23.04.2019 Arzt-Kolumne

Altersdepression: verstecktes Leiden

Dr. Martina Huck-Breiter ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie leitet die auf psychosomatische Erkrankungen spezialisierte Schlossparkklinik Dirmstein in Rheinland-Pfalz.
Dr. Martina Huck-Breiter ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie leitet die auf psychosomatische Erkrankungen spezialisierte Schlossparkklinik Dirmstein in Rheinland-Pfalz. Fotoquelle: privat

Mit fortschreitendem Alter steigt das Risiko, an einer Depression zu erkranken. Oft werden die Symptome jedoch nicht erkannt oder als typische Alterserscheinung verharmlost.

So war es auch bei der 72-jährigen Patientin, die kürzlich erstmals in meine Sprechstunde kam. Wie bei vielen Menschen mit einer Altersdepression wurden auch bei ihr die körperlichen Symptome (Rückenschmerzen und Schwindel) hausärztlich behandelt. Die weniger auffälligen, aber belastenden psychischen Beschwerden (Antriebslosigkeit und dauerhafte Verstimmungen) blieben ausgeblendet.

Das Beispiel dieser Patientin ist bei weitem kein Einzelfall: Nur 10 bis 20 Prozent aller Depressionen im Alter werden überhaupt erkannt und therapiert, sind sich Fachärzte sicher. Das eigentliche Problem, die Schwermut, bleibt somit unbehandelt. Ein weiterer Grund dafür ist sicherlich auch, dass eine Depression nur schwer von Demenz-Erkrankungen abzugrenzen ist. Dabei sind Depressionen eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter.

Isolation als Ursache

Oft gehen einer Depression stark belastende Ereignisse voraus. Im Rentenalter sind dies meist Gesundheitsprobleme oder Einsamkeit. In sehr vielen Fällen ist der Tod des Ehepartners Auslöser der Erkrankung. So war es auch bei der Seniorin, wie sich bei späteren Therapiestunden herausstellte. Doch längst ist es nicht immer der schwere Schicksalsschlag, der uns in ein tiefes Loch fallen lässt. Auch das Gefühl der Isolation sowie nachlassender geistiger und physischer Fähigkeiten können eigene Wertschätzung und seelische Stimmung stark beeinflussen.

Chancen auf Besserung

Besteht Verdacht auf eine depressive Erkrankung, so bietet die Kombination aus Psychotherapie und Antidepressiva wirkungsvolle Hilfe. Auch im fortgeschrittenen Alter bestehen gute Chancen einer wesentlichen Besserung der Beschwerden. Rückfälle sind allerdings insbesondere bei älteren Patienten alles andere als selten: Laut Experten ist jeder Zweite danach erneut betroffen. Deshalb sollten Medikamente auch bei spürbarer Besserung der Symptome niemals eigenmächtig vom Patienten abgesetzt werden.

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