06.01.2025 "Soko Potsdam"-Kommissar

Agnes Decker im Interview: Keine Angst vor Kulturschocks

Von Marcus Italiani
TV-Kommissarin Agnes Decker im Interview.
TV-Kommissarin Agnes Decker im Interview. Fotoquelle: Hannes Magerstaedt

Agnes Kiyomi Decker ist im Herzen Rheinländerin. Und das, obwohl sie in der Soko Potsdam als Kriminalhauptkommissarin Pauline Hobrecht meistens nicht mit jecken Fällen zu tun hat.

Sie sind ohne Fernsehen aufgewachsen.

Ja, bis auf eine Ausnahme. „Die Sendung mit der Maus“ durfte ich bei meiner Großmutter schauen. Ich bin in einem – heute würde man sagen ‚Mehrgenerationenhaushalt‘ – aufgewachsen. Und meine Oma in der unteren Etage besaß einen Fernseher.

Aber die Original-Soko-5113 Serie mit Werner Kreindl, Diether Krebs Ingrid Fröhlich und Bernd Herzsprung haben Sie gar nicht erleben können.

Das war die Soko München, oder?

Genau!

Nein, die habe ich leider nicht gesehen. Die Soko Potsdam gibt es ja noch nicht so lange. Wahrscheinlich ist das aber ein Ableger, klar.

Haben Sie das irgendwann nachgeholt und geschaut, wie die Kolleginnen und Kollegen vor 40 Jahren agiert haben?

Bislang nicht. Ich habe mich da eher mit den Kolleginnen und Kollegen von heute beschäftigt. Aber jetzt, wo Sie es sagen – das ist total spannend. Ich glaube, ich schaue mir das mal an.

Sie drehen immer drei Soko-Folgen gleichzeitig?

Ja genau. Bei uns nennt man das einen „Block“. Wir drehen dann zum Beispiel vormittags eine Szene aus der Folge eins, dann mittags etwas aus der Folge drei und nachmittags noch eine Szene aus der Folge zwei. Dabei muss man sich immer sehr gut vorbereiten, um die Folgen nicht zu verwechseln.

Wie behält man dabei denn den Überblick?

Es gibt Personen am Set, die sogenannten ‚Script Continuity‘, die man immer mal wieder befragen kann. Manchmal denkt man sich vor einer Szene aber schon: „Diese Figur kenne ich doch schon“ (lacht). Oder ich ziehe ein Kostüm an, weil das eben an der Garderobe hängt, und in Wirklichkeit war es für eine andere Folge gedacht. Mein Ideal ist aber, dass ich irgendwann alle drei Drehbücher auswendig kann und mir so etwas nicht passiert.

Hat man bei einer Serie mehr Stress als bei einer Filmproduktion?

Je nachdem, wie viele Drehtage das Projekt bekommt. In diesem Jahr habe ich einen Ostfriesenkrimi gedreht. Da habe ich schon gemerkt, dass wir ein wenig mehr Zeit haben.

Sie haben mal gesagt, man müsse ein dickes Fell haben, wenn man vor der Kamera stehe, das aber sobald die Kamera angehe in eine dünne Haut verwanden müsse.

Wenn ich zum Beispiel eine Absage bekomme oder in Windeseile Dinge erledigen muss, die so stressig sind, dass sie mich davon abhalten, präsent zu sein und alles zu spüren oder aufzunehmen, was da ist, dann ist das manchmal zu viel. Daher muss ich schauen, wie ich mich mit einem dicken Fell so schützen kann, dass ich immer dann, wenn es darauf ankommt, funktionieren kann. Denn Schauspielerei bedeutet ja, Gefühle zu zeigen, also dann auch wieder dünnhäutiger zu sein. Kurz: Je wohler ich mich fühle, desto besser kann ich spielen. Manchmal stecke ich mir einfach Kopfhörer in die Ohren und schalte ab. Oder ich drehe eine Runde ums Haus.

