefehl erlassen.

Themenabend Ukraine: Jagd auf Kriegsverbrecher – Di. 06.02. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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