03.07.2023 Herausragender Musiker im Gespräch

Steve Lukather: „Ich habe auf mehr als 1000 Alben gespielt“

Von Felix Förster
Steve Lukather ist seit mehr als 40 Jahren im Musikgeschäft aktiv.
Steve Lukather ist seit mehr als 40 Jahren im Musikgeschäft aktiv. Fotoquelle: Alex Solca

Steve Lukather ist ein Tausendsassa. Der Musiker ist einerseits als Mitglied der Rockband Toto bekannt geworden, hat sich aber auch als Studio- und Sessionmusiker einen Namen gemacht. Der Gitarrist hat auf legendären Alben mitgespielt, am bekanntesten ist dabei natürlich „Thriller“ von Michael Jackson, das meistverkaufte Album aller Zeiten. prisma hat mit dem US-Amerikaner anlässlich seines neuen Soloalbums „Bridges“ gesprochen.

Hallo Steve Lukather, in Kalifornien, wo Du wohnst, ist es gerade 9 Uhr morgens.

Steve Lukather: Ja. Entschuldigung, dass ich etwas spät dran bin, aber ich war gestern Abend mit Ringo Starr unterwegs und das hat etwas länger gedauert (lacht).

Du spielst in Ringos Band.

Steve Lukather: Ja, seit 11 Jahren. Er ist ein sehr guter Freund, ein wirklich fantastischer Mensch.

Der Grund, warum wir miteinander sprechen, ist Dein neues Album „Bridges“.

Steve Lukather: Ich bin wirklich stolz auf die Scheibe, denn wir haben sie wirklich nur aus Spaß gemacht.

Das Cover-Artwork ist großartig und dadurch sieht das Album ein wenig wie eine Prog-Rock-Scheibe aus den 70ern aus.

Steve Lukather: Ich wollte mal etwas anderes machen, ein Cover, das sich vom Rest unterscheidet. Der Prog-Look ist auch so gewollt, denn das bin ich, das ist meine Jugendzeit. Mit dieser Musik bin ich groß geworden. Die Seventies sind meine Dekade und an ihrem Ende bin ich selbst erfolgreich geworden.

Hast Du damals Prog-Rock gehört?

Steve Lukather: Das war meine Lieblingsmusik und ich liebe diese Musik noch immer. Damit bin ich aufgewachsen. Die frühen Genesis: „Selling England By The Pound“, „The Lamb Lies Down On Broadway“, „Foxtrot“. Yes von Anfang an, Pink Floyd mit Dave Gilmour, der mein Freund und gleichzeitig mein „All Time Hero“ ist. Mit Roger Waters habe ich auf seinem Solo-Album „Amused To Death“ zusammengearbeitet….

Es ist irritierend, was mit Roger Waters hier in Deutschland passiert ist, dass seine Konzerte gecancelt werden sollten.

Steve Lukather: Ich habe das nicht verfolgt, aber Rammstein wollen sie ja jetzt auch canceln.

Das ist eine komplizierte Geschichte, bei der man kaum durchblickt. Ich meine, Du bist ein Rockstar der 70er…

Steve Lukather: Ich halte mich aber aus dieser Arena fern und kommentiere das nicht, das ist mir zu viel Politik mittlerweile.

Das ist auch das Beste, was man als öffentliche Person machen kann.

Steve Lukather: Vergessen wir den ganzen Kram besser, aber es ist schon hart, das alles zu beobachten.

Das neue Album ist ein würdiger Nachfolger von „I Found The Sun Again“ von 2021, das Du quasi als Doppelalbum mit dem Solowerk „Denizen Tenant“ Deines Toto-Kompagnons Joseph Williams Solowerk herausgebracht hast.

Steve Lukather: Das letzte Album war nur für mich, da habe ich alles live eingespielt, die Soli, die anderen Parts, um zu sehen, ob ich es noch kann. Das war etwas selbstgefällig, mit langen Jam-Sessions wie bei der Musik aus den 60ern und frühen 70ern. Die Musik, die ich liebe. Was Joseph anbelangt, wir sind nach wie vor ein Team, und David Paich gehört auch dazu.

Auf der neuen Platte arbeitet Ihr drei auch wieder zusammen.

