"Changes"

Justin Bieber mit neuem Album – der Name ist Programm

von Elisa Eberle

Nach dem rasanten Aufstieg folgte der Absturz in die Welt Skandale. Nun ist der Sänger zurück: Mit dem neuen Album "Changes" sollen die Menschen einen anderen Justin Bieber kennenlernen.

Vier Studioalben, drei Welttourneen, zwei Autobiografien: Wer an Justin Bieber denkt, sieht oft noch den milchgesichtigen Teenager mit Wuschelkopf vor sich, der weltweit Mädchenherzen zum Schmelzen bringt. Doch dieser süße, unscheinbare kleine Junge ist der 25-Jährige schon lange nicht mehr. Justin Bieber, inzwischen von Kopf bis Fuß tätowiert, ist ein ausgewachsener Pop-Superstar – zumindest wird er so vermarktet. In den vergangenen Jahren machte der kanadische Sänger jedoch nicht mit Musik, sondern vor allem mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam: Drogen, illegaler Tierbesitz, Arroganz-Auftritte und abgebrochene Konzerte: Bieber wurde zum "Bad Boy" der Popmusik. Nun ist Justin Bieber mit einem neuen Image zurück. "Changes" (erhältlich ab 14. Februar) ist sein erstes Album seit fünf Jahren. Zu diesem Anlass ist seit dem 27. Januar die zehnteilige Dokumentation "Leaving the Spotlights – Justin Bieber: Seasons" bei YouTube zu sehen, in der Bieber sich von einer neuen, einer verletzlichen Seite zeigt. Ist der einstige Kinderstar das Opfer seines frühen Erfolgs? Und ist er jetzt ein besserer Mensch?

Tatsächlich ist "Changes" ("Veränderungen") ein passender Titel, nicht nur für das neue Album, sondern für das Leben des Sängers ganz allgemein. Geboren 1994, wuchs Justin Drew Bieber in einfachen Verhältnissen bei seiner Mutter Patricia Lynn Mallette in dem kanadischen Städtchen Stratford auf. Seine Eltern hatten sich kurz nach seiner Geburt getrennt. Schon früh entdeckte Justin seine Liebe zur Musik, die ihm geholfen habe, vielem zu entfliehen, wie der heutige Weltstar in der ersten Folge der YouTube-Doku erklärt. Als Kind trat der gläubige Christ in Kirchen und bei Talentwettbewerben auf, später sammelte er Erfahrung als Straßenmusiker.

Justin Bieber kommt mit dem Leben als Kindestar nicht klar

Sämtliche Auftritte wurden von seiner stolzen Mutter gefilmt und auf YouTube hochgeladen. 2008 wurde der amerikanische Musikmanager Scooter Braun auf diese Clips aufmerksam. Er lud den schüchternen 13-Jährigen zu Demoaufnahmen nach Atlanta ein. Hier traf Bieber den R'n'B-Künstler Usher, der sein Mentor wurde. Von da an ging es Schlag auf Schlag: Bieber unterschrieb seinen ersten Plattenvertrag, 2009 landete er mit der Debütsingle "One Time" seinen ersten Hit, ein Jahr später folgte das erste Album "My World", das weltweit an die Spitze der Charts stürmte. 2009 trat Bieber bei einem Weihnachtskonzert vor dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama und seiner Frau Michelle im Weißen Haus auf. Im Juni 2010 startete Bieber seine erste Welttournee – mit 16 Jahren.

Justin Bieber spielte schon als Minderjähriger in der ersten Pop-Liga, aber wie sich zeigte, konnte er mit dem zunehmenden Erfolg nicht umgehen: Schon vor Beginn seiner Karriere hatte er Marihuana konsumiert, irgendwann kam dann die Partydroge Purple Drank hinzu, ein Gemisch aus verschreibungspflichtigem Hustensaft, Limonade und zerkrümelten Bonbons. In seiner YouTube-Dokumentation erklärt er rückblickend: "Ich habe das Zeug genommen, weil es vor mir herumbaumelte." Als Kinderstar sei er "wahnsinnigem Druck" und enormer Verantwortung ausgesetzt gewesen, obwohl in dem jungen Alter "Gehirn, Gefühle und Entscheidungsfähigkeit noch nicht entwickelt sind", schrieb er 2019 in einem Instagram-Post.

