17.04.2023 Interview mit Anna Schudt

Spirale aufwärts

Von Sarah Hegemann
Anna Schudt spielt im ZDF-Film "Laufen" die Protagonistin Juliane Hansen.
Anna Schudt spielt im ZDF-Film "Laufen" die Protagonistin Juliane Hansen. Fotoquelle: ZDF

Im ZDF-Drama „Laufen“ kämpft sich Juliane Hansen (Anna Schudt) nach dem Suizid ihres Lebensgefährten zurück ins Leben. prisma hat mit der Hauptdarstellerin über ihre Rolle gesprochen.

Kannten Sie die Romanvorlage von Isabel Bogdan?

Anna Schudt: Ich habe den Roman ein Jahr vor den Dreharbeiten bekommen und ihn gelesen. Es ist ein einziger innerer Monolog, der erst einmal nicht dazu auffordert, ihn zu verfilmen. Eine Frau, die immer nur läuft und zwischendurch Flashbacks hat, durch die sich langsam ihre Gedanken enthüllen. Ich habe mich echt gefragt, ob man das wirklich spannend verfilmen kann. Aber das Drehbuch ist toll geworden, und die Rückblenden sind Spielszenen, wodurch die Geschehnisse plastischer werden.

Sie hatten ein Jahr Zeit für die Vorbereitung, wie sah diese aus?

Im Buch spielt Juliane Bratsche, da ich aber früher Cello gespielt habe, wurde dies abgeändert. Ich habe Unterricht genommen, damit für die Musik-Szenen kein Double gebraucht wird. Das war mir persönlich sehr wichtig, deshalb habe ich sehr viel geübt. Außerdem habe ich mich mit dem Laufen und den verschiedenen Stadien des Laufens beschäftigt. Und nicht zuletzt war es wichtig, sich in die Rolle hineinversetzen zu können und ihren Zustand genauer zu ergründen. Das waren meine drei Hauptaufgaben.

Welche der drei Aufgaben war für Sie die schwerste?

Schwer ist relativ. Ich habe mich so intensiv vorbereitet, wie ich konnte. Am meisten Kopfzerbrechen – im positiven Sinne – hat mir wohl das Cellospielen bereitet.

Sind Sie vor „Laufen“ auch schon viel gelaufen?

Ich trainiere echt gerne, aber fürs Laufen habe ich nie so eine große Leidenschaft entwickelt. Als Vorbereitung auf den Dreh bin ich täglich laufen gewesen – so wie meine Figur im Film auch. Das hat Erstaunliches in mir ausgelöst, es tat mir unglaublich gut.

Juliane muss mit dem Suizid ihres Partners zurechtkommen – wie schafft man es, solch ein Schicksal zu spielen?

Gott sei Dank habe ich so eine Situation noch nie erlebt. Das ist auch etwas, das man seinem schlimmsten Feind nicht wünscht. Ich habe viel gelesen, mich mit Erfahrungsberichten beschäftigt und dabei viel für mich herausgezogen. Jeder Mensch trauert anders. Der Trauerprozess ist ein Ausnahmezustand. Es ist ein Dialog mit einer Abwesenheit. So etwas habe ich noch nie gespielt. Normalerweise hat eine Filmfigur mit Hindernissen und Konflikten zu kämpfen, die durch eine andere anwesende Person ausgelöst werden. In diesem Fall aber ist der Andere abwesend. Man stellt sich Fragen, auf die man nie eine Antwort bekommen wird, und das ist unglaublich schmerzhaft. Das macht einen auch einsam, da niemand sich wirklich in die Lage hineinversetzen kann.

Was ist für Sie die Botschaft des Films?

Mit Botschaften bin ich immer vorsichtig. Ich empfinde den Film als Betrachtung einer Aufwärtsspirale und als ein Werk, das Mut und Hoffnung macht. Zugleich zeigt „Laufen“, dass es auch nach drastischen, einschneidenden Erlebnissen weitergeht und jedes Gefühl – sei es Wut oder auch Depression – seine Daseinsberechtigung hat. Der Zuschauer sieht, wie sich eine Frau aus der tiefsten Dunkelheit zurück ins Licht kämpft und ihre Liebe zur Musik und sogar Interesse am anderen Geschlecht weiderfindet.

Sie sind vergangenes Jahr aus dem „Tatort“ ausgeschieden. Vermissen Sie die Arbeit oder sind Sie froh, jetzt mehr Zeit für neue Projekte zu haben?

Nein, absolut nicht. Da ist kein Hadern oder Vermissen, die Zeit ist um und rund. Ich muss aber sagen, dass ich mich auch zu meiner „Tatort“-Zeit immer noch genug anderen Projekten widmen konnte und nicht eingeschränkt war. Irgendwie bin ich aber erleichtert, dass ich den Kommissarinnen-Hut an den Nagel hängen konnte.

Also möchten Sie vorerst keine Krimis mehr drehen?

Nein, ich habe nichts gegen gute Krimis oder Thriller. Wenn das Drehbuch etwas ist, das mein inneres Glöckchen klingeln lässt, dann bin ich dabei.

 

„Laufen“: Montag, 24. April, 20.15 Uhr ZDF – ab Samstag, 15. April, in der ZDF-Mediathek

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