prisma: „In ewiger Freundschaft“ ist die zehnte Romanverfilmung in der Taunuskrimi-Reihe. Wie zufrieden sind Sie mit der Adaption?
Nele Neuhaus: Ich bin auch jetzt beim zehnten Mal immer noch sehr stolz darauf, dass am Anfang eines Films steht: „nach einem Roman von Nele Neuhaus“. Die Kehrseite der Medaille ist natürlich, dass man in zweimal 90 Minuten nicht so viel Zeit hat, wie in einem Buch, um die Geschichte zu erzählen. Natürlich denke ich mir als Autorin manchmal, wie schade, dass manche Figuren oder Erzählstränge in der Verfilmung nicht vorkommen. Aber die Millionen Zuschauer und der Erfolg der Taunuskrimis sprechen für sich.
Wie viel Mitspracherecht haben Sie bei den Verfilmungen?
Relativ wenig. Es gibt ganz viele Drehbuchfassungen. Die erste wird mir zugesendet, und ich kann dann sagen, was mir gefällt und was ich lieber anders machen würde. Aber letztendlich entscheide nicht ich. Mir ist allerdings durchaus bewusst, dass ein Film einfach anders funktioniert als ein Buch. Wenn ich ein Buch schreibe, habe ich ganz andere Möglichkeiten und kann beispielsweise auf innere Monologe zurückgreifen und viel detaillierter erzählen.
Pia Sanders wird in „In ewiger Freundschaft“ von einer neuen Schauspielerin (Kathrin von Steinburg) gespielt. Wie war der Wechsel für Sie?
Es wäre natürlich schöner, wenn die Schauspielerin der „Pia Sander“ immer dieselbe geblieben wäre, so, wie Tim Bergmann den „Oliver von Bodenstein“ konstant seit dem ersten Film verkörpert. Aber leider gab es jetzt einige Wechsel, was ich ein wenig bedaure.
Der Krimi handelt von einem Mordfall im Umfeld eines renommierten Verlags. Sie kennen die Branche gut – haben Sie den Fall deshalb bewusst dort angesiedelt?
Meistens arbeite ich mich für meine Romane in Themen ein, mit denen ich sonst nichts zu tun habe und in denen ich mich nicht auskenne. Aber diesmal wollte ich einen Krimi schreiben, der in einer Branche spielt, in der ich mich etwas besser auskenne, nämlich in der Welt der Bücher und der Verlage. Die Idee dazu hatte ich schon vor Jahren, aber meine damalige Verlegerin war skeptisch und meinte, meinte, dass das würde doch niemanden interessieren. Wahrscheinlich, weil es für sie selbst alltäglich und nicht besonders aufregend war. Aber ich dachte mir: wer gerne Bücher liest, möchte zu gerne mal hinter die Kulissen eines Verlags schauen. Mir hat das Schreiben großen Spaß gemacht.
Haben Sie sich von tatsächlich existierenden Personen inspirieren lassen?
Die Figuren sind stark überzeichnet, und es gibt sie so mit einer Ausnahme nicht. Genauso wenig wie den Frankfurter Verlag und das von mir beschriebene Verlagsgebäude. Ich möchte mit meinen Figuren auch nicht Leuten auf die Füße treten oder sie bloßstellen. Hätte ich real existierende Personen in meinen Roman hereingeschrieben, hätte man in der Szene direkt Bescheid gewusst… Ein Literaturagent hat es tatsächlich in den Krimi geschafft: Ich habe ihn im Vorfeld aber gefragt und ihm die entsprechenden Szenen zu lesen gegeben. Er hat gelacht und war von meiner Idee angetan.
Sie sind seit Ihrer Kindheit eng mit dem Taunus verbunden. Finden Sie die Region nach wie vor für Ihre Bücher reizvoll oder sind Sie auch mal gelangweilt?
Ja und nein. Wenn ich auf Lese-Tour in ganz Deutschland und im deutschsprachigen Ausland bin, fragen mich die Leute oft, ob ich nicht mal einen Roman bei ihnen spielen lassen will. Auf der einen Seite denke ich mir dann, wieso nicht? Auf der anderen Seite hat der Taunus so viele tolle Orte zu bieten. Es ist eben nicht nur eine große Stadt wie München oder Berlin, um die sich alles dreht. Es gibt viele schöne Städtchen und Dörfer und dazu die Großstadt Frankfurt mit seinem Flughafen. Man kann in der Region einfach immer wieder Neues entdecken, ohne dass man die Geschichten immer im selben Kaff spielen lassen muss (lacht). Und es ist ja auch nicht so, als würden die Ermittler den Taunus nicht auch mal verlassen können, in „In ewiger Freundschaft“ geht es beispielsweise nach Frankreich.
