01.09.2025 Arzt-Kolumne

Wann ist eine Prothese unumgägnlich?

von Thomas Schneider
Ein Patient leidet seit zehn Jahren unter Arthrose. Der Artikel beleuchtet die Notwendigkeit einer Prothese bei fortgeschrittenem Stadium und die Rolle von Bewegung und Ernährung.
Dr. Thomas Schneider im Porträt.
Dr. Thomas Schneider ist leitender Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Unfallchirurgie der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Spezialisiert ist er auf Fuß- und Sprunggelenkserkrankungen einschließlich Endoprothetik. Arthroskopische Operationen der Gelenke von Hüfte, Knie, Schulter und Ellenbogen sind weitere Behandlungsschwerpunkte. Fotoquelle: Klinik Gundelfingen

„Ich quäle mich seit einem Jahrzehnt mit meiner Arthrose in beiden Knien herum. Mittlerweile kann ich nur noch mit stechenden Gelenkschmerzen laufen und bin mit meinen jetzt 60 Jahren kaum mehr in der Lage, mit meinem Hund Gassi zu gehen. Vor zehn Jahren hieß es, ich sei zu jung für eine Prothese. Eine gezielte Behandlung gegen meine Arthrose blieb aber aus. Was raten Sie mir jetzt?“, fragte mich kürzlich ein deutlich übergewichtiger Patient, der neu in meine Sprechstunde kam. Viele Patienten schieben die notwendige Prothesenoperation lange hinaus. Durch Schmerzen und die daraus resultierende Unbeweglichkeit werden die übrigen Gelenke zusätzlich angegriffen. Frühzeitig erkannt, kann eine gezielte Behandlung die Beschwerden einer Arthrose zwar lindern und deren Fortschreiten verzögern. Doch das Aufschieben einer notwendigen Prothesenoperation ist oftmals nicht gut für die gesunden Gelenke.

Nach eingehender Diagnostik stand fest, dass mein Patient sich im fortgeschrittenen Arthrose-Stadium befand. Experten sprechen bei diesem Stadium vom vierten Grad. Seine Knorpelschicht war bis hin zum Knochen abgetragen. Sie war quasi ungeschützt und vielfach geschädigt. Die stechenden Gelenkschmerzen waren die Folge davon. Diese treten häufig auch im Ruhezustand oder nachts beim Schlafen auf. Charakteristisch ist der oft zwei Tage und länger anhaltende Belastungsschmerz. Darüber hinaus leiden Betroffene zunehmend unter Schwellungen und Einschränkungen der Beweglichkeit. Die Gehstrecken werden immer kürzer. „In Ihrem Stadium bleibt Ihnen bei einer flächigen Abnutzung der Knorpelschicht eigentlich nur die Operation, sprich der künstliche Gelenkersatz“, antwortete ich dem Patienten.

Bei begrenzten Knorpelschäden ist der Einsatz von Teilprothesen üblich und empfehlenswert. Hat die Arthrose den Knorpel bereits großflächig zerstört, so ist eine Vollprothese erforderlich. Bewegung ist das Maß aller Dinge – vor und nach der Implantation einer Prothese. „Mindestens zwei bis drei Wochen vor der geplanten Operation sollten Sie sich körperlich viel bewegen, sofern dies ihre Gelenkfunktion und die Schmerzen zulassen. Denn je besser der allgemeine Gesundheitszustand ist, um so reibungsloser verlaufen Operation und Heilung – und umso kürzer in der Regel der Krankenhausaufenthalt“, riet ich meinem Patienten. Verständlicherweise neigen viele Patienten dazu, das betroffene Gelenk zu schonen. Dabei kann viel Bewegung den gesamten Arthrose-Verlauf positiv beeinflussen. Da der Gelenkknorpel keine Blutgefäße besitzt, ist ein Mindestmaß an Bewegung dringend erforderlich, um ihn über die Gelenkflüssigkeit mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen und somit am Leben zu erhalten. Empfehlenswert ist maßvoller Sport, der die Gelenke schont, wie etwa Schwimmen, Wassergymnastik und Radfahren. Neben Bewegung ist eine gesunde Ernährung wichtig.