13.04.2021 Musikerin

Jen Majura

Von Marcus Italiani
Jen Majura (l.) und ihre Bandkollegen.
Jen Majura (l.) und ihre Bandkollegen. Fotoquelle: P.R. Brown

Die gebürtige Stuttgarterin Jen Majura ist seit 2015 Teil der Multi-Platin-Rocker von Evanescence, die kürzlich mit ihrem neuen Album "The Bitter Truth" in 22 Ländern auf Platz 1 der Album-Charts geschossen sind. prisma sprach mit der sympathischen Gitarristin über einen wahr gewordenen Traum.

Frau Majura, ist der Gitarristinnen-Job bei Evanescence, einer der größten Alternative-Rock Bands unserer Zeit, nach sechs Jahren immer noch ein Traum für Sie?

Absolut. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, so eng mit einer Künstlerin wie Amy Lee zusammenzuarbeiten. Sie ist eine unglaubliche Musikerin. Ich habe vorher auch schon in diversen Bands gespielt, habe Touren selbst organisiert, Merchandise-Kisten gepackt und immer gehofft, dass genug Leute kommen. Bei Evanescence ist das dann schon etwas anderes. Da wird dir dann kurz mitgeteilt, dass du demnächst im ausverkauften Sydney Opera House spielst.

Dabei war Ihr "Vorstellungsgespräch" ja abenteuerlich…

Alex Skolnick, ein befreundeter Musiker der Band Testament hat mich seinerzeit empfohlen. Drei Tage später saß ich im Flieger nach New York, wo ich mich mit Amy getroffen habe. Wir haben viel geredet, waren essen, und am Ende hatte ich den Job.

Ohne vorzuspielen?

Genau. Auf der Rückreise musste ich mich mehrmals zwicken, weil ich es selbst kaum glauben konnte.

Mit "The Bitter Truth" steht das erste vollständige Studioalbum seit beinahe zehn Jahren in den Läden.

Ja, und ich bin sehr stolz darauf. Vor allem, weil die Aufnahmen pandemiebedingt nicht gerade leicht waren.

Sie durften plötzlich nicht mehr in die USA einreisen.

Genau. Wir hatten gerade die ersten Nummern eingespielt und uns für das nächste Wochenende verabredet, als der Lockdown uns einen Strich durch weitere gemeinsame Aufnahmen machte. Ich habe dann auf Dateien gespielt, die die anderen mir geschickt haben. Dabei fühlt man sich komisch. Kein Produzent, kein direktes Feedback. Trotzdem hat die Band mir das Ganze so leicht wie möglich gemacht. Ich bin unheimlich stolz auf das Album.

Das ja auch wieder sehr viel rockiger ausgefallen ist als die letzten Lebenszeichen der Band.

Davon war ich ebenfalls überrascht. Amy ist natürlich der Chef im Ring, aber wir alle hatten wirklich Spaß am Songwriting und haben eine sehr abwechslungsreiche Platte gemacht, die verschiedene Stile beinhaltet und textlich teilweise sehr persönlich ist. Einen Song wie „Broken Pieces Shine“ zu spielen, ohne loszuheulen, wird nicht ganz leicht.

Weniger zerbrechlich geht es in "Use My Voice" zu, der ersten Single, die pünktlich zur US-Wahl herauskam

Eigentlich sind wir keine politische Band. Wir wollen auch die Fans nicht in Lager spalten. Aber in diesem Fall wollte Amy einfach etwas ausdrücken. Dass es wichtig ist, seine Stimme zu erheben, wenn man falsch behandelt und belogen wird – gerade wenn es um die eigene Regierung geht.

Abenteuerlich ging es auch in dem Videodreh zu dem Song zu.

Ja, die anderen drehten in den Staaten, ich in Köln. Am Ende sieht es aber so aus, als wären wir alle in einem Raum. Ich habe daraufhin einige Nachfragen der Marke: "Wie kannst du nur während Corona in die USA fliegen?" erhalten (lacht).

Wobei Geschäftsreisen doch möglich sind.

Ja, aber vielleicht ging das so in die Richtung: "Jetzt hält sie sich für einen Rockstar", ich weiß es nicht,

Ist "Rockstar" denn heutzutage ein ausschließlich negativ besetzter Begriff?

Nicht zwingend. Es kommt darauf an, dass man die richtige Menschlichkeit und Dankbarkeit behält und nicht alles für normal hält, was sich mit dem Erfolg ändert, dann bleibt man lange im Business. Bei jüngeren Kollegen, die beispielsweise in Castingshows umgehend zu "Stars" werden, ist das oft schwer.

Warum?

Es sind durchaus Talente dabei. Das Problem ist eben das Format. Man quetscht die Musiker aus, bis es nicht mehr geht. Und am Ende müssen die Leute bei Hochzeiten oder am Ballermann singen.

Neues Album "The Bitter Truth" von Evanescence

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