Wie sieht es mit der Verfilmung von „Monster“, dem elften Band aus der Bodenstein/Kirchhoff-Reihe aus?
Die Arbeiten daran haben gerade begonnen. Work in progress, wie man so schön sagt. Der Film hat einen neuen Regisseur, der sehr eng mit mir zusammenarbeiten möchte. Gerade bei Themen wie dem Polizei-Sprech ist das wichtig. Ich wurde vor einigen Jahren vom Polizeipräsidenten von Wiesbaden zur Ehrenkommissarin ernannt. Und das hat weniger mit Sympathie zu tun, als mit der Tatsache, dass ich immer darum bemüht bin, die Arbeit der Polizei und der Rechtsmedizin möglichst genau und realitätsnah zu beschreiben. Ich habe hier hinter meinem Schreibtisch die Urkunde hängen, darauf bin ich wirklich sehr stolz. Und wenn es eine Sache gibt, auf die ich bei den Verfilmungen akribisch achte, dann ist es die korrekte Darstellung der Polizeiarbeit, auch in den Dialogen. Es gibt genügend Polizisten, die sich Krimis anschauen, und die jeden Fehler natürlich sofort bemerken.
Sie schreiben aktuell an einem neuen Taunuskrimi. Können Sie schon verraten, worum es darin geht?
Dafür ist es noch zu früh. Aber ich kann meine Leserinnen und Leser beruhigen: Pia Sander ist wieder mit dabei. Ich habe einen Weg gefunden, sie ins Buch zu schreiben, nachdem sie am Ende des Vorgängerromans die Möglichkeit hatte, ihren Mann nach Namibia zu begleiten.
Lesen Sie privat auch gerne Krimis oder haben Sie dann eher genug von Mord und Totschlag?
Man braucht definitiv auch mal eine Auszeit davon. Ich habe in meinem Leben schon unzählige Krimis gelesen. Schon damals als junge Frau in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit habe ich einen Kriminalroman nach dem anderen verschlungen. Es kam nicht von ungefähr, dass ich angefangen habe, selbst Krimis zu schreiben. Mittlerweile habe ich längst meinen eigenen Stil gefunden und es besteht nicht die Gefahr, mich durch das Lesen anderer Krimis zu sehr beeinflussen zu lassen. Natürlich lese ich auch heute noch Krimis. Eine wirklich unterhaltsame Krimireihe habe ich erst kürzlich „durchgesuchtet“, nämlich die in Südfrankreich angesiedelte Reihe „Madame le Commissaire“ von Pierre Martin.
Lassen Sie sich dennoch von anderen Büchern auch mal inspirieren?
Mein Ermittlerpaar, der adlige Kommissar Oliver von Bodenstein und seine bürgerliche Kollegin Pia Sander haben tatsächlich literarische Vorbilder, nämlich Inspector Lynley und Sergeant Barbara Havers von Elizabeth George, denn ihre Bücher habe ich früher sehr gemocht und fand diese Kombination spannend. Aber längst haben meine Kommissare ein eigenes Leben entwickelt. Man kann als Autor von Kriminalromanen das Rad nicht neu erfinden. Es gab so gut wie jede Art, jemanden umzubringen, schon einmal in einem Buch. Und auch jede Art von Ermittler, egal, ob es sich um ein Ermittlerduo, um einen Hobby- oder Privatdetektiv handelt.
Und wo schreiben Sie am liebsten?
An meinem Schreibtisch. Der Raum soll möglichst wenig Ablenkung bieten und am besten gar kein Fenster haben. An meinem Schreibtisch liegen links und rechts meine Unterlagen, und ich kann mich ganz aufs Schreiben konzentrieren.
Der Taunuskrimi „In ewiger Freundschaft“ ist am Montag und Dienstag, 5. und 6. Januar, ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen. Ab dem 4. Dezember sind beide Teile in der ZDF-Mediathek verfügbar.