14.06.2016 Reise

Jagd und van Gogh

Das Jagdschloss Sankt Hubert:  Als das Ehepaar Kröller-Möller noch gut bei Kasse war, ließ es sich in Hoenderloo diese Fantasie von einem Domizil am Wasser errichten.
Das Jagdschloss Sankt Hubert: Als das Ehepaar Kröller-Möller noch gut bei Kasse war, ließ es sich in Hoenderloo diese Fantasie von einem Domizil am Wasser errichten. Fotoquelle: Photography Jurjen Drenth

So nah und doch voller Exotik: Der Nationalpark Hoge Veluwe bei Arnheim spricht alle Sinne an.

Er misst nur etwa 54 Quadratkilometer, der Nationalpark Hoge Veluwe in der niederländischen Provinz Gelderland, gleich hinter der deutschen Grenze. Damit gehört er zu den kleineren in Europa. Aber seine eigentümliche Komposition aus Heide, Sumpfland, Wanderdünen, Laubund Nadelwäldern und ganz viel Luft zum Atmen macht ihn zum Unikat.

Das soll Holland sein? Nein, es handelt sich um eine Welt für sich, um einen bilderbuchartigen Querschnitt skandinavischer und osteuropäischer Landschaften. Man könnte auch sagen: Hoge Veluwe ist ein Museum der Landschaften.

Allerdings durchstreift man den Nationalpark mit dem Fahrrad. Was bekanntlich wiederum ein starkes Indiz für Holland ist. 1700 weiße Fahrräder (viele mit Kindersitz) stehen den Besuchern an den Eingängen zur Verfügung. Kostenfrei.

Und ein Kunstmuseum gibt es obendrein, und was für eins: Das Kröller-Müller-Museum gehört – keine Übertreibung – zu den sechs oder sieben Museen auf der Welt, die man in seinem Leben gesehen haben muss.

Dabei besticht es den Besucher nicht einmal mit Superlativen, sieht man davon ab, dass es eine der größten (und schönsten) privaten Van-Gogh-Sammlungen beherbergt und einen Skulpturenpark sein Eigen nennt, der sich mit den Birken, Eichen und Eschen seiner Umgebung zu vereinen scheint.

Womit wir schon wieder draußen in der Natur wären. Der Nationalpark liegt eingebettet in der waldreichen Veluwe, die als größtes zusammenhängendes Naturschutzgebiet in Westeuropa gilt. Darin leben, unbemerkt für die allermeisten Besucher, 200 Hirsche, 250 Rehe, 50 bis 60 Wildschweine. Mehr nicht?

"Wir versuchen, eine gesunde Balance zu halten", sagt Park-Ranger Henk Russeler und weist darauf hin, dass es nicht nur um Großtiere geht: Die Kreuzotter ist hier zu Hause. Eidechsen, Molche und Spinnen bevölkern das Gebiet. Zudem ist die Heide ein Paradies für seltene Schmetterlinge, und auf dem feuchten, kalkarmen Boden gedeihen Moorlilien, Orchideen und Ginster.

Seinen Anfang nahm Hoge Veluwe um 1909, als Anton Kröller, Reeder aus Rotterdam, und seine deutsche Frau Helene, Tochter eines Essener Stahlbarons, Stück um Stück des wilden Landes aufkauften. Auf eine knappe Formel gebracht: Er wollte jagen, sie wollte ein Museum.

Auch wenn ihnen das Geld mit der Zeit ausging, 1938 öffnete es dann doch, das Kröller-Müller-Museum, entworfen von keinem Geringeren als Henry van de Velde.

Bereits vollendet war zu diesem Zeitpunkt Anton Kröllers Jagdhaus Sankt Hubert im Norden des Nationalparks. Was beweist: Erst kommt die Jagd, dann die Kunst. Immerhin, Helene, die 1939 starb, nahm regelmäßig ihren Tee im Turm des Jagdhauses.

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