Steve Lukather: Die Herangehensweise an das neue Album war aber anders, da wollte ich mit ihnen eine schamlose 80s-Platte machen, wie wir es früher gemacht haben. Das sollte aber keine Toto-Platte werden, wir wollten einfach ein paar Songs schreiben und so klingt es einfach, wenn wir zusammenspielen. Dafür haben wir dann Teile der alten Crew wieder eingeladen: Simon Phillips, Lee Sklar, Shannon Forest, Jorgen Carlsson. Wie eine Familie, und wir haben es in drei Wochen fertiggestellt, angefangen von der ersten Note bis zum Ende der Aufnahmen. Wir haben dann für den Mix etwas gebraucht, da wir auf Tour waren, aber nun kommt es raus.

Die alte Toto-Connection funktioniert also immer noch, Du sprachst auch davon, dass das Album wie eine „Brücke“ zwischen Deinem Solo-Werk und Toto ist.

Steve Lukather: Ja, wir sind Freunde und ich kenne David Paich, seit ich 15 bin. Die Brücke passt einfach zu dem Titel des Albums, ich wollte sie auch nicht „Burning Bridges“ nennen wie den einen Song, dessen Text Stan Lynch geschrieben hat (lacht).

Stan Lynch ist der langjährige Drummer von Tom Pettys Band „The Heartbreakers“.

Steve Lukather: Ich bin schon lange ein Fan von ihm, er ist wie ein Bruder für mich. Die Arbeit an dem Album erwies sich als großartig. Ich meine, ich will keine Nummer-1-Platte, um mit anderen zu konkurrieren. Das Album war einfach so, wie wir es früher gemacht haben: Musik, wie wir sie mögen. Wir haben probiert, Hooks zu schaffen, ich mag eingängige Songs, egal ob Pop oder Rock. Ich mag es nicht, die Sachen unter Labels zu kategorisieren.

Wo verortest Du denn Deinen Sound? 70s- oder 80s-Rock?

Steve Lukather: Wir sitzen einfach in einem Raum und schauen, wer etwas hat: ein Riff, eine Melodie. Jemand startet, ich, David, Jo, wer auch immer und in ein paar Stunden haben wir einen kompletten Track geschrieben und aufgenommen. Dann kommen die Drum-Overdubs, wir beenden die Texte und ich singe, das war‘s. Wie gesagt, es waren von der ersten bis zur letzten Note, als alles fertig zum Mixen war, drei Wochen. Wir haben alles in Joseph Williams Wohnzimmer gemacht. Alles zusammen eingespielt bis auf das Schlagzeug, das war einfacher so.

Der erste Song des Albums „Far From Over“ klingt so, als würdest Du mit Dir selbst sprechen.

Steve Lukather: Mein Sohn Trev hat das für mich geschrieben und Joseph und ich haben den Song dann fertiggestellt. Aber mein Sohn brachte eigentlich einen fast kompletten Song mit, und Joseph und ich mussten nur noch ein wenig an der Melodie und dem Text arbeiten. Trev hatte die Idee für den Text und hat fast alles selbst eingespielt, nur die knackigen Gitarrenparts habe ich dann beigetragen. Das ist mein Sohn, er hat mich produziert. Sohn produziert Papa… (lacht). Der Text zeigt, ich bin noch da, schreibt mich nicht ab.

Brauchst Du die Musik, um Dich lebendig zu fühlen?

Steve Lukather: Es ist so: Die Platten, die wir jetzt mit neuer, selbstkomponierter Musik machen, sind unser künstlerischer Anspruch. Wenn du ein Maler bist, hörst du auch nicht damit auf, auch wenn dein berühmtestes Gemälde vielleicht schon länger her ist. Du musst Neues schaffen. Wenn ich dann zurück zu Toto kehre, ist das reiner Spaß. Wir spielen die Hits und das ist eine große Freude.

Wie ist es, mit dem eigenen Sohn zu arbeiten? Entspannt?

