16.05.2022 City-Sänger

Toni Krahl: "Abschied nehmen? Keine Erfahrung"

Von Felix Förster
 Toni Krahl sagt mit seiner Band City nach 50 Jahren "Tschüss".
Toni Krahl sagt mit seiner Band City nach 50 Jahren "Tschüss". Fotoquelle: Michael Petersohn

City hören auf! Die legendäre Band, die genau vor 50 Jahren in Ost-Berlin gegründet wurde, hat mit ihrem neuen Album "Die letzte Runde" ihren Abschied auf Tonträger verkündet, und geht noch ein letztes Mal ab Juli auf große Deutschland-Tournee. Sänger Toni Krahl blickt im Interview sowohl nach vorne als auch zurück.

Herr Krahl, in einem Interview haben Sie unlängst gesagt: "Kaum sind wir fertig mit dem Programm, dann stehen die schönsten Frauen da und warten auf uns. Wir wohnen in tollen Hotels, fahren in schicken Autos durch die Gegend. Es gibt keinen besseren Beruf!" Warum hören Sie dann mit Ihrer Band City auf?

Toni Krahl: So ganz ernst gemeint war diese Aussage natürlich nicht, aber ein bisschen Wahres ist schon dran. Wir wollen tatsächlich uns selbst und auch dem Publikum genau so in Erinnerung bleiben. Wir wollen aufhören, wenn City sich genau auf diesem Niveau bewegt und nicht die ganze Sache austingeln lassen.

Was werden Sie machen, wenn die Tour mit dem letzten Konzert in Berlin im Dezember beendet ist?

Toni Krahl: Danach herrscht vermutlich erst mal Katerstimmung. Aber jetzt bin ich im Tunnel der Tourvorbereitung und danach auf einer hoffentlich erfolgreichen letzten Runde, sodass ich überhaupt keinen Gedanken auf das Danach verschwende. Alles zu seiner Zeit.

City hören auf! Die legendäre Band, die genau vor 50 Jahren in Ost-Berlin gegründet wurde, hat mit ihrem neuen Album "Die letzte Runde" ihren Abschied auf Tonträger verkündet, und geht noch ein letztes Mal ab Juli auf große Deutschland-Tournee. Sänger Toni Krahl blickt im Interview sowohl nach vorne als auch zurück.

Toni Krahl: Nein, absolut nicht. Wir denken einfach nicht in Ost und West. Natürlich haben wir in der Vergangenheit schon gemeinsam verschiedene Schlachten geschlagen und auch Dinge erlebt, die nicht zur Veröffentlichung geeignet sind. Über die lachen wir gelegentlich auch beim gemeinsamen Bier nach der Show. Aber grundsätzlich sind wir nicht rückwärtsgewandt und schwelgen nicht pausenlos in Erinnerungen an vergangene Zeiten.

Sie haben als besonderen Gast Matthias Reim mit im Programm. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

Toni Krahl: Die Rocklegenden waren bereits mehrere Male in unterschiedlichen Line-ups unterwegs. Und so 2018 eben auch mal mit Matthias Reim auf Tour. Er hat sich sehr wohlgefühlt mit uns, sowohl auf der Bühne als auch bei den Aftershow-Aktivitäten.  Die vorgefertigten Genrekategorien, wie Schlager, Rock oder Pop scheren uns nicht. Wir haben uns schätzen und mögen gelernt.

Was können die Zuschauer auf Ihren Konzerten erwarten?

Toni Krahl: City verabschiedet sich mit der "Letzten Runde" in den verschieden Arenen und Open-Air-Bühnen des Landes vom Publikum. Das machen wir in Rostock genau so wie auch in Dresden, Hamburg, Magdeburg, Erfurt, Hannover oder Berlin, um nur einige zu nennen, mit einer musikalischen Reise durch fünf City-Jahrzehnte. Auf jeder dieser Bühnen, in all diesen Städten, werden wir ein letztes Mal sein. Wir werden unsere City-Gemeinde ein letztes Mal umarmen, einen letzten Kuss austauschen und dabei vielleicht auch ein paar letzte Tränen verlieren. Mit Sicherheit werden alle Konzerte sehr emotional sein, denn mit dem Abschied nehmen haben wir noch keine Erfahrung.

Mit Ihrem neuen und letzten Album "Die letzte Runde" ziehen Sie noch einmal Bilanz. Wie fällt diese nach 50 Jahren als Rockmusiker aus?

Toni Krahl: Naja, wir ziehen natürlich nicht Bilanz in dem Sinne von "Soll und Haben". Wir machen auch keine Auf- oder Abarbeitung vom letzten Rest. Wir haben ein druckvolles und auch sinnliches Album abgeliefert, mit dem wir uns wohl fühlen. Ein letztes musikalisches Statement sozusagen. Für die letzten 50 Jahre sagen wir unserem Publikum in voller Demut "Danke".

Sie haben nach wie vor gerade in Ostdeutschland eine große Fan-Gemeinde. Was macht die Popularität von City vor allem dort Ihrer Meinung nach aus?

Toni Krahl: Spotify hat uns gerade unaufgefordert eine Aufstellung für das Jahr 2021 geschickt. Demnach wurden wir in 121 Ländern an jedem Tag des Jahres 1000 Stunden lang gestreamt. Also, so ganz regional begrenzt, wie uns die Medienlandschaft widerspiegelt, sind wir wohl doch nicht. Aber sehr wohl sind wir im Osten fester verankert. Kein Wunder, von dort kommen wir und da sind wir auch immer noch. Um ein Bild aus dem Fußball zu bringen: Eine Mannschaft aus Bayern kann sehr wohl Deutscher Meister werden.

Sie haben jetzt längere Zeit im wiedervereinigten Deutschland als in der DDR gespielt. Wie fühlt es sich da an, noch immer häufig auf Ihre DDR-Vergangenheit reduziert zu werden?

Toni Krahl: Diese Oberflächlichkeit leisten sich eigentlich nur Medienleute. Uns ist das dann auch irgendwie schnuppe. Wir selbst können uns schon noch einordnen.

Sie sind schon vor der Wende auch im Westen aufgetreten. Karat hatte ebenfalls in den 1980er-Jahren große Erfolge im Westen. Wie erinnern Sie sich an diese Zeit?

Toni Krahl: Da zitiere ich mal Falco: "Wer sich an die 80er-Jahre erinnern kann, hat sie nicht miterlebt".

Gab es während Ihrer Auftritte im Westen nicht auch mal Fluchtgedanken, oder kam das für Sie niemals infrage?

Toni Krahl: Die Band hat derartige Gedanken nie diskutiert. Möglicherweise hat jeder für sich mal nachgedacht, was wäre wenn. Aber letztendlich sind wir immer noch hier – und das bei den heutigen Möglichkeiten, wo jeder von uns an jedem Ort der Welt leben könnte.

Sie haben damals als Vorreiter eine englischsprachige Platte aufgenommen. Wie kam es zu der Idee, und wie kam das in der DDR an?

Toni Krahl: Diese Idee wurde damals von außen an uns herangetragen. Das Album war nicht nur unser größter Flop, sondern auch wirklich schlecht. Am liebsten würde ich es aus unserer Diskografie streichen.

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