Thema Putin und Waffenlieferungen

Kevin Kühnert muss sich bei "Hart aber fair" gegen scharfe Kritik wehren

27.09.2022, 08.31 Uhr
von Lena Rittmann
Kevin Kühnert, hier ein Archivfoto, will sich nicht darauf verlassen, dass Putin nur blufft.
Kevin Kühnert, hier ein Archivfoto, will sich nicht darauf verlassen, dass Putin nur blufft.  Fotoquelle: WDR/Thomas Kierok

Für manche ein Bluff für anderer bitterer Ernst: Wladimir Putins Generalmobilmachung und Drohungen spalten die Gäste bei "Hart aber Fair". Kevin Kühnert und die SPD ernten beim Thema Waffenlieferungen Kritik aus allen Reihen.

Im Studio zu Gast sind SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, CDU-Politikerin und Mitglied im Verteidigungsausschuss Serap Güler, Journalist Udo Lielischkies, Botschafter aD Wolfgang Ischinger, Militärexpertin Claudia Major und Erdal Yalçin, Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Hochschule Konstanz.

Für viele wirkt die aktuelle Situation in der Ukraine wir ein möglicher Wendepunkt im Krieg. Russland scheint schwer angeschlagen zu sein. Präsident Wladimir Putin kündigte eine Teilmobilmachung an und löste damit Unruhen in seinem eigenen Land aus. Militärexpertin Claudia Major zweifelt an der Wirksamkeit der Strategie, unerfahrene Männer, die zunächst ausgebildet und ausgerüstet werden müssten, an die Front zu schicken. Trotzdem dürfe die Situation nicht schöngeredet werden. Der Militärexpertin nach sende Putin mit dieser Ankündigung zwei wichtige Signale: zum einen eine deutliche Eskalationsansage, zum anderen die Bereitschaft, diesen Krieg noch lange zu führen und sich auf die Frühjahrsoffensive 2023 vorzubereiten.

Für den ehemaligen Botschafter Wolfgang Ischinger mache sich Putin vor allem angreifbar: "Bisher war es für die Russen großes Kino, jetzt wird es für viele ernst", so Ischinger. Wer auf diese Weise in einen Krieg ziehe, ohne eine Versicherung, der müsse sich "warm anziehen". SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht in Putins Verhalten ebenfalls die Einsicht einer Teilniederlage, bleibt bei der Bewertung jedoch deutlich vorsichtiger als seine Gesprächskollegen. Als einziger in der Runde bei "Hart aber fair" glaubt Kühnert nicht an einen "Bluff" Putins, wenn dieser von chemischen und nuklearen Waffen spricht. Einen "taktischen Einsatz" nuklearer Waffen müsse die Bundesregierung bei ihrer Planung und ihrem Handeln also stets mit einbeziehen. Als es zum Thema der Waffenlieferungen kommt, muss der SPD-Politiker Kritik und Unverständnis von allen Seiten einstecken. Es geht um zwei Panzertypen, von denen einer, die Panzerhaubitze, von Deutschland in die Ukraine geliefert wird, der andere, der Leopard, jedoch nicht. Vor allem die SPD stelle sich gegen Panzerlieferungen, obwohl die Regierungspartner – die Grünen und die FDP – sich deutlich dafür aussprechen, so Güler.

Kühners Antwort auf die Frage, warum: "Wir diskutieren in unserem Parteivorstand nicht über militärpolitische Fragen. Wir sind auch nicht fähig dazu. Unsere Maßgabe ist, wenn wir Schritte gehen, immer mit den anderen." Mit "den anderen" sind die westlichen Partner, vor allem Joe Biden in Washington, gemeint. Für den ehemaligen Botschafter Ischinger klingt das nach "verstecken hinter den anderen". Die Ukraine hätte gerne die deutschen Panzer, eine elegante Lösung wäre die Partner aufzufordern, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Auch Militärexpertin Major richtet sich eindringlich an Kühnert und erklärt die Relevanz des Leoparden: "Wenn wir die Ukraine in die Lage versetzen wollen, Gebiete zu befreien, dann müssen wir sie anders ausrüsten." Für eine Rückeroberung von von Russland besetzten Gebieten brauche es Panzer wie den Leoparden.

Kühnert wehrt sich weiter: "Es ist wirklich nicht meine Aufgabe, Waffenkategorien zu diskutieren und zu bewerten. In dieser Runde ist man gleich der pazifistische Flügel, wenn man den einen Panzer nicht liefert. Wir sind auch für Waffenlieferungen, aber in dieser Runde reden wir über Panzer als sei es Spielzeug!" Immer wieder betont der SPD-Politiker, dass er keine Entscheidungen treffe. Stattdessen spreche er denen, die bisher entschieden haben, was geliefert wird und was nicht, die entsprechende Expertise zu. Putins Drohungen wirken noch. Deutlich wird die lähmende Vorsicht, die der SPD-Politiker aus seiner Partei trägt: "Es gab in der letzten Zeit mehrfach Fehlannahmen bezüglich Putin. Wer kann uns sagen, dass es die letzte gewesen ist?"

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