06.05.2021 Schauspielerin und Moderatorin

Collien Ulmen-Fernandes

Von Lara Hunt
Collien Ulmen-Fernandes geht dem Begriff "Rabenmutter" auf den Grund.
Collien Ulmen-Fernandes geht dem Begriff "Rabenmutter" auf den Grund. Fotoquelle: ZDF / Frank Dicks

Collien Ulmen-Fernandes begleitet in "Rabenmütter oder Super Moms?" vier berufstätige Mütter mit unterschiedlichen Lebensentwürfen und beobachtet ihren Alltag. Ob sie selbst auch schon als "Rabenmutter" abgestempelt wurde, erzählt sie im prisma-Interview.

Wann haben Sie sich zuletzt als Rabenmutter gefühlt?

Man fühlt sich ja meistens nicht von sich aus als Rabenmutter, sondern es wird einem von außen aufgedrückt. Gerade in unserer Branche: Ich habe mit vielen Schauspielerinnen gesprochen, die Kinder haben. Wenn sie zum Dreh kommen, heißt es: "Wie? Und wo ist dein Kind? Wie kannst du arbeiten gehen und dein Kind alleine lassen?" Den männlichen Schauspielkollegen wurden diese Fragen noch nie gestellt.

Haben Sie das denn auch persönlich erlebt?

Sehr oft. Vor allem als rauskam, dass ich für das Traumschiff drehe. Berufstätigen Frauen wird permanent ein schlechtes Gewissen gemacht, was dazu führt, dass sie sich neben dem Beruf auch noch um die ganze Hausarbeit kümmern. Das haben auch unsere Experimente gezeigt: Frauen nehmen sich mehr vor und leisten auch weit mehr Haushalts- und Carearbeit als Männer.

Die Frage, wo man sein Kind lässt, wenn man arbeiten geht, stellt sich aber doch in der Regel.

Für mich stellt sich diese Frage nicht. Es gibt ja auch noch den Vater. Für mich war immer klar, dass auch ich arbeiten gehe und wir uns als Paar gemeinsam um unsere Tochter kümmern. Der eine arbeitet, der andere bleibt zu Hause. Und wenn es sich doch mal überschneidet, sind da noch die Großeltern und unser Kindermädchen – wir haben ein Konstrukt erschaffen, das das möglich macht.

Was hat Sie beim Dreh am meisten überrascht?

Viele Dinge, die die Doku ergeben hat, ahnt man bereits, zum Beispiel, dass wenn beide berufstätig sind, die Frau weit mehr im Haushalt macht. Studien bestätigen das. Sehr spannend fand ich aber den Blick in andere Länder. Es gibt Länder in denen der Mann gesetzlich verpflichtet ist, genauso lang in Elternzeit zu gehen. Oft bleiben die Frauen ja zu Hause, weil sie weniger verdienen. Wenn der Mann aber genauso wegen der Kinderbetreuung ausfallen kann, ist er bei der Einstellung nicht mehr die sicherere Wahl. Das ist also ein Schritt hin zur Schließung der Gender-Pay-Gap.

Wirklich neu sind die Missstände, wie Sie selber sagen, ja nicht. Warum war es Ihnen trotzdem wichtig, diese Sendung zu machen?

Stimmt, neu ist es nicht, in der Summe wirkt es aber sehr erschreckend. Ich denke, es ist wichtig, dass das Thema in den Mittelpunkt gestellt wird. Ich freue mich über jede Frau, die aufschreit, und hoffe, dass wir mit der konzentrierten Fokussierung Menschen erreichen, denen das Problem bisher vielleicht noch nicht so bewusst war.

Und wie hilft das weiter?

Sich einer Problematik bewusst zu werden, hilft immer weiter. Nehmen wir mal die private Bestandsaufnahme, bei der wir abfragen, wer was zu Hause macht. Im Gespräch sagten vorher alle, dass sie gleichviele Aufgaben übernehmen, wenn man aber alles addiert, kommt meist heraus, dass die Frauen den Großteil leisten. So eine Bestandsaufnahme kann helfen, Aufgaben anders zu verteilen und den Alltag zu verändern.

Der Alleinerziehenden, die Sie zeigen, hilft das aber ja auch nicht weiter. Hat die dann einfach Pech gehabt?

In der Sendung war uns vor allem wichtig, Paarbeziehungen und ihre Rollenmuster zu beleuchten. Trotzdem wollten wir auch eine Alleinerziehende dabei haben und ihre Lebensrealität zeigen, wie bereits in unserer letzten Dokumentation "Familien allein zu Haus".

Was wünschen Sie anderen Müttern?

Dass sich in Sachen Gleichberechtigung noch mehr tut. Ich denke, wir leben aktuell in einer pseudo-gleichberechtigten Welt, in der Männer sich toll fühlen, wenn sie ein bis zweimal die Woche mit ihrem Kind auf den Spielplatz gehen. Als meine Tochter noch klein war, hat mein Mann sie einmal die Woche mit ins Büro genommen – und wurde dafür mit Jubelstürmen empfangen. Bei Müttern würde das keiner als heroischen Akt feiern. Ich wünsche mir, dass es selbstverständlich ist, dass Väter mit Kindern auf den Spielplatz gehen. Und dass, wenn sie es nicht tun, die Frauen sie dazu zwingen. Erst wenn sich kümmernde Väter als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden, sind wir in einer wirklich gleichberechtigten Welt angekommen.

TV-TIPP

  • "Rabenmütter oder Super Moms?", Donnerstag, 6. Mai, ZDFneo

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