29.09.2025 Interview

Thomas Hohler: „Ein Happy Place meiner Kindheit“

Im Dezember 2021 feiert das herzerwärmende Stück „Mrs. Doubtfire“ am New Yorker Broadway seine umjubelte Premiere, im Mai 2023 folgt die nächste am berühmten Londoner West End. Thomas Hohler spielt in der deutschen Fassung des Musicals die Titelrolle. Mit prisma sprach er über die Produktion im Capitol Theater Düsseldorf und seine Liebe zum Film mit Robin Williams.
Eine Frau steht auf der Bühne.
Die Deutschlandpremiere des Musicals „Mrs. Doubtfire“ findet am 6. November im Capitol Theater Düsseldorf statt. Fotoquelle: Johann Persson

Was verbindet dich persönlich mit Mrs. Doubtfire?
Thomas Hohler: Der erste Gedanke ist natürlich an den Film aus meiner Kindheit. Ich war damals acht Jahre alt, als ich mit ihm das erste Mal in Berührung gekommen bin und habe ihn in meiner Kinder- und Jugendzeit öfter gesehen. Ich bin ein Fan erster Stunde. „Mrs. Doubtfire“ weckt sehr wohlige Kindheitserinnerungen und ist so etwas wie ein Happy Place von damals.

Was macht für dich die Faszination aus?
Heute ist das ein ganz anderer Standpunkt als damals. Heute bin ich selbst Vater einer kleinen Tochter und stehe gemeinsam mit meiner Frau als „working family“ mitten im Leben. Da fliegt einem manchmal so alles um die Ohren, was das Leben so zu bieten hat. Im Zuge de Vorbereitung habe ich den Film natürlich wieder geguckt und war überrascht, wie viele anderen Perspektiven da für Erwachsene und Familien in der Geschichte drinstecken. Das fand ich bemerkenswert. Aber auch, wie berührend ich das alles wieder fand. Der Film drückt bei mir Knöpfe – ich habe drei Szenen geguckt und hatte wieder Tränen in den Augen, so berührend finde ich diese Geschichte.

Wenn du den Film selbst so berührend findest und dann in diese Rolle schlüpfst – ist das eine besondere Herausforderung?
Ja. Ich glaube, nicht nur wegen des Films und meines Bezugs dazu. Diese Rolle ist die größte Herausforderung, die ich mir je als Musicaldarsteller in meinem Leben hätte vorstellen können. Das muss ich wirklich so sagen. Das ist kein Werbespruch (lacht). Im Zuge des Castings habe ich die Show in London gesehen und dachte: Ob ich das wirklich haben will? Da hatte ich ziemlich Ehrfurcht. Das ist die umfangreichste Rolle, die ich je gesehen habe. Ich hätte nicht gedacht, dass einem Darsteller so etwas auf einer Bühne zugemutet werden kann – im positiven Sinne.

Inwiefern? Was muss man alles leisten können?
Das Spektrum deckt einfach alles ab, was man sich vorstellen kann und noch ein bisschen mehr. Wir wissen alle, dass man als Musicaldarsteller singen, tanzen, schauspielern und manchmal alle drei Sachen gleichzeitig machen muss. Aber hier kommt noch ein Tanz mit einem Staubsauger hinzu. Outfitwechsel auf der offenen Bühne in einer Szene – teilweise verwandelt sich Daniel in einer Szene vier- bis fünfmal. Ich mache eine Live-Loop-Station-Acappella-Beatbox-Performance. Ich muss in hohen Schuhen steppen. Die Liste ist sehr lang … Ich mache den Beruf als Musicaldarsteller fast schon 20 Jahre, aber ich war als Zuschauer selbst davon gefesselt und habe nur gedacht: Das macht ihr? Das funktioniert? Krass! Ich war selbst verzaubert, obwohl ich mich sonst schwertue, den professionellen Blick abzulegen.

Haben Sie Angst, an der Performance von Robin Williams gemessen zu werden?
Nein. Ich werde sicherlich von außen an der Performance gemessen werden, aber ich weiß selbst für mich, dass ich Robin Williams nicht erreichen kann. Er ist eine Ikone der Schauspiel-Comedys geworden und eine Ikone der Kinderfilme, die auch Erwachsene toll finden. Aber es geht auch nicht darum, dass zu toppen oder zu kopieren, sondern dem gerecht zu werden. Ich denke, Robin Williams ging es in seiner Arbeit um ganz bestimmte Dinge. Und das finde ich ist die Herausforderung an der Musical-Performance: Sie legt den Fokus auf genau die richtigen Dinge. Es geht in dem Film um Liebe und dass Familien auch in schwierigen Situationen weiterfunktionieren. Dass ein Fokus auf den Kindern liegt. Diese Botschaft transportiert das Musical genauso. Meine Aufgabe ist es – so sehe ich das – weiterzuführen, was Robin Williams und der Film erzählen wollten. Und was der Regisseur des Stücks – Jerry Zaks – mit dem Musical erzählen will.

Was ist der größte Unterschied zwischen Film und Musical?
Natürlich die Musik, im Film wird nicht gesungen. Und das Musical hat ein paar mehr Shownummern. Es gibt ein Tanzensemble, da drehen sich Bühnenbilder. Eben der ganze Zauber, den ein Theater schaffen kann und den ein Film als Mittel so nicht hat. Dafür kann ein Film manchmal etwas langsamer erzählen und genauer hinschauen. Aber ich war wirklich überrascht, wie handwerklich gutes Theater da gemacht wird. Von der Schauspiel-Comedy, die dieses Stück hat, da kann sich manches Sprechtheater eine Scheibe von abschneiden.

