07.02.2025 Spannender Zweiteiler „Lillys Verschwinden“

Heino Ferch im Interview: „Es war der herausforderndste Stoff, den ich je gedreht habe“

Von Claudia Maxelon und Felix Förster
Wie wird sieht die Zukunft der Krimi-Reihe "Ingo Thiel" aus, nachdem der Skandal von Heino Ferch bekannt wurde?
Wie wird sieht die Zukunft der Krimi-Reihe "Ingo Thiel" aus, nachdem der Skandal von Heino Ferch bekannt wurde? Fotoquelle: ZDF/Pep Bonet

Im spannenden Zweiteiler „Lillys Verschwinden“ (abrufbar in der ZDF-Mediathek) spielt Heino Ferch Robert Bischoff, der mit seiner Frau Anna (Jessica Schwarz) und den Kindern Urlaub auf Mallorca macht. Als eines Abends die fünfjährige Tochter Lilly (Minou Troll) verschwindet, beginnt eine verzweifelte Suche auf der ganzen Insel. Heino Ferch gibt im Interview Einblicke in seine Rolle des besorgten Vaters.

Nach den vier „Nordholm"-Zweiteilern, die Sie mit Regisseur und Autor Thomas Berger gedreht haben, nun ein Wechsel von Kommissar Kessler zu einem Vater, dessen kleine Tochter im Urlaub verschwindet. Was hat Sie an dem Stoff besonders interessiert?

Heino Ferch: Ich war diesmal nicht in die Drehbuchentwicklung involviert, wusste aber sehr früh, dass Thomas Berger einen Stoff entwickelt, indem ich einen Vater spielen soll. Da ich selbst Vater von vier Kindern bin, habe ich mich sehr auf diese Rolle gefreut: Ein sehr emotionaler, sensibler, sehr verzweifelter und hilfloser Vater, der mit dem Schicksal seines verschwundenen Kindes konfrontiert ist. Er ist das Gegenteil von Kommissar Kessler: nicht cool, kalt und knapp, sondern weich, warm und hilflos. Er bekommt von allen Seiten maximalen Druck. Nicht nur seine Tochter ist verschwunden, er und seine Frau haben auch miteinander ein Päckchen in der Beziehung zu verarbeiten. Da bricht einiges wieder auf, da sie fremdgegangen ist. In seiner Arztpraxis läuft es auch nicht rund für ihn, da er in letzter Zeit so viel Unsicherheit in der Ehe hatte. Als ihr Kind weg ist, gerät vollends alles aus den Fugen. Die Eltern sind gewissermaßen blank wie weißes Papier, können sich nicht schützen, sind ihren Emotionen voll ausgeliefert. Wir können uns alle sicher nicht ausmalen, was das eigentlich heißt, wenn dein Kind plötzlich weg ist. Ich konnte nur versuchen, so gut es geht, einzutauchen und Szene für Szene zu ergründen. Das habe ich mit Thomas Berger in der Form noch nicht gedreht, obwohl wir seit der Lenz-Literaturverfilmung „Der Verlust“ viel miteinander arbeiten.

Was erwartet das Publikum?

Heino Ferch: Es war der herausforderndste Stoff, den ich je gedreht habe. Man ist sehr nah dran an den Eltern, die verzweifelt versuchen, einen Weg zu finden, auf dieser Mittelmeerinsel ihr Kind zurückzubekommen. Sie fühlen sich dort besonders allein, kennen die Rechtslage nicht, wissen nicht, wie die Polizei dort arbeitet, befinden sich also in besonders schwierigen Umständen. Im eigenen Land hast du ein Netz, dass dich auffängt, aber im Ausland, mit einer Sprache, die du nicht verstehst, ist es ungleich schwieriger, weil du auch isoliert bist. Es ist eine Familiengeschichte, sehr spannend, sehr dicht. Und es gibt unerwartete Wendungen. Die Eltern geraten in Verdacht und müssen um ihre eigene Freiheit kämpfen. Und wie werden sie dem älteren Sohn gerecht? 