Spürt man das auch während einer längeren Produktion? Wie haben Sie sich während Ihrer Mitwirkung in der Serie entwickelt

Am Anfang war ich richtig aufgeregt und nervös. Als ich dann merkte, dass ich mit meiner Kollegin harmoniere und wir auch ganz gut improvisieren können – die Freiheiten haben wir bei der Soko – hat sich die Aufregung aber wieder gelegt. Was sich am Team entwickelt hat, können mir Außenstehende aber viel besser spiegeln. Dass wir in der Serie harmonischer wirken als zu Beginn, hat natürlich damit zu tun, dass wir uns mittlerweile länger kennen und Vertrauen zueinander haben.

Wie „befreundet“ sind Sie mit Ihrer Figur Pauline Hobrecht?

Haha, eigentlich schon ziemlich. Die hat auf jeden Fall auch einen stressigen Alltag, könnte mich aber auch mal ein wenig zum Sport mitnehmen Da war ich im vergangenen Jahr sehr fleißig, aber aktuell nicht so. Sie macht ab und an ihre Alleingänge, da würde ich vielleicht drauf einwirken, dass sie ihre Kollegen mitnimmt. Außerdem erzählt sie mir immer gute Geschichten von ihrem Team, das eine Art Arbeitsfamilie ist. Das mag ich.

Wie arrangieren Sie sich als Rheinländerin mit Potsdam?

Na ja, ich bin in Bad Godesberg aufgewachsen und dann zum Studium nach München, wo ich den ersten Kulturschock bekam. Danach ging es ins Schwabenland ans Theater, wo der zweite Kulturschock folgte. Und dann kam ich nach Berlin und dachte: ‚Ja, mit dem trockenen Humor hier komme ich gut klar.‘ Und dann habe ich doch die Bayern irgendwann vermisst.

Warum?

Weil man sich eben mit der Zeit daran gewöhnt hat. Dieses Gerumpel fehlt einem dann irgendwann. Aber eigentlich komme ich mit diesem trockenen Humor in Berlin, Potsdam und Umgebung gut klar. Und die Leute sind alle so unglaublich nett.  

Mit Anja Pahl haben Sie eigentlich eine typische Sparringpartnerin aus dem Osten an Ihrer Seite.

Das stimmt. Sie hat mich auch von Beginn an gut integriert und ist die Person mit den lustigsten Vergleichen und Sprüchen. Wir sind total unterschiedlich, können aber dennoch super zusammenarbeiten. Genauso wie die Polizistinnen in der Serie.

Schauen Sie selbst gerne Krimis?

Eigentlich nicht. Den letzten Tatort habe ich gesehen. Aber ansonsten schaue ich gerne Komödien und mag dieses trockene Spiel, zum Beispiel in „The Office“.

Das merkt man ihrem Spiel auch an.

Das ganze Team ist aber auch so angelegt. Wie im wahren Leben. Ich war mal bei der Polizei und durfte dort so ein wenig für die Rolle hospitieren. Da werden Witze am laufenden Band gerissen – dagegen sind wir richtig harmlos.

Schauen Sie ihre eigenen Filme?

Ja, alle. Ich schaue dann, ob das, was ich spielen wollte, auch geklappt hat. Ich schaue also aus Fortbildungsgründen (lacht). Aber im Ernst: Ich finde auch sehr spannend, was nach dem Schnitt herauskommt. Was bleibt drin, was wird herausgeschnitten? Worauf liegt der Fokus? Was bewirkt die Musik?

Was nehmen Sie sich für 2025 vor?

Ich möchte meine Freunde und Familie mehr sehen. Und ich würde gerne bei „Stromberg“ und der einen oder anderen weiteren Komödie mitspielen.

„Soko Potsdam: Bodyguard“, Montag, 13. Januar, 18 Uhr, ZDF

 

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