Du hattest eben schon den Regisseur Jerry Zaks erwähnt. Freust du dich, für ihn arbeiten zu dürfen?
Ja total, ich bin hin und weg! Das ist ein Name, den man vielleicht in Deutschland nicht unbedingt so kennt. Das ist auch ok. Sein berühmtester Film ist wohl „Marvins Töchter“ mit Meryl Streep und Leonardo DiCaprio. Jemand, der mit solchen Leuten gearbeitet hat, ist ein Größe. Er ist ein berühmter, bekannter und erfolgreicher Broadway-Regisseur. Er war bei den Tony-Awards schon achtmal nominiert und hat vier davon gewonnen. Er hat mit Hugh Jackman gearbeitet … Dieser Mensch hat mich gecastet! Beim Casting war er aus den USA zugeschaltet und hat mir die Ehre zugewiesen, dass ich die Rolle spielen darf. Das ist sensationell.

Es klingt so, als würdest du dich mega auf diese Rolle freuen. Von Nervosität keine Spur?
Ich bin sehr nervös. Ich habe noch nie so früh begonnen, mich auf eine Rolle vorzubereiten. Ich habe großen Respekt. Das ist die größte Herausforderung, die ich in meinem Leben je vor der Brust hatte.

Dabei hast du eine beeindruckende Biografie. Du hast schon sehr viele verschiedene Rollen gespielt – vom Griechen Dimitri in „Der Schuh des Manitu“ bis hin zu einem ganz anderen Dimitri in „Anastasia“. Wie schaffst du es, so unterschiedliche Charaktere mit Leben zu füllen?
Das soll jetzt überhaupt nicht vermessen klingen, aber ich glaube, das ist auch der Grund, wieso ich die Rolle als Mrs. Doubtfire jetzt auch bekommen habe: Weil ich genau suche, was eine Rolle erzählen und was beim Publikum ankommen soll. Das ist manchmal viel wichtiger als das, was ich eigentlich an Fähigkeiten mitbringe. Im Musiktheater erzählen wir Geschichten. Ich bin nicht derjenige, der sich die Geschichte ausdenkt, sondern derjenige, der sie mit Leben füllt. Dafür muss mir als Darsteller die Emotion und der Kern der Geschichte sehr bewusst sein.

Hast du eine Lieblingsrolle bislang oder ist es immer die, die als nächstes kommt?
Eher das Zweite. Ich stürze mich immer sehr in die Aufgabe, die gerade ansteht und nehme jede Herausforderung gerne an. Ich durfte schon viele tolle Rollen spielen und habe sehr viel gelernt. Und gucke sehr stolz nach hinten, wenn ich meinen Lebenslauf so anschaue.

Das Capitol Theater Düsseldorf kennst du ja bereits, du hast dort im Hape Kerkeling-Musical „Kein Pardon“ mitgespielt. Wie fühlt sich die Rückkehr an?
Toll! Es weckt Erinnerungen. „Kein Pardon“ ist gut zwölf Jahre her. Aber in der Musical-Branche ist es ein wenig wie im Zirkusleben: Man kennt sich irgendwie hinter der Bühne s und hat schon mal miteinander gearbeitet. Was das angeht, ist es ein bisschen wie die Rückkehr zu etwas Vertrautem. Zum Thema Nachhausekommen: Düsseldorf ist nicht so weit weg von meinem Wohnort, dem Ruhrgebiet, wo ich mittlerweile mit meiner Familie wieder zu Hause bin. Für einen Berufsstand, der wie das fahrende Volk immer unterwegs ist, ist Düsseldorf ja fast schon wie Homeoffice (lacht).

Hast du einen persönlichen Lieblingsort in Düsseldorf?
Ich schaue, dass ich immer einmal auf den Rhein gucken darf. Da spaziere ich sehr gerne. Ansonsten finde ich auch die Immermannstraße toll, wo man einfach richtig gut Ramen essen kann.

Abschließend noch eine Frage: Für wen ist das Stück geeignet?
Für jeden (lacht). Nein, ich glaube wirklich, dass es – aus Zuschauersicht – eins der besten Familien-Musicals seit Langem ist. Die Kinder finden es witzig, wenn Daniel sich als Kindermädchen verkleidet. Die Show hat eine Comedy-Dichte, wie ich sie selten erlebt habe. Im Sekundentakt muss man da einfach lachen. Auch die Kinder. Gleichzeitig wird vermittelt, dass immer die Liebe im Mittelpunkt steht. Egal, wie eine Familie gebaut sein mag, es gibt immer jemanden, der auf die Kinder aufpasst. Diese Botschaft ist für Kinder toll. Und für Erwachsene? Da wird einfach das richtige Leben erzählt. Ohne rosarote Brille. Wir alle haben Stress in unserem Leben, gerade die von uns, die Kinder haben. Alle werden abgeholt und man fühlt sich verstanden. Das Leben ist schwierig, aber es gibt trotzdem viele schöne Momente. Und die stellt das Musical in den Vordergrund.

Die Deutschlandpremiere des Musicals „Mrs. Doubtfire“ findet am 6. November im Capitol Theater Düsseldorf statt. Hier geht's zu den Tickets!