02.02.2016 Ausstellung

Der Mann, der sich Bosch nannte

Von Detlef Hartlap
Die Geheimnisse Brabants: Erkundungsstour durch Jheronimus’ Heimatstadt ’s-Hertogenbosch.
Die Geheimnisse Brabants: Erkundungsstour durch Jheronimus’ Heimatstadt ’s-Hertogenbosch. Fotoquelle: Neeltje van Gool, (Noordbrabants Museum)/pers@hnbm.nl

Der Herr über Monster & Ungetüme als Bürger: Jheronimus Bosch (1450–1516) wird in seiner Heimatstadt groß gefeiert.

Die Brabanter Hauptstadt 's-Hertogenbosch um 1500. Es ging hoch her, zum Trübsalblasen blieb keine Zeit. Selbst als die Stadt einmal bis auf die Grundmauern niederbrannte, was den kleinen Jheronimus tief prägte, wurde bald wieder umso ausgelassener gefeiert.

Auf den Straßen und auf dem Marktplatz wimmelte es von Skeletten und Gespenstern, Karneval in Dauerschleife, schwarze Magie, Maskeraden, Ledernasen unter Papphelmen, goldene Gewänder; die Kirchen veranstalteten Mysterienspiele, den Zünften stand der Sinn nach Komödien.

Mittendrin der Maler Jheronimus, der das alles in sich aufsog und auch mitgestaltete. Viele Aufträge für Bühnenbilder und Verkleidungen gingen an sein Atelier. Jheronimus, den alle Joen riefen, war ein berühmter Mann.

Auf seinen Rechnungen, die er u. a. Philipp dem Schönen, Herzog von Burgund, zukommen ließ (der die Frauen liebte und Joens Bilder), unterzeichnete er mit "Jheronimus van Aken".

Namen der Heimatstadt als Markenzeichen

Für die Welt draußen aber war er "Bosch", nichts weiter. Den Namen seiner Heimatstadt hatte er zum Markenzeichen gemacht. Ein Schriftstück aus dem Jahr 1510 vermerkt: Jheronimus van Aken, Maler oder Zeichner, der sich selbst Jheronimus Bosch schreibt.

Später wurde angefügt: seer vermaerd scilder, sehr berühmter Maler. Diesem berühmten Sohn der Stadt widmet 's-Hertogenbosch im 500. Jahr seines Todes (er starb am 9. August) eine Ausstellung und ein Vergnügungsprogramm, das zumindest entfernt an die wilden Zeiten um 1500 gemahnen soll (s. Kasten).

Auf seinen Bildern ließ Bosch Städte entstehen, die inmitten der Weiden- und Windmühlenlandschaft um 1500 wie Science- Fiction anmuten – und diese Wirkung auch heute noch erzielen. Er malte Jungfrauen, die auf Fischen reiten, Jünglinge, die von Ratten gebissen werden, schuf Monstren für noch ungedrehte Horrorfilme, verwendete Suppenteller als Heiligenschein und war von den Todsünden, besonders der Geilheit, in einem Maße fasziniert, die heute im öffentlich-rechtlichen Fernsehen undenkbar wäre.

Seine Zeit liebte ihn dafür. Besonders Philipp II. von Spanien, der Schöpfer der Inquisition, schätzte den Maler Bosch, der, als in Italien die Renaissance schon in Blüte stand, dem tiefen Mittelalter verhaftet scheint.

Ein Gigant der Moderne

Auf der anderen Seite sind seine wimmeligen Zeitszenen und Albtraumsequenzen derart kühn komponiert, dass er im 20. Jahrhundert ein Gigant der Moderne hätte werden können und wohl einfach nur Glück hatte, nicht auf dem Scheiterhaufen zu enden.

Kaum zu glauben, aber seine berühmten großenTriptychen – Jüngstes Gericht, Garten der Lüste, Heuwagen –, so nacktleibig und lustfreudig, wie sie sind, schmückten einst Altäre, zumindest eine Zeitlang. Bosch zu betrachten, bedeutet, in mittelalterliche Religiosität und fremdes Denken einzutauchen.

Seltsam indes, dass uns seine Formensprache so vertraut erscheint.

Von vertrauter Posterqualität ist auch Boschs "Der verlorene Sohn" (auch "Hausierer" oder "Landstreicher"). Ein Meisterwerk der Abstufungen von Grau und Braun, eine Studie der Melancholie: Ein nicht eben auf Rosen gebetteter Wandersmann räumt mit abgeknicktem Körper das Feld.

Das schäbige Freudenhaus in seinem Rücken übt nach wie vor Reiz auf ihn aus, doch als einer, der nicht bezahlen kann, muss er wie ein Verstoßener davon. Der arme Sünder ist der Sünde nicht mehr wert. So dachte (und malte) Jheronimus Bosch.

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