Plötzlicher Tod

Deutscher YouTube-Star "Gewitter im Kopf" stirbt mit 27: Jan Zimmermann brach das Tabu-Thema Tourette-Syndrom

26.11.2025, 12.55 Uhr
Die Nachricht traf viele Menschen unvermittelt tief: Jan Zimmermann, der benannte YouTube-Star hinter „Gewitter im Kopf“, ist im Alter von nur 27 Jahren gestorben.

Am 18. November 2025 wurde er leblos in seiner Wohnung in Königswinter aufgefunden. Die Polizei Bonn bestätigte, dass es keine Hinweise auf ein Fremdverschulden gibt. Seine Familie gab später bekannt, dass Jan sehr plötzlich und unerwartet an einem epileptischen Anfall verstorben sei. Ein Schicksalsschlag, der Angehörige wie Fans gleichermaßen erschüttert, nicht zuletzt, weil ihnen – so die Familie – „die Möglichkeit genommen worden sei, selbst über den Tod zu informieren.“ Jans Tod reißt eine Lücke in die deutsche Internetlandschaft. Er nimmt Millionen Menschen einen jungen Mann, der ihnen etwas gegeben hat, das selten geworden ist: Mut, Leichtigkeit und ein ehrliches Lachen, selbst angesichts einer schwer erklärbaren Erkrankung.

Ein Leben, das ein Tabu sichtbar machte

Jan Zimmermann lebte mit dem Tourette-Syndrom, einer neurologischen Erkrankung, die sich in unwillkürlichen Bewegungen und Lautäußerungen, sogenannten Tics, äußert. Doch anstatt sich zurückzuziehen oder zu verstecken, tat er das Gegenteil. Er stellte sich vor die Kamera – ungefiltert, unverstellt, mit Mut und Humor. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Tim Lehmann (26) gründete er 2019 den YouTube-Kanal „Gewitter im Kopf“. Was zunächst ein Experiment war, entwickelte sich zu einem der bekanntesten deutschen Social-Media-Projekte zum Thema Tourette. Nahezu zwei Millionen Menschen folgten den beiden. Noch weit mehr kannten den Namen „Gisela“. So taufte Jan sein Tourette-Syndrom, als hätte er der Krankheit damit einen Platz in seinem Leben zugewiesen, statt ihr die Kontrolle zu überlassen. Die Videos waren unterhaltsam, aber nie zynisch. Lustig aber nie respektlos. Vielmehr erklärten sie und entstigmatisierten. Sie zeigten, wie der Alltag mit Tourette aussieht: beim Friseur, beim Autofahren, im Zoo, beim Zahnarzt. Und sie zeigten Jan: verletzlich, ehrlich und immer mit einer Herzenswärme, die man nicht erlernen kann.

Aufklärung, Humor und der Wunsch, verstanden zu werden

„Unser Ziel ist es, offen, humorvoll, aber auch sachlich darüber zu sprechen, um Tourette greifbarer zu machen.“ Das war das Credo des Duos. Und sie hielten Wort. Die Videos erzielten Millionen von Klicks. Das bekannteste, ein Vlog aus dem Kölner Zoo, verzeichnet über sechs Millionen Aufrufe und ist bis heute das meistgeklickte Video des Kanals. Wichtiger als die Tics selbst, war, dass die Zuschauer vor allem den Menschen dahinter sahen. Jans Art, über seine Erkrankung zu sprechen, nahm vielen Betroffenen die Scham. Er zeigte, dass Tourette nicht bedeutet, „weniger Wert“ zu sein. Häufig bedeutet es, mehr Mut zu brauchen. Und genau diesen Mut hat Jan verkörpert.

Ein schwerer Weg und ein medizinischer Wendepunkt

Jans Lebensweg war kein leichter. Neben dem Tourette-Syndrom war er gezwungen, sich mit Epilepsie und ADHS zu arrangieren. Seine Tics wurden stärker, als er 18 wurde. Ihretwegen musste er seine Ausbildung zum Physiotherapeuten aufgeben. Später begann er eine Ausbildung in der Justizverwaltung. 2022 wagte er mit einer OP, bei der ihm ein Hirnschrittmacher eingesetzt wurde, einen großen Schritt. Diese Methode sollte die Tics deutlich reduzieren. Der Eingriff gelang. In einem Video nach der Operation demonstrierte Jan, wie sich seine Symptome veränderten, sobald der Schrittmacher ein- und ausgeschaltet wurde. Für viele war dies ein Moment zwischen Hoffnung und Gänsehaut. Nach einer längeren Pause meldete sich das Duo 2025 zurück – mit neuem Fokus, neuen Themen und einem neuen Kapitel.

Ein plötzlicher Abschied mit Worten, die bleiben

Inmitten dieser Rückkehr, mitten im Leben, mitten in neuen Plänen, starb Jan Zimmermann. Der letzte Post auf dem offiziellen Instagram-Account beschreibt es in einfachen, aber unendlich schweren Worten: „Für immer geliebt, für immer unvergessen, wir lassen dich gehen, aber niemals los.“ Die Familie bedankt sich für die Anteilnahme, bittet jedoch darum, ihre Trauer zu respektieren. Viele Fans haben darunter kommentiert, mit Erinnerungen, Dankbarkeit, Schock und Ergriffenheit.

Ein Vermächtnis, das größer ist als ein YouTube-Kanal

Jan Zimmermann hat mehr getan, als nur Videos hochzuladen. Er hat einer Erkrankung ein Gesicht gegeben, Unsicherheit einen Namen, und vielen Menschen ein Stück Offenheit ermöglicht. Seine Stimme war lauter als jeder Tic, sein Lachen stärker als jede Hürde. Seine Art zu erklären öffnete Türen, die vorher verschlossen waren – in den Köpfen und in den Herzen. Es ist das Paradoxon tragischer Abschiede: Jemand geht, aber das Licht, das er hinterlässt, bleibt. Jan hat Millionen berührt, vielleicht sogar verändert. Er zeigte, dass man auch an schweren Tagen liebevoll und offen durchs Leben gehen kann - ein Satz, den seine Familie so formulierte, als würde er selbst ihn gesagt haben.

Ein Mensch, der Mut machte, ohne diesen aufzudrängen

Jan Zimmermann war nicht perfekt. Er war nicht fehlerlos. Er war ehrlich, nahbar, verletzlich, mutig und zutiefst menschlich. Ein einer Welt, in der Krankheiten oft Schweigen hervorrufen, entschied er sich zu sprechen. All jenen, die oft schnelle Urteile fällen, entgegnete er mit überzeugenden Erklärungen, denen man sich nicht verschließen konnte. In einer Gesellschaft, die viel zu oft die perfekte Hochglanzversion eines Individuums zeigt, zeigte er sich selbst. Dies sind Gründe, warum Jan bleiben wird.

Ein stilles Ende aber ein dauerhaftes Echo

Der Tod eines jungen Menschen ist immer ein Schock. Der Tod eines Menschen, der so vielen Hoffnung und Humor schenkte, fühlt sich doppelt schwer an. Aber Jan Zimmermann hat ein Vermächtnis hinterlassen, das niemand nehmen kann. Er hat ein Tabu gebrochen, indem er es mit einem Lächeln erklärte. Dieses Lächeln lebt in über 500 Videos, in Millionen Herzen und in jedem Menschen weiter, der durch ihn lernte Tourette mit anderen Augen zu sehen.

Das könnte dich auch interessieren