Von Österreich nach Hollywood

Schauspiel-Legende Klaus Maria Brandauer feiert 80. Geburtstag

27.06.2023, 11.30 Uhr
von Eric Leimann

Im Hollywood der 80-er Jahre war er der feinsinnigste aller Bösewichte: Klaus Maria Brandauer. Im richtigen Leben ist er Schauspielschulen-Abbrecher, Bühnengigant, früher Vater und ein sehr später. Nun feierte die Schauspiel-Legende seinen 80. Geburtstag. 

Zweimal hat der Autor dieses Porträts Klaus Maria Brandauer getroffen. Zum ersten Mal vor gut zehn Jahren, als Brandauer mit 69 Jahren einen in die Alzheimer-Demenz abgleitenden Mann im ORF/ARD-Film "Die Auslöschung" spielte. Damals, im Jahr 2013, eine der beeindruckendsten schauspielerischen Leistungen des Fernsehjahres. Auf die Frage, ob es sich leichter stirbt, wenn man das Leben davor voll ausgeschöpft hat, sagte Brandauer: "Es gibt kaum ein Theaterstück, kaum einen Film – von Romeo über Hamlet bis Oberst Redl – wo ich mich nicht umgebracht habe oder ermordet wurde. Im Theater geht nach meinem Tod der Vorhang auf und ich verneige mich. Bei der Uraufführung meines eigenen Todes – da bin ich mir sicher – wird dies nicht passieren. Hoffentlich werden sich ein paar andere verneigen. Ich glaube nicht, dass man den Tod so glorifizieren sollte, dass man deswegen sein Leben toll lebt."

Nun, mehr als zehn Jahre später, ist Klaus Maria Brandauer – immer noch bei guter Gesundheit – am Donnerstag, 22. Juni, 80 Jahre alt geworden. Er ist Vater eines 60-jährigen und eines neunjährigen Sohnes. Das klingt fast ebenso rekordverdächtig wie die zehnstündige "Wallenstein"-Inszenierung Peter Steins am Berliner Ensemble 2007, in der er damals die Hauptrolle spielte.

Klaus Maria Brandauer - ein Mann der Extreme

Brandauer, einer, der polarisiert. Nicht jeder mag das Spiel des Deutsch-Österreichers, das immer ein bisschen so wirkt, als würde der Mann hinter dem süffisanten Lächeln vor Intensität gleich explodieren. Rekordverdächtig ist auch die Auflistung der Preise, mit denen Brandauer bedacht wurde. Sie passen kaum auf eine Bildschirmseite: Oscar-Nominierung, Golden Globe, Deutscher Schauspielpreis, Romy, Filmband in Gold und noch 30, 40 Trophäen mehr.

Seinen Geburtstag am Donnerstag verbringt der Vollblutmime – irgendwie logisch – auf der Bühne: Brandauer gibt im ausverkauften Bühnen-Solo von Thomas Bernhard den alternden und an sich selbst zweifelnden Schauspieler "Minetti" am Wiener Burgtheater. Vielleicht die "alternative Biografie" eines Mannes, dessen Leben zumeist erfolgsverwöhnt war? Doch was heißt das schon, von außen betrachtet, denn Niederlagen wie miese Kritiken als Regisseur und Schauspieler oder auch private Tragödien wie der frühe Krebstod seiner ersten Frau, der Filmemacherin Karin Brandauer mit 47 Jahren, fanden natürlich in seinem langen Leben statt.

Die Schauspielschule in Stuttgart brach der spätere Weltstar bereits nach zwei Semestern ab. Dennoch arbeitete der hochtalentierte Sohn eines deutschen Zollbeamten und einer Österreicherin mit Ende 20 als festes Ensemble-Mitglied am Wiener Burgtheater. Mit 30 stellte er im Theater in der Josefstadt seine erste Inszenierung als Regisseur auf die Beine. Shakespeares natürlich, "Wie es Euch gefällt". Weil Brandauer während der 70-er einer der populärsten Bühnenschauspieler des deutschsprachigen Raumes war, konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Mann vom Film "entdeckt" wurde. In István Szabós Film "Mephisto" nach dem Roman Klaus Manns spielte er 1981 den aufstrebenden Schauspieler Hendrik Höfgen. Die verkappte Biografie Gustav Gründgens zerstörte so ganz nebenbei das in Deutschland damals noch "populäre" Bild der unbedarften Nazi-Mitläufer.

Vater mit über 70

Überhaupt – István Szabó. Dem heute 85 Jahre alten ungarischen Regisseur und Freund ist Brandauer bis heute unendlich dankbar. Mit ihm begründete sich sein Ruf als Filmschauspieler mit außergewöhnlicher Aura, der bis nach Hollywood hallte. Mit Szabó drehte Brandauer auch "Oberst Redl" (1985) und "Hanussen" (1988). Alle drei Filme wurden für den Oscar als "Bester fremdsprachiger Film" nominiert – "Mephisto" erhielt die Auszeichnung. Zum Arthaus kam der Hollywood-Ruhm – in Form des Oscar-Sammlerfilms "Jenseits von Afrika" (1985, Golden Globe und Oscar-Nominierung für Brandauer) sowie als James Bond-Gegenspieler in "Sag niemals nie" (1983).

Neben seiner Arbeit als Schauspieler und Regisseur, die er – laut aktueller Interviews – fortzusetzen gedenkt, lehrt die Film- und Bühnenlegende nach wie vor junge Schauspiel-Schülerinnen und -Schüler am Wiener Max Reinhardt-Seminar. Der Kontakt zu jungen Menschen, so sagt er immer wieder, sei ihm wichtig. Dass er nicht abreißt, dafür sorgte Brandauer selbst, indem er mit über 70 Jahren noch einmal Vater wurde. 2007 heiratete er die Theaterwissenschaftlerin Natalie Krenn in Berlin. Trauzeuge war sein Sohn, der Komponist Christian Brandauer, sein Kind mit der verstorbenen Frau Karin. Im Mai 2014 kam Brandauers zweiter Sohn Ferdinand in Wien zur Welt.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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