Wie bereitet man sich auf die emotionalen Szenen vor?

Heino Ferch: Es war meine erste Zusammenarbeit mit Jessica Schwarz, und es war wirklich sehr gut und intensiv. Sie ist eigentlich immer fröhlich – auch wenn wir uns inhaltlich mal gestritten haben, konnten wir uns gut verständigen. Ebenso mit den anderen, also Petra Schmidt-Schaller, Felix Klare, Natalia Wörner und Regula Grauwiller. Für mich ist das kein Job nach Stechuhr: Große Szenen lerne ich Tage vorher auswendig, abends allein. Wenn der Text gelernt ist, stehe ich da wie ein Maler mit seiner Farbe und es kann losgehen. Thomas Berger und ich kennen uns so gut, dass er mich erstmal machen lässt. Ich mache ihm ein Angebot, er korrigiert, dann korrigiere ich. Wir haben viel geredet, viel gesucht nach der Temperatur und Tonalität der einzelnen Bilder. Wie viel Drama verträgt die Geschichte? Denn wir konnten ja schlecht in allen Szenen weinend durchs Bild laufen, das entspricht auch nicht der Realität und wäre langweilig gewesen. Menschen gehen in Notsituationen mit großer Tapferkeit immer weiter den nächsten Schritt, wir sehen das immer wieder. Das Leid kommt in Wellen, aber die Menschen bleiben in Bewegung, sie suchen die Initiative. Wir haben versucht, uns da hineinzudenken. Wann brechen Emotionen auf, wann macht sich Erschöpfung breit, wann Pragmatismus? Intellektuell ist das schwer zu greifen, ich mache das intuitiv und bin bei Thomas damit sehr gut aufgehoben und kann mich auf ihn verlassen. Er hat das größte Wissen über seinen eigenen Stoff. Aber ganz ehrlich, der Dreh war dennoch in einem gewissen Sinne durch das Thema eine deprimierende Zeit. Es klappt bei so einem belastenden Thema nicht so richtig, abends abzuschalten, aber der mallorquinische Wein hat etwas geholfen.

Wie halten Sie die Angst um die eigenen Kinder in Schach? Sind diese Zeiten unsicherer, oder ist es eher ein Gefühl aufgrund der Verfügbarkeit von Informationen?

Heino Ferch: Die allumfassende Verfügbarkeit von Informationen für Kinder, die mit zehn Jahren Handys mit Insta und TikTok haben und dort beeinflusst werden, ist schon schwierig. Obwohl man dadurch vielleicht andererseits auch ein Gefühl entwickeln kann, was eine unsichere Situation sein könnte. Aber für mich selbst formuliere ich es mal so: Wenn einer einen Plan hat, kannst du nicht viel dagegen machen. Eine andere Frage ist, ob sich im digitalen Zeitalter die Suche auch digital, sprich schneller und umfassender gestalten könnte, wenn Kinder weg sind.

Kannten Sie Mallorca bereits vor dem Dreh? Wo hat es Ihnen besonders gefallen?

Heino Ferch: Ich habe Mallorca sehr genossen, mich in die Insel verliebt, samt Sehnsucht. Ich war schon mal da, habe es dort aber noch nie so intensiv kennengelernt wie bei diesem Dreh. Die Insel bietet alles: alle Möglichkeiten, Ärzte, Sicherheit. Ich verstehe jeden, der dort leben möchte und sich dorthin bewegt. Neben der großartigen Landschaft, die wir im Film sehen und die ja auch was mit der Handlung macht, habe ich auch das gechilltere Tempo im Gegensatz zum gehetzten Deutschland genossen. Es war fast ein Kulturschock, zurückzukommen. Sie haben dort einfach eine ruhigere Art zu arbeiten, sehr freundlich, sehr liebevoll.

Das könnte Sie auch interessieren