Steve Lukather: Ja klar, wir sind die besten Freunde. Er ist ja kein kleines Kind mehr, sondern 36 Jahre alt. Es macht großen Spaß. Ich habe ihn dazu gedrängt, auf Platten zu spielen, seit er 13 Jahre alt ist. Er hat nun seine eigene Karriere als Produzent. Momentan hat er ein tolles Projekt mit Phil Collins Sohn Nicolas laufen. Bei meiner Scheibe bat ich ihn, reinzukommen und mir zu zeigen, was er hat.

Wenn Du auf seine Karriere schaust, ist es heute leichter oder schwerer, erfolgreich zu sein?

Steve Lukather: Viel schwieriger, denn sie haben das Geschäft verändert. Ich meckere nicht über Streaming, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, wie wirst du verpflichtet? Wie viel Geld geben sie dir? Was musst du tun, um eine Chance zu erhalten? Was ist das Einstiegslevel? Gefühlt werden doch 80 Millionen Platten in der Woche veröffentlicht, welche davon ist aber wirklich gut und wer schafft es? Du konkurrierst mit anderen in einer verzerrten Welt, besonders als Rockmusiker. Was viel Krach macht ist Hip-Hop oder Crossover-R’n‘B, die bekommen die meiste Aufmerksamkeit.

Streaming hat besonders für die Konsumenten Riesenvorteile…

Steve Lukather: Ich liebe Streaming, ich meine, ich habe einen guten Deal mit Sony gemacht. Wir haben 3,5 Milliarden Streams mit Toto und das in den letzten acht Jahren. Wir hatten sozusagen ein zweites großes Erwachen. Es ist nicht schlecht, wenn die jungen Leute einen entdecken und das läuft über Streaming. Dieser Hype um „Africa“ bei den Kids, ich meine, ich dachte erst „Jetzt wirklich? Meint ihr das ernst?“ Aber ich bin wirklich sehr dankbar dafür. Die Leute kommen mit ihren Kindern zu den Konzerten, das ganze Publikum ist viel jünger geworden. Und die merken dann, hey, die haben 17 Alben rausgebracht und so fängt der ganze Backkatalog an, sich wieder auszuzahlen. Es ist eine Win-Win-Situation für uns und quasi der „zweite Akt“ in unserer Karriere.

„Africa“ hat über eine Milliarde Streams.

Steve Lukather: 1,3 Milliarden, nur der dieser Song alleine. Viele Leute covern den Song, es gibt lustigen Scheiß, sehr gute Versionen, auch aus dem Metal-Bereich, aber auch wirklich dämliche. Rubber Chicken singt Africa (lacht). Aber ich kann darüber lachen und werde nicht sauer. Ich lache darüber, das ist doch super.

Was denkst Du denn, wenn Du so etwas hörst?

Steve Lukather: Ich lache. Ich habe gelacht als ich ein Family-Guy-Charakter war, ich habe gelacht, als ich ein South-Park-Charakter war. Das ist doch ein Thrill für mich und ich kann meinen Spaß haben. Niemand findet das lustiger als ich selbst. Ich bin ein alter Bastard, der eine lange Karriere hinter sich hat.

Vor zwei Jahren habe ich David Crosby, der leider Anfang des Jahres verstorben ist, interviewt…

Steve Lukather: Ein toller Mann, ich habe ihn geliebt.

…er erzählte mir, dass er gezwungen wurde, seine Songrechte zu verkaufen, um finanziell über die Runden zu kommen. Er war sehr kritisch, was die Streaming-Dienste anbelangt. Wie siehst Du das, auch bezogen auf die Bezahlung für die Künstler?

Steve Lukather: Es kommt immer auf den persönlichen Deal an. Jeder hat seinen individuellen Deal. Manche verkaufen alles an die Plattenfirma, wenn sie jung sind, und können dann nicht mehr nachverhandeln und sind gefangen in einem schlechten Vertrag. Ich konnte vor acht Jahren mit Sony einen guten Vertrag abschließen als es eigentlich um etwas anderes ging. Und das hat sich für uns ausgezahlt. Es kommt auf den Einzelfall an. Es ist die einzige Sichtweise. Wo sind die Plattenläden? Die gibt es nicht mehr. Man kauft den Kram bei Amazon oder lädt es sich runter, das ist eben viel einfacher. Jeder hat eine andere Erfahrung damit, aber man muss eben mit der Zeit gehen.

