„Doc, mir wurde plötzlich schwarz vor Augen – einfach so – und dann bin ich auf dem Boden liegend aufgewacht. Mir tut zwar alles weh, aber zumindest habe ich mich nicht ernsthaft verletzt. Aber was war das?“, fragte mich vor ein paar Tagen eine 39-jährige Bankangestellte in meiner Sprechstunde. „Das klingt nach einem klassischen Fall von Synkope“, antwortete ich ihr und erklärte, was der medizinische Begriff bedeutet: „Eine kurze Ohnmacht. Meist – aber nicht immer – harmlos. Das sollten wir genauer abklären!“ Eine Synkope passiert, wenn das Gehirn für einen Moment zu wenig Blut bekommt. Die Folge: weggetreten, aber meist schnell wieder bei Sinnen. Das sieht harmlos aus, kann aber ernste Gründe haben – vom Kreislauf über Herzprobleme bis zu Long Covid. Aber Vorsicht: Nicht jeder, der ohnmächtig wird, hat auch eine klassische Synkope! Traumatische Ereignisse, epileptische Anfälle, Stoffwechselstörungen oder sogar psychogene Ursachen gehören abgegrenzt. Auch sogenannte Drop Attacks, plötzliche Stürze ohne Bewusstseinsverlust, sind keine Synkopen.
Häufig reicht langes Stehen oder Stress etwa beim Blutabnehmen. Aber auch das sogenannte Posturale Tachykardiesyndrom POTS, eine Fehlregulation des autonomen Nervensystems nach Infekten, kann dahinterstecken. Da rast der Puls beim Aufstehen, und schwupps findet man sich auf dem Boden wieder. Sogar Husten kann es auslösen. Durch Druck im Brustkorb wird die Blutzufuhr zum Hirn kurz gestoppt. Aber was passiert da genau? Das Zwerchfell zieht sich bei einer starken Hustenattacke so stark zusammen, dass der Rückstrom des Blutes zum Herzen behindert ist und damit auch das Hirn unterversorgt wird, sodass uns die Lampen ausgehen.
Die Diagnose läuft meist über EKG & Co. Wenn’s unklar bleibt, hilft ein Event-Recorder – ein kleiner Chip, der den Herzrhythmus über Monate überwacht. Die Therapie hängt von der Ursache ab. Bei POTS helfen Medikamente wie Betablocker oder Ivabradin zur Puls-senkung. Auch Volumensteigerer wie Fludrocortison oder Gefäßaktivatoren wie Midodrin kommen zum Einsatz. Oft gilt: Grunderkrankung behandeln – etwa bei Autoimmunerkrankungen, Diabetes oder Multiple Sklerose. Außerdem wichtig: Bewegung, Flüssigkeit, Salz – und manchmal einfach das Vermeiden von Risikosituationen wie heißem Wetter oder langem Stehen. „Und auch wenn sie vielleicht nicht supersexy aussehen: Stütz-, beziehungsweise Kompressionsstrümpfe verhindern das ‚Versacken‘ von Blut und damit auch eine Synkope“, erklärte ich meiner Patientin nach eingehender Untersuchung und Diagnose. Mein Rat: Ohnmacht nie auf die leichte Schulter nehmen! Wenn’s öfter passiert oder unklar bleibt – ab zum Arzt. Denn nur so finden wir raus, was dahintersteckt und können helfen, bevor es ernst wird.