Beachvolleyballerin Karla Borger

"Es ist Olympia, fiebert mit uns mit!"

19.07.2021, 07.42 Uhr
Karla Borger (links) und ihre Partnerin Julia Sude.
Karla Borger (links) und ihre Partnerin Julia Sude.  Fotoquelle: Imago images / Beautiful Sports

Wie ein sportliches Großereignis auch in Corona-Zeiten ablaufen kann, haben die Sport-Fans gerade bei der Fußball-Europameisterschaft sehen können. Nun heißt es: Nach der EM ist vor den Olympischen Spielen! Tokio wartet auf die Sportler dieser Welt. prisma hat die Beach-Volleyballerin Karla Borger zu ihren Erwartungen an Tokio befragt.

Die Spiele mussten wegen der Corona-Pandemie verschoben werden, in Japan sind sie alles andere als unumstritten. Wie groß ist trotzdem die Vorfreude?

Karla Borger: Im Endeffekt werden wir nach den Spielen sehen, ob das eine gute Idee war, die Spiele stattfinden zu lassen. Mir tut es unheimlich leid für die japanische Bevölkerung. Sie haben sich Jahre lang so sehr darauf gefreut, unendlich viele Helfer haben sich aufstellen lassen, das Land war bereit und voller Vorfreude. Das war vor der Pandemie. Ich versuche, mich komplett nur auf das Sportliche zu konzentrieren, werde mich an alle Regeln halten und mich 48 Stunden nach Beendigung unseres Wettkampfs wieder nach Hause begeben.

Was erwarten Sie für eine Stimmung im Olympischen Dorf? Auch dort gibt es vermutlich viele Regeln zu beachten?

Wir werden vor Abflug in Deutschland schon mehrfach getestet, nach Ankunft in Tokio wird ständig unsere Temperatur überwacht und wir durchlaufen auch dort sehr viele Tests. Da wir in diesem Jahr schon ein paar Turniere hatten, kennen wir die Abläufe: Abstand halten, Maske, kein Händeschütteln des Gegners. So sind wir ganz gut darauf vorbereitet, denke ich. Ich bin selber gespannt, wie es dann vor Ort, besonders im olympischen Dorf, funktionieren wird.

Galt das Motto "Dabei sein ist alles" noch nie so wenig wie diesmal?

Dazu besitze ich zu viel Ehrgeiz, für mich gab es nie dieses Motto. Wenn ich an einem Wettkampf teilnehme, dann möchte ich dort auch gewinnen.

Sie haben zu Beginn des Jahres mal von "anplanen" gesprochen, weil lange unklar war, welche Vorbereitungswettkämpfe stattfinden und ob die Spiele wirklich über die Bühne gehen. Wie schwierig war es diesmal, sich auf Olympia vorzubereiten?

Der große Vorteil bei dieser Vorbereitung auf die Spiele war es, dass wir durch die Verschiebung ein Jahr länger Zeit hatten, uns darauf vorzubereiten. Wir haben unser Training ein 3/4 Jahr einzig und allein auf Tokio ausgerichtet. Somit war die rein sportliche Vorbereitung einfacher als jemals zu vor. Die größte Herausforderung habe ich im organisatorischen Bereich erlebt. Das "Anplanen" etablierte sich in unserem Sprachgebrauch. Wir haben ein Trainingslager, ein Turnier oder auch selbst das Training manchmal geplant, um es am Ende dann doch ganz anders durchzuführen. Jede Woche war irgendwie spannend und wir wussten nicht genau, wird es funktionieren oder nicht.

Welches sportliche Ziel haben Sie sich für das olympische Beachvolleyball-Turnier gesetzt?

In meinen Augen ist das olympische Turnier immer ein ganz besonderes mit seinen eigenen "Regeln", so wie im Pokal beim Fußball. Das macht es unheimlich spannend, einzigartig und darin sehe ich auch unsere Chance. Ich weiß, wir können alle Teams schlagen, und es geht darum, an den Tagen das abzurufen, was wir trainiert haben. Das werde ich in jedem Spiel versuchen.

Warum lohnt es sich für die Zuschauer, auch nachts oder am frühen Morgen einzuschalten?

Endlich gibt es wieder eine Bühne für alle Sportarten, die es sonst nicht so ins TV schaffen. Aus eigener Erfahrung kann ich Euch sagen, dass es unheimlich Spaß macht, alle Sportarten zu schauen! Es werden tolle Geschichten von uns Athleten entstehen, es wird Tränen geben vor Freude und auch vor Enttäuschung. Die ganze emotionale Palette hoch und runter. Es ist Olympia, fiebert mit uns mit, wir werden unser Bestes geben.

Wenn Sie an vergangene Spiele zurückdenken, gibt es einen Olympia-Moment, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

In Rio 2016 bin ich vor dem Beachvolleyball-Finalspiel der Frauen auf dem Weg ins Stadion zufällig den Schiedsrichtern für das Spiel in die Arme gelaufen. Diese Stimmung war unbeschreiblich, voller Vorfreude aufs Spiel. Sie waren so stolz, das Spiel pfeifen zu dürfen. Das war etwas ganz besonderes. Das einmal erleben zu können, wie sich die Schiedsrichter fühlen, war ganz toll. Wir umarmten uns alle und ich ging mit ihnen noch den Gang zusammen entlang bis kurz vor den Sand. Ein paar Wochen nach den Spielen verstarb leider einer aus dieser tollen Gruppe. Seine Frau erzählte uns, dass auch für ihn dieser Moment etwas ganz besonderes war. Noch heute kommen mir Tränen, wenn ich daran denke.

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