20.01.2022 Arzt-Kolumne

Spenden Sie ein Organ?

Von Ebru Yildiz
Dr. Ebru Yildiz ist Leiterin des Westdeutschen Zentrums für Organtransplantation der Universitätsmedizin Essen.
Dr. Ebru Yildiz ist Leiterin des Westdeutschen Zentrums für Organtransplantation der Universitätsmedizin Essen. Fotoquelle: Universitätsmedizin Essen

"Mein Mann benötigt dringend eine neue Niere. Wie lange muss er wohl noch darauf warten?", fragte mich vor wenigen Tagen die besorgte Ehefrau eines 54-jährigen Patienten. Ihr Ehemann litt an einer diabetischen Nephropathie aufgrund eines lange bestehenden Diabetes Mellitus. "Das hängt entscheidend von der Spendenbereitschaft ab", antwortete ich ihr.

Mit diesen oder ähnlichen Fragen kommen Patienten und ihre Angehörigen, die eine Organspende benötigen, immer wieder auf mich zu. Über 9000 Menschen warten in Deutschland derzeit auf ein Spenderorgan. Im Jahr 2020 spendeten 916 Menschen nach dem Tod ihre Organe. Nahezu 3000 Patientinnen und Patienten konnten so mit einem lebensnotwendigen Transplantat versorgt werden. Die Zahl der Organspendenden reicht jedoch bei weitem nicht aus. Täglich versterben Patienten, während sie auf ein passendes Organ warten. Eine Organspende ist oft die letzte Möglichkeit, sehr kranken Patienten zu helfen.

In Deutschland greift ab 2022 bei der Organspende die Entscheidungslösung. Diese sieht eine regelmäßige Befragung der Bürger und Bürgerinnen zu ihrer Haltung zur Organspende vor. Mit dieser Regelung hofft man, die Zahl der Organspender zu erhöhen. Aktuell ist angedacht, diese Befragung bei den Ämtern durchzuführen. Wenn Sie beim Amt einen neuen Ausweis beantragen, könnte also auch nach Ihrer Entscheidung zur Organspende gefragt werden, und auch gleich der Eintrag in ein geplantes bundesweites Onlineregister erfolgen. Nur wer der Organspende zustimmt, soll hier registriert werden. Zudem sollen Hausärzte und Hausärztinnen Beratung anbieten.

Neu daran ist: Bürger werden also immer mal wieder angestoßen, über ihre Haltung zur Organspende nachzudenken, auf freiwilliger Basis. Ob nun für oder gegen die Organspende entschieden wird – es ist wichtig, zu Lebzeiten überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Diese Entscheidung sollte gut informiert erfolgen und muss natürlich auch festgehalten werden. Das wäre für die Transplantationsmedizin, aber auch für die Hinterbliebenen sehr hilfreich. Denn wird die Entscheidung zur Organspende nicht zu Lebzeiten getroffen, müssen trauernde Angehörige im Sinne der Verstorbenen entscheiden. Dabei sollten sie in dieser Zeit doch einfach trauern dürfen, statt eine Entscheidung treffen zu müssen.

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