Für junge Bands ist es so einfach wie nie, ihre Musik zu veröffentlichen und jeder kann sie dann hören. Aber bei der Masse müssen sie schon eine gute PR-Abteilung haben, um aufzufallen.

Steve Lukather: Die Plattenfirmen haben früher Karrieren geplant und aufgebaut. Sie gaben dir einen Vertrag für vier Alben und beim vierten solltest du dann ein Platin-Album haben. Du musstest die vier Alben live vorstellen, damit du ein Live-Publikum bekommst, das dich mag und deine Alben kauft. Heute gibt es ein anderes Problem, jeder will nur einen Track, die Band hat dann einen Track, der gut ankommt. Doch wer zahlt 100 Dollar, um nur einen Song live zu sehen? Dann bringen sie eine neue Platte heraus und keinen interessiert es mehr, weil sie nicht mehr das „heiße Ding“ sind. Es werden also keine langen Karrieren mehr durch die Plattenfirmen entwickelt. Es gibt keine Musikbranche mehr, die sich kümmert, keine A&R, niemand, der sagt „Nein, du bist noch nicht so weit“. Deshalb kommen drei Millionen Platten pro Woche raus, die professionell erscheinen, aber die nicht gut klingen.

Was macht das mit dem Musik-Markt?

Steve Lukather: Es gibt immer noch die Top-Leute, aber der Rest braucht so viel Platz und ist einfach oft nicht bereit für eine Veröffentlichung. Man kann nicht das erste Mal im Studio sein und schon alles veröffentlichen. Ich habe 14 Jahre gebraucht, um ins Studio zu gehen. Ich meine nicht die kleinen, die kannte ich schon, sondern ein richtiges, in dem man ein richtiges Album aufnimmt. Ich habe schon lange gespielt bis ich so weit war. Heute gibt es Garage Bands, die mit Auto Tune oder Time Correct alles geradebügeln. Sie klingen großartig, sind es aber nicht und wenn sie live auftreten, sind sie richtig übel. Dabei müssen Bands erst einmal schlecht sein dürfen, in kleinen Clubs spielen, um besser zu werden. Heute brauchst du eine Millionen Follower bei Instagram, damit die Labels auf dich aufmerksam werden. Und dann will das Label alles Geld haben. Und dann geht es in die Binsen, obwohl du unter Vertrag stehst. Früher hattest du ein Hit-Album und dann ging es los. Ich weiß gar nicht, wie die jungen Bands heute überhaupt anfangen wollen. Ich bin froh, mittlerweile allein für mich verantwortlich zu sein. Das nimmt mir den Druck.

Früher hat man ein Album aufgenommen und die Tour sollte das Album promoten, heute ist es andersherum.

Steve Lukather: Das kommt eben immer drauf an, wenn du jung bist, musst du dich beweisen. Eine Classic-Rockband wie wir, die es seit 46 Jahren gibt, wir haben einen Ruf. Wir waren nie wirklich in, also sind wir auch nie wirklich out. Wir haben alles durchgemacht seit 1977 und 1978 als unser erstes Album rauskam. „Wir mögen euch, ihr seid, Mist, wir lieben euch, ihr seid Mist“. Wir haben einfach immer weitergemacht und wir sind immer noch da. Wir bekommen mittlerweile mehr Respekt: „Ihr seid keine Arschlöcher mehr, wir mögen euch“ (lacht).

Ich habe Dein Interview mit Rick Beato auf YouTube gesehen, sehr interessant auch für Menschen wie mich, die keine Musik-Theoretiker sind.

Steve Lukather: Ich liebe den Typen, er ist ein großartiger Lehrer und sein Kanal ist so wichtig.

Was bedeutet es Dir, bekannt und bei YouTube vertreten zu sein?

Steve Lukather: Ich bin nicht der Typ, der sich online anschaut und denkt „wo ist der Filter?“ oder „Wie sehe ich aus?“ Als ich im Oktober 65 wurde, sagte mein Sohn als er meinen grauen Bart sah, Pa, hör auf, Deine Haare zu färben. Und da habe ich damit aufgehört. Das habe ich gemacht seit ich 30 war. Es ist nun Zeit, grau zu werden. Schau Dir Brian May an oder Jimmy Page an. Es ist aber komisch: Einerseits ist es sehr befreiend, aber ich bekomme viel mehr Aufmerksamkeit seitdem. Ich steche jetzt mehr aus der Masse heraus.

