Doku bei ARTE

"Beruf Stuntwoman": Wenn es dein Job ist, zu sterben

28.06.2023, 07.59 Uhr
von Marina Birner

Es ist ihr Job zu kämpfen, sich überfahren zu lassen oder in Tiefen zu stürzen: Stuntfrauen. Die ARTE-Dokumentation zeigt unter anderem, wie geschlechtsspezifische Gewalt in Film und Fernsehen dargestellt und wahrgenommen wird.

ARTE
Beruf Stuntwoman
Dokumentation • 28.06.2023 • 22:50 Uhr

"Wir sollten uns für jedes Mal, wenn wir sterben, ein Kreuz tätowieren lassen", scherzt eine Ersatzdarstellerin. Das wären fürwahr viele Sitzungen – zumindest im Fall von Virginie. Sie ist eine der ersten französischen Stuntfrauen. Seit mehr als 25 Jahren stürzt sie sich aus mehreren Metern Höhe, lässt sich von gewalttätigen Männern verprügeln und von Autos überfahren. Alles für die Show. Um die Sensationslust des Publikums zu befriedigen, riskieren Frauen wie Virginie bei actionreichen Dreharbeiten ständig ihre Gesundheit und manchmal sogar ihr Leben.

ARTE zeigt erstmals die schlicht "Beruf Stuntwoman" betitelte Dokumentation, die exklusive Einblicke in eine Welt gewährt, die der Öffentlichkeit sonst verborgen bleibt. Regisseurin Elena Avdija skizziert, was sich im wahrsten Sinne des Wortes hinter den Kulissen abspielt. Zwischen Explosionen und Autounfällen geben Stuntfrauen alles, um kritische und dramatische Situationen so echt wie möglich erscheinen zu lassen. So auch Estelle und Petra.

Mit Leidenschaft für die Action

Letztere, eine gebürtige Schweizerin, lebt seit über 20 Jahren in Los Angeles und hat alles daran gesetzt, ihre Karriere als Stuntfrau voranzutreiben. Das hatte Folgen. Zahlreiche Verletzungen, eine Achillessehnenoperation und ein künstliches Hüftgelenk fordern ihren Tribut. Petra sieht sich gezwungen, ihren beruflichen Radius zu erweitern und nimmt Schauspielunterricht. Der Traum von Hollywood: ein Drahtseilakt.

Estelle hingegen will nicht so weit in die Zukunft denken. "Im Stuntgeschäft weiß man nicht, was in einem Monat ist", erklärt sie mit leuchtenden Augen. Sie ziehe diese berufliche "Achterbahnfahrt" einem ruhigen, vorhersehbaren Leben vor. Das klingt, als seien Stuntfrauen oft das, was man Adrenalinjunkies nennt ... Das klassische Lebensmodell ist eben nicht für jeden geeignet. Vor allem Mutter und Stuntfrau zu sein, scheint auf den ersten Blick schwer vereinbar. Schon während der Schwangerschaft kommt es zu langen Ausfallzeiten. Der Dokumentarfilm beleuchtet deshalb das Thema Mutterschaft im Besonderen.

Möglichkeit der Traumabewältigung

Was Virginie vor allem stört, ist indes die Darstellung der Frau im Allgemeinen im Film. Frauen seien häufiger in der Opferrolle als Männer, sagt sie. "Es gibt nicht viele Thriller, in denen Frauen Kampf- oder Actionszenen drehen, wie es die Männer tun", erklärt die erfahrene Stuntfrau.

Die Dokumentation begleitet drei Frauen beim Training, im Alltag und bei der Arbeit am Set. Darüber hinaus beleuchtet "Beruf Stuntwoman", wie geschlechtsspezifische Gewalt in Film und Fernsehen dargestellt und wahrgenommen wird. Es zeigt sich, dass dieser von Gewalt geprägte Beruf für so manche Frau eine Möglichkeit der Traumabewältigung darstellt. Widerspruch in sich oder konsequente Schmerztherapie?

Beruf Stuntwoman – Mi. 28.06. – ARTE: 22.50 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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