Ende der 70-er im Ruhrgebiet: Drei Arbeiterinnen entdecken, dass sie deutlich weniger Lohn für gleiche Arbeit erhalten als Männer. Das kämpferische Drama läuft im Rahmen der ARD-Themenwoche "Gerechtigkeit".
In Anlehnung an eine wahre Begebenheit erzählt das kämpferische Drama "Keiner schiebt uns weg" von drei Arbeiterinnen in einem Ruhrpott-Fotolabor, die Ende der 70-er für die Gleichstellung der Geschlechter kämpfen. Lilli (Alwara Höfels), Rosi (Katharina Marie Schubert) und die ältere Gerda (Imogen Kogge) entdecken durch Zufall, dass Männer in ihrem Betrieb deutlich mehr Lohn für gleiche Arbeit erhalten. Anstatt sich zu fügen, wie es die Rolle der Frau auch vor knapp 40 Jahren noch vorsah, geht vor allem Lilli auf Konfrontationskurs. Für eine Klage gegen den Arbeitgeber benötigt sie mehr als die Hälfte der Frauen im Betrieb hinter sich. Ein hartnäckiger Kampf gegen Ängste und für mehr weibliches Selbstbewusstsein beginnt. Das engagierte, etwas formelhafte Drama läuft im Rahmen der ARD-Themenwoche "Gerechtigkeit".
Eigentlich hätten sie ja schon genug mit sich selbst zu tun. Beziehungsweise damit, für andere da zu sein – wie man es von Frauen "traditionell" erwartete. Lilli hat zwei kleine Kinder, eine nörgelnde Mutte (Gitta Schweighöfer) und einen Mann (Karsten Antonio Mielke), der sein eigenes Ding macht und mit einer anderen liebäugelt. Rosi hingegen schuftet heimlich, weil ihr Mann (Martin Brambach) es nicht erlaubt, dass "seine Beste" arbeiten geht. Dabei reicht sein schmales Einkommen als KFZ-Schrauber kaum zum Unterhalt der dreiköpfigen Familie aus. Gerda hingegen ist Witwe und lebt – etwas einsam – in ihrer Laube.
Mit Ausnahme von Gewerkschaftler Ritschi (Christoph Bach) scheint Ende der 70-er niemand im Ruhrgebiet – und wohl auch sonst wo in Westdeutschland – so recht daran interessiert, die im Grundgesetz verankerte Gleichheit von Mann und Frau tatsächlich zu leben: Frauen schuften für weniger Lohn, kümmern sich um die Kinder und bringen dem Mann stets Gehorsam entgegen. So war das wohl außerhalb kleiner politischer und gesellschaftlicher Zirkel, die damals schon die Idee der Gleichstellung ernst nahmen.
Die Stärke des Drehbuchs von Ulla Ziemann ("Krügers Odyssee") und Sebastian Orlac ("Helmut Schmidt – Lebensfragen") besteht darin, die erstaunlich archaischen Zustände im Arbeiter- aber auch dem Unternehmermilieu in einer gar nicht so lang zurückliegenden Bundesrepublik herauszuarbeiten. Andererseits sieht man den Schauspielern des gut besetzten Dramas auch an, dass sie sich an ein paar pädagogisch gedachten Szenen zu viel abarbeiten müssen.
Offensichtlich lautete das Ziel: Jeder Zuschauer muss das gesamte Potpourri der ungleichen Lebenswirklichkeit von damals mitkriegen. Der Fernsehfilm des routinierten Österreichers Wolfgang Murnberger ("Kästner und der kleine Dienstag") wirkt deshalb trotz seines relevanten, spannenden Themas unter dem Strich ein wenig betulich. Bezeichnenderweise entstammt der ungelenke Filmtitel "Keiner schiebt uns weg" einem etwas holprig getexteten Arbeiterinnen-Kampflied, das sich die Protagonistinnen auf die Schnelle ausdenken müssen.
Als mahnender Geschichtsunterricht ist das ARD-Drama durchaus relevant. Als Kunstwerk wird die Walze der Zeit diese WDR-Produktion aber wohl nach der ARD-Themenwoche 2018 wegschieben.