Also wirst Du mehr erkannt?

Steve Lukather: Ja, denn die meisten alten Kerle haben nicht mehr so viele Haare wie ich (lacht). Ich habe Glück, das ist alles echt (rupft leicht an seinen Haaren). Es ist lustig, ich sehe mittlerweile aus wie der verrückte Enkelsohn von Albert Einstein. Ich bin nur nicht so smart (lacht).

Das ist doch jetzt Understatement.

Steve Lukather: Ich mache gerne Spaß auf meine eigenen Kosten, das ist wichtig. Ich bin so froh und geehrt, dass ich immer noch die Möglichkeit habe, dieses Leben zu führen. Mein Berufsleben ist fantastisch, mein Privatleben… Mmmmh, nicht so sehr, ich meine, ich habe vier wunderbare Kinder, aber der Rest beschränkt sich momentan auf mich und meinen Hund.

Das klingt traurig. Der letzte Song auf dem neuen Album „I’ll Never Know“ passt etwas in diese Stimmung. Für mich ist es der beste Song des Albums, aber er ist auch ein wenig schwermütig.

Steve Lukather: Danke, das war der erste Song, den wir geschrieben haben, Joseph und ich. Der ist sehr „Pink-Floyidisch“, man merkt ihren Einfluss.

Aber David-Gilmour-Pink-Floyd.

Steve Lukather: Yeah, er ist einer meiner Lieblingsgitarristen aller Zeiten und er ist mein Freund. Ich bewundere den Mann. Ich mag Floyds Musik, sie hat uns immer sehr beeinflusst.

Es ist interessant, mit wem Du schon alles gearbeitet hast. Du warst in den 70er- und 80er-Jahren ein gefragter Sessions- und Studiomusiker. War das reiner Spaß oder eine Art Sucht, überall mitzumachen?

Steve Lukather: Das war der größte Job, den man haben konnte. Mal im Ernst, ich konnte mit meinen Helden arbeiten. Ich war mit ihnen in einem Raum, konnte sie beim Arbeiten beobachten, die Engineers, die Produktion, die großartigen Studios. Die anderen großartigen Musiker, mit denen ich arbeiten und von denen ich lernen konnte. Es war keine Arbeit, ich meine, wer wollte das nicht machen? Das war die Zeit der großen Sessions, keiner wusste, was passiert. Keine Proben, keine Demos. Was machen wir heute? Mit wem spielen wir? Wer ist der Künstler? Oh wow, da ist Barbra Streisand. Du wusstest es nie. Später wurden wir dann spezifischer gebucht und man wusste, für wen man arbeitet und man wurde auch namentlich angefragt. Diese 20 Jahre, in denen ich so hart gearbeitet habe, seit ich ein junger Typ war und die Zeit bei Toto, das war die beste Zeit meines Lebens.

Du erwähntest in anderen Interviews, dass Du im Studio immer bereit warst, und den Druck ausklammern konntest. Musste man das lernen?

Steve Lukather: Entweder konnte man es oder nicht. Da gibt es keine Schule, du musstest unglaublich kreativ sein, und wenn sie es nicht mochten, musstest du nochmal kreativ sein. Sonst nahmen sie jemand anders. Du hast dagesessen und einfach nur Noten gelesen. Sie wollten dich, um die Lücken zu füllen. Sie gaben einem einfach Notizen mit Akkorden und Noten, und ja, ich kann Musik lesen. Es war meistens einfach: „Jungs, macht was“. Nach heutigen Standards hätte ich Songwriting Credits bekommen müssen für alles, bei dem ich mitgespielt habe. Dann wäre ich heute sehr, sehr wohlhabend. Aber so war es nicht, wir wurden einfach als Session-Musiker gebucht, die reinkamen und ein einfaches Stück Musik in eine produzierte Platte verwandelten. Mit den Produzenten natürlich und wem auch immer, der mit im Raum war. Wir nahmen einfache Songs und nahmen diese coolen Sachen auf, die niemals vorher vom Songschreiber vorgesehen waren. Sie haben uns engagiert und sagten „Macht was Großes und macht es schnell“ und dann war da dieser Druck, wenn das rote Licht anging.