Dennoch, oder eben weil er selbst nicht die richtigen Entscheidungen treffen konnte, zog Justin Bieber seine Karriere weiter durch: Im Februar 2011 kam der teils biografische 3D-Kinofilm "Justin Bieber: Never Say Never" in Kanada und den USA in die Kinos, weitere Auftritte (zum Beispiel in "Zoolander 2" an der Seite von Ben Stiller) folgten. Nach dem Weihnachtsalbum "Under The Mistletoe", welches in Kanada und den USA auf Platz eins der Charts landete, erschien 2012 sein drittes Studioalbum "Believe" – ein Titel, der seinen christlichen Glauben weiter unterstreicht: "Mir geht es vor allem um das Festhalten am Glauben an mich selbst, an meine Träume und meine Fans. Aber auch um den Glauben an Gott, wie er mich auf meiner Reise stets begleitet. Aber das ist ja auch das Schöne an dem Titel: Jeder kann ihn auf die Weise interpretieren, die ihm am nächsten ist", erklärte Bieber seinerzeit in einem Interview mit der Nachrichtenagentur teleschau.

Krankheiten und Abstürze

Die Beliebers, so nennen sich Biebers Fans, folgten ihrem Star auch auf seine zweite Welttournee, die aber schon bald für negative Schlagzeilen sorgte: Im März 2013 brachte der Sänger bei seiner Einreise nach Deutschland das Kapuzineräffchen Mally mit. Er hatte es zu seinem 19. Geburtstag geschenkt bekommen, konnte allerdings keine Papiere vorweisen. Probleme mit dem Zoll, empörte Tierschützer und ein Bußgeld waren die Folge. Danach soll der Sänger bei einem Konzert in São Paulo vorzeitig die Bühne verlassen und anschließend sein Hotelzimmer verwüstet haben. 2014 wurde er infolge eines illegalen Autorennens kurzzeitig inhaftiert.

Im Juli 2017, fast zwei Jahre nach der Veröffentlichung seines vierten Albums "Purpose", kollabierte das System Bieber schließlich: Sämtliche weiteren Termine der Tour, die über 200 Millionen US-Dollar einspielte, wurden aufgrund "unvorhergesehener Umstände" abgesagt. Was damals wirklich los war, erfuhren die Beliebers erst eineinhalb Jahre später. Anfang 2019 verkündete der Superstar, dass er an Depressionen leide und deshalb eine künstlerische Pause eingelegt habe: "Der bloße Gedanke an Musik stresst mich", gestand er damals in einem Interview mit dem Magazin "Vogue". Wenig später wurde zudem seine Erkrankung an Lyme-Borreliose publik, einer von Zecken übertragenen Infektionskrankheit.

Wie schlimm es Justin Bieber in den letzten Jahren wirklich erging, davon zeugt auch die YouTube-Doku "Leaving The Spotlights", in der sich der Star überraschend still und nachdenklich präsentiert, aber auch als liebevoller Ehemann. Seit Anfang 2018 ist Bieber mit dem Model Hailey Baldwin (Tochter von Stephen Baldwin) verheiratet – es war eine kleine, "heimliche" Zeremonie. "Sie ist die Einzige, die mit mir klarkommt", sagt Bieber. Diese Stabilität habe er sich schon immer gewünscht, gesteht er weiter. Auch seine Managerin Allison Kaye gibt an, dass er dank Hailey viel glücklicher als vor fünf Jahren wirke. Hailey habe ihn während des gesamten Entstehungsprozesses des neuen Albums unterstützt, stets ihre Meinung zu den Songs geäußert und ihn oft im Studio begleitet, heißt es in einem Artikel des "Billboard"-Magazins.

Kein Wunder also, dass (laut Biebers eigener Aussage) alle Titel auf "Changes" von Hailey handeln. Drei Vorboten gab es schon vorab im Netz: Neben den Songs "Yummy" und "Get Me", die beide bereits im Januar online gingen, veröffentlichte Bieber kürzlich das Stück "Intentions". Das dazugehörige Video suggeriert eine Bodenständigkeit, wie man sie bisher bei Bieber nicht kannte: In dem sechsminütigen Clip besucht der Sänger augenscheinlich odachlose und hilfebedürftige Frauen. Einer von ihnen schenkt er sogar ein Auto. Selbst, wenn dies nur eine clevere Vermarktungsstrategie sein sollte: Natürlich sammelt Bieber so einige Sympathiepunkte. Und vielleicht, so kann man es ihm nur wünschen, hat er seine düstersten Tage tatsächlich hinter sich.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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