Musikerin im Interview

Floor Jansen: Die anderen "Tauschkonzert"-Teilnehmer kannte sie gar nicht

23.04.2022, 14.38 Uhr
von Elisa Eberle

Floor Jansen, Frontfrau der Metal-Band Nightwish, möchte dem Genre neue Aufmerksamkeit schenken. Da kam die Teilnahme bei "Sing meinen Song" gerade recht, wie sie im Interview erzählt.

Sie ist ein Weltstar in der Metal-Szene, doch in der breiten Masse kennt sie kaum ein Mensch: Seit 2013 tourt Floor Jansen als Frontfrau der finnischen Symphonic-Metal-Band Nightwish durch Welt. Doch auch als Solo-Künstlerin kann die 41-jährige Niederländerin Erfolge verzeichnen: 2019 nahm sie an der niederländischen Musiksendung "De beste zangers van Nederland" teil. Es folgte eine erste nationale Solo-Tour sowie die Debütsingle "Fire", die seit wenigen Wochen erhältlich ist.

Am Dienstag, 26. April, wird Floor Jansen auf dem Sofa von "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert" (acht Folgen, wöchentlich, 20.15 Uhr, VOX) Platz nehmen. Unter Leitung des Gastgebers Johannes Oerding wird sie sich in einen musikalischen Austausch mit den Sängerinnen ELIF und LOTTE sowie den Musikern Kelvin Jones, Clueso und dem Musik-Duo SDP begeben. Pro Folge werden dabei Songs von einem der teilnehmenden Musik-Stars gecovert. Im Interview spricht Floor Jansen über ihre Beweggründe an der Teilnahme, über die Vorurteile des Metal-Genres und darüber, wie es war, binnen weniger Monate Deutsch zu lernen.

prisma: Vor drei Jahren nahmen Sie bereits an "De beste zangers van Nederland", der niederländischen Version von "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert", teil. Warum machen Sie nun erneut und dann auch noch in Deutschland mit?

Floor Jansen: Es ist einfach eine tolle Herausforderung: Obwohl ich seit 20 Jahren Musik mache, kannten mich viele Menschen in den Niederlanden nicht. In Deutschland ist das ähnlich: Ich spiele große Shows mit Nightwish, aber wir machen eben keine kommerzielle Popmusik. Insofern war es eine tolle Chance, mich vorzustellen. Hinzukommt, dass ich das Konzept von "Sing meinen Song" einfach liebe: Es ist super, andere Songs im eigenen Stil umzuschreiben.

prisma: Wie unterscheidet sich die niederländische von der deutschen Sendung?

Jansen: In den Niederlanden nehmen die Musikerinnen und Musiker nicht nur mit ihren selbstgeschriebenen Songs teil: In meiner Staffel war zum Beispiel der Opernsänger Henk Poort dabei, der natürlich keine eigenen Songs schreibt, sondern die Werke anderer Komponisten interpretiert. Die YouTube-Sängerin Emma Heesters wiederum singt ausschließlich Coverversionen, sodass auch ich mein eigenes Cover zu "Shallow" von Lady Gaga und Bradley Cooper singen musste. Auch ich sollte nicht nur meine eigenen Songs zur Verfügung zu stellen, sondern auch welche, die mich im Laufe meiner Karriere inspiriert haben. Nach meiner 20-jährigen Musikkarriere hätte ich das natürlich eigentlich gar nicht nötig, andere Musik einzubinden, allerdings hörte ich von den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern oft, dass meine eigenen Songs zu schwierig seien. Insofern ist es besonders schön, dass diese Möglichkeit in Deutschland gar nicht existiert: Hier geht es nur um mich und meine eigene Musik.

prisma: Wenn Sie auf das Werk der anderen teilnehmenden Musikerinnen und Musiker zurückblicken: Welches bereitete Ihnen die meisten Schwierigkeiten?

Jansen: Das größte Problem war die Sprache. Es ging nicht nur darum, die Texte gut zu singen, sondern ich musste auch die erzählte Geschichte verstehen. Die Songs ein bisschen heavier zu vertonen, war, dank der Band, die bei "Sing meinen Song" dabei ist, hingegen gar nicht so schwer. Allerdings hat es eine Zeit lang gedauert, bis ich meinen eigenen Stil gefunden hatte, da es sich bei den Songs ausschließlich um Popsongs handelte. Mittlerweile liebe ich aber alle Songs, die ich in der Show singen durfte.

prisma: Konnten Sie schon vor Beginn der Sendung Deutsch sprechen, oder lernten Sie es erst für die Sendung?