Also würde Steve Lukather in einer fairen Welt als Co-Autor von „Beat It“ von Michael Jackson gelten?

Steve Lukather: Dann würden wir das Interview heute in einem Raumschiff führen (lacht). Nein, um das klarzustellen, der Riff stammt von Michael Jackson. Ich habe an den alternativen Riffs mitgearbeitet, aber das war Michaels Riff. Ich habe aber alle Bass- und Gitarrenparts bei dem Track gespielt, bis auf das Solo von Eddie van Halen. Es war einfach ein Riesenspaß.

Du bist auf gefühlt 1000 Alben zu hören. Bedeutet Dir das viel?

Steve Lukather: Ich habe auf mehr als 1000 Alben gespielt, aber das war eine Periode in meinem Leben. Das waren 20 bis 25 Sessions in einer Woche. Du kannst viele verschiedene Platten in einer Woche machen.

Erkennst Du dich denn wieder in den Songs, wenn Du sie im Radio hörst?

Steve Lukather: Ich lache dann immer.

Toto ist in der „Musicians Hall Of Fame“, aber nicht in der „Rock and Roll Hall Of Fame“. Stört Euch das?

Steve Lukather: Nein, die Musicians Hall Of Fame bedeutet uns viel, die anderen können uns mal. Das sind doch nur alte, böse Männer, die uns schon 1977 und 1978 gehasst haben. Ich brauche das nicht. Die wollen 25.000 Dollar für einen Sitzplatz, wenn man da auftauchen möchte. Da sind doch nur Leute aus dem Business, das brauche ich nicht. Ich brauche das alles nicht. Meine Hall Of Fame ist meine lange Karriere, seit ich im Studio angefangen habe. Ich mache das noch und wir spielen immer noch in Arenen und die Leute hören uns noch. Das reicht mir, ich brauche keine Award-Show. Auch die Grammies und anderen Preise nicht. Es ist schön sie zu bekommen, aber ich lebe nicht dafür.

Ihr seid in diesem Winter Teil der „Night Of The Proms“-Tour hier in Deutschland.

Steve Lukather: Ja, das ist eine Spaßgeschichte, eine Familien-Tour. Wir haben das schon mal gemacht und sie haben uns wieder ein Angebot gemacht, das wir nicht ausschlagen konnten. Das ist aber keine richtige Tour mit der kompletten Band. Wir spielen ein paar Hits kurz vor Weihnachten, nur Jo und ich mit dem Orchester. Die richtige Tour kommt dann im kommenden Frühjahr.

Toto-Drummer Jeff Porcaro, wie sehr vermisst Du ihn?

Steve Lukather: Ich kann nicht glauben, dass sein Tod 30 Jahre her ist. Es ist so irre. Ich vermisse ihn so sehr, denn er war ein wichtiger Bestandteil meiner Musik und meines Lebens. Es ist nicht dasselbe ohne ihn. Ich versuche nur, die Fackel weiterzutragen, damit die Leute weiterhin die Musik hören. Es ist natürlich nicht mehr das Toto von 1978 oder 2000, aber Joseph Williams und ich versuchen, die Musik am Leben zu halten. David Paich ist immer noch an allem beteiligt, aber er kann wegen seiner Gesundheit nicht mehr touren, er taucht aber ab und zu noch einmal auf. Ich bin mit den anderen ehemaligen Mitgliedern auch noch befreundet, aber manche wollen es einfach nicht mehr machen.

Letzte Frage: Gibt es denn noch die Chance auf ein neues Toto-Album?

Steve Lukather: Nein, es ist finanziell nicht möglich, denn wir müssen Prozente an Leute geben, die nicht mehr mit im Studio oder auf Tour sind. Das sind rein geschäftliche Gründe. Die Labels geben einem aber auch nicht mehr genug Geld, um solch ein Album zu machen. Ich bin deswegen nicht negativ, denn wir arbeiten ja noch zusammen und treten als Toto auf.

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