Bei "Markus Lanz"

Völkermord-Klage gegen Deutschland soll eine "Show-Veranstaltung" sein? Lanz reagiert fassungslos auf die Behauptung

10.04.2024, 09.18 Uhr
von Natascha Wittmann

Bei Markus Lanz wurde am Dienstagabend über die Politik in Corona-Zeiten diskutiert. Virologe Hendrik Streeck forderte eine grundlegende Aufarbeitung der Pandemie. Für erregte Gemüter sorgte die Völkermord-Klage gegen Deutschland.

Ist es gerechtfertigt, Waffen an Israel zu liefern?

Die Lage im Gazastreifen spitzt sich immer weiter zu. Laut Moderator Markus Lanz, der das Thema am Dienstagabend in seiner Sendung im ZDF verhandelte, sind mittlerweile 26 der insgesamt 36 Krankenhäuser vollständig zerstört oder nicht mehr funktionsfähig. "Wie schauen Sie auf Gaza?", wollte er in diesem Zusammenhang von der Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt wissen. Zunächst reagierte Göring-Eckardt sorgenvoll: "Ich sehe jeden Tag, dass Menschen dort hungern (...) und dass es offenbar nicht möglich ist, zu einer Feuerpause zu kommen", so die Bundestags-Vizepräsidentin. Gleichzeitig mahnte sie, dass man nicht vergessen dürfe, woher das Leid komme und das alles am 7. Oktober mit den barbarischen Verbrechen der Hamas begonnen habe.

"Ist es in Ordnung, angesichts dieser Bilder weiter Waffen an Israel zu liefern?", hakte Lanz nach. Eine richtige Antwort fiel Katrin Göring-Eckardt schwer. Sie betonte zwar, dass es "nie zu rechtfertigen" sei, "dass unschuldige Menschen getötet werden", sprach sich aber dennoch für die Waffenlieferungen aus. Schließlich stehe Israel im Nahen Osten "unter Druck". Demnach treffe die Bundesregierung beim Thema Waffen immer "Einzelentscheidungen". Als Lanz mehrfach auf die Brutalität der Angriffe in Gaza hinwies, gab Göring-Eckardt zu, dass es auch wichtig sei, "Israel immer wieder daran zu erinnern, was verhältnismäßig ist, was das humanitäre Völkerrecht ist. (...) Es ist wichtig, Druck zu machen, dass die Feuerpause endlich stattfindet".

Völkermord im Gazastreifen?

Der Moderator ließ sich davon nicht beeindrucken. Ob in Gaza Völkerrecht gebrochen werde, wollte er von der Grünen-Politikerin wissen. Die konterte darauf genervt, dass sie das nicht beantworten könne, "wenn sich internationale Gerichte damit beschäftigen". Als Lanz daraufhin die Völkermord-Klage Nicaraguas gegen Deutschland ins Spiel brachte, schaltete sich Journalist Nikolaus Blome ein: "Vom 'demokratischen Vorzeige-Staat' Nicaragua – nehmen Sie das ernst?" Das irritierte Markus Lanz sichtlich: "Wenn wir vor den Vereinten Nationen angeklagt werden, müssen wir das dann nicht ernst nehmen?", erwiderte der Moderator. Dem widersprach Blome: "Ich glaube, wenn das eine Show-Veranstaltung ist, so wie Nicaragua offenkundig eine abziehen möchte, muss man das nicht ernst nehmen."

Fassungslos wiederholte Lanz die Frage in Richtung Göring-Eckardt: "Das ist eine Show-Veranstaltung? Würden Sie das auch so sehen?" Die Politikerin verneinte dies deutlich: "Show-Veranstaltung finde ich zu hart." Gleichzeitig blieb sie bei ihrer Meinung: "Es gibt kein Ende der Staatsräson, was Israel angeht. Das heißt nicht, dass wir nicht Netanjahu kritisieren." Reporterin Sophia Maier sah derweil weitere Waffenlieferungen an Israel äußerst kritisch, da die Hamas nicht nur mit Waffen zu besiegen sei. "Ich glaube, dass man diese Ideologie nicht mit Bomben zerstören kann. Ich glaube, dass man sie mit Bomben kreiert. Ich glaube, dass die einzige Lösung (...) zwei Staaten sind", so die Reporterin. Ein Argument, das Nikolaus Blome kritisch sah: "Ich glaube nicht, dass die Israelis noch einmal einen palästinensischen Staat akzeptieren werden." Laut Blome brauche es daher "eine dritte Lösung".

Virologe fordert Aufarbeitung der Pandemie

Ähnlich leidenschaftlich ging es zu, als Markus Lanz über die veröffentlichten Sitzungsprotokolle des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Corona-Pandemie sprach, in denen einige Absätze geschwärzt und unkenntlich gemacht wurden. Dazu hatte vor allem Virologe Hendrik Streeck eine klare Meinung: "Die 'RKI-Files' sind ein kommunikatives Desaster." Streeck kritisierte in dem Zusammenhang, dass während der Corona-Pandemie das "Misstrauen in die Regierung" sowieso schon verstärkt wurde "und gerade in so einem Fall müsste man viel transparenter sein – und gerade mit Transparenz nach vorne gehen, um da auch wieder ein Stück weit Vertrauen aufzubauen". Der Virologe forderte aus diesem Grund eine Aufarbeitung der Pandemie: "Demokratie gerät ins Wanken, wenn wir keinen offenen Diskurs mehr führen."

Blome stimmte dem teilweise zu, warnte jedoch auch davor, dass ein Teil der Bevölkerung immer misstrauisch bleiben werde, denn: "Diese Menschen wollen ein umfassendes (...) Schuldeingeständnis (...) aller Politiker und aller Journalisten, dass alles schiefgelaufen ist." Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt betonte daraufhin energisch, dass die Regierung zu jeder Zeit "mit bestem Wissen und Gewissen gehandelt" habe. Trotzdem gab sie zu: "Wir wussten auch zu jeder Zeit, dass wir nicht alles richtig machen werden". Gerade aus diesem Grund warnte sie davor, dass eine Aufarbeitung nicht dazu missbraucht werden dürfe, "um Politiker, Ärzte und andere zu diffamieren". Dem stimmte Streeck zu: "Wir dürfen hier kein 'Blame Game' haben." Vielmehr forderte der Virologe, die Corona-Pandemie zum "Stellvertreter (...) für zukünftige Krisen" zu machen: "Wir haben eine Krise, die innerhalb von drei Jahren beendet wurde in Deutschland. Und wir können unser Playbook, wie wir mit so einer Krise umgehen, neu schreiben."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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