Jansen: Als ich 16 Jahre alt war, hatte ich ein Jahr lang Deutschunterricht in der Schule. Aber da ich inzwischen 41 Jahre alt bin, ist das natürlich viel zu lange her, um mich wirklich daran erinnern zu können. (lacht) Natürlich spielte ich viele Konzerte in Deutschland. Ich habe hier selbst auch drei Alben produziert. Aber selbst das liegt schon lange zurück. Ich kann Deutsch verstehen und lesen, aber das Sprechen fiel mir lange Zeit schwer. Als sie mich fragten, ob ich bei "Sing meinen Song" mitmachen möchte und ob ich Deutsch sprechen kann, beantwortete ich beide Fragen sofort mit "Ja". Erst im Nachhinein fiel mir dann ein: "Sch****, ich kann gar kein Deutsch!" Ich wohne in Schweden und lerne seit fünf, sechs Jahren Schwedisch. Im Moment spreche ich sogar häufiger Schwedisch als Niederländisch oder Englisch. Deswegen musste ich mich für "Sing meinen Song" wirklich anstrengen, um innerhalb weniger Monate Deutsch zu lernen. Als wir dann in Südafrika waren, hörte und sprach ich sehr viel Deutsch, sodass es jeden Tag ein bisschen besser wurde.

prisma: Nach Jennifer Haben von Beyond the Black sind Sie erst die zweite Metal-Künstlerin, die bei "Sing meinen Song" auftritt. Warum wird das Genre von der breiten Masse so häufig ignoriert?

Jansen: (seufzt) Das ist eine gute Frage, die ich mir auch in den Niederlanden immer wieder stellte: Warum ist Metal immer etwas Unkommerzielles und Unpopuläres? Ich kann verstehen, dass die Musik vieler Metal-Bands nicht gerade massentauglich ist. Aber eine Band wie Nightwish hat sehr viel Musik, die auch für das breite Publikum funktionieren würde. Wenn manche Leute das Wort "Metal" nur hören, sagen sie gleich: "Nein, ich möchte das nicht! Das ist mir zu viel. Das sind immer böse Typen mit langen Haaren, die schreien." In Deutschland ist es zwar besser, aber auch nicht normal. Insofern finde ich es wirklich krass, dass "Sing meinen Song" Metal wirklich haben will, und dass die Band Songs von Clueso oder Johannes Oerding auch heavy machte. Das ist einfach großartig, denn dadurch bekommt das Publikum die Chance, neue Musik kennenzulernen.

prisma: Kannten Sie die Musik der anderen vor der Sendung?

Jansen: Nein. Das war eine ganz neue Erfahrung für mich: In der Vergangenheit war ich immer nur in der Metal-Welt präsent. Die deutsche Musikbranche war mir hingegen lange Zeit sehr fremd: Ich hatte keine Ahnung, wer Clueso, Johannes Oerding, ELIF, LOTTE, Kelvin Jones oder SDP sind. Insofern war es sehr spannend, ihre Songs kennenzulernen. Als ich dann gesehen habe, was sie teilweise schon erreicht hatten, dachte ich mir: "Wow, welch eine Ehre!" Deswegen war die Sendung eine schöne Einführung in eine neue Welt.

prisma: Welche niederländische Band hätte in Deutschland mehr Aufmerksamkeit verdient?

Jansen: Oh, da gibt es sicher viele. Ich lebe seit sechs Jahren in Schweden und habe mich lange nicht mehr mit niederländischer Musik beschäftigt. Es gibt aber durchaus einige niederländischen Bands, die auch viel in Deutschland auftreten: Niederländischer Metal ist sehr groß in Deutschland, aber Popmusik ist immer schwierig, die schafft es selten über die Landesgrenzen hinweg erfolgreich zu sein.

prisma: Sie sagten, Sie wohnen in Schweden, Ihre Band hingegen ist in Finnland. Wie konnten Sie trotz der Reisebeschränkungen in den vergangenen zwei Jahren Kontakt halten?

Jansen: Wir hatten fast gar keinen Kontakt. Wir sprachen nicht miteinander. Naja, ich bin anders. Ich bin eine Frau und ich bin Niederländerin, deswegen dachte ich mir: Okay! Dann fokussierte ich mich auf meine Solo-Karriere. Ich machte viel Social Media und schrieb neue Musik. Mit Nightwish organisierten wir eine virtuelle Show, bei der wir uns per Green Screen in eine Fantasy-Welt versetzen ließen. Das war wunderbar, aber dauerte nur wenige Tage. Umso mehr freue ich mich, langsam wieder anzufangen und meine finnischen Brüder wieder mehr zu sehen.

prisma: Was sagt Ihre fünfjährige Tochter Freja zu Ihrer Musik?

Jansen: Sie hat noch wenig Verständnis von Musik. Wie jedes andere Kind mag sie vor allem Kinderlieder. Aber ich glaube, dass sie meine Stimme mag. Es gibt einen Nightwish-Song namens "Élan", der sehr eingängig ist. Den singe ich ihr jeden Abend als Schlaflied vor. (lacht) Das freut mich wirklich sehr.

prisma: Letzte Frage: In den Niederlanden mündete Ihre Teilnahme an "De beste zangers van Nederland" in eine Solotour. Könnten Sie sich dergleichen auch für Deutschland vorstellen? Immerhin veröffentlichten Sie kürzlich Ihre erste Solo-Single "Fire" ...

Jansen: Das hoffe ich wirklich sehr! In den vergangenen zwei Jahren musste Nightwish die komplette Welttournee absagen. Diese holen wir 2022 nach. Aber für das Jahr 2023 hoffe ich sehr, als Solokünstlerin in Deutschland auftreten zu können. Ich möchte neue Songs veröffentlichen und hoffentlich sogar ein ganzes Solo-Album.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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