Andrea David betreibt erfolgreich die Seite filmtourismus.de und begibt sich auf die Suche nach Originalschauplätzen von bekannten Filmen und Serien. Mit "Szene für Szene die Welt entdecken" hat sie nun ein Buch über ihre Arbeit herausgebracht.
Erinnern Sie sich noch an den ersten Filmdrehort, den Sie aufgesucht haben?
Das war das Filmset aus Das Boot in den Bavaria Filmstudios, die ich als Kind besucht habe. Als Jugendliche ist mir die Magie der Drehorte zum ersten Mal auf einer Schottland-Reise aufgefallen, als ich durch Zufall an den Locations von Braveheart und Highlander vorbeikam. Davon inspiriert habe ich während meines Tourismusstudiums in München meine Abschlussarbeit über das Thema Filmtourismus geschrieben. Durch die Recherchen für diese Arbeit bin ich erst recht auf den Geschmack gekommen, regelmäßig selbst an Drehorte zu reisen.
Wie kann man sich die Auswahl der Orte vorstellen? Schauen Sie einfach einen Film oder eine Serie und sagen "da will ich mal hin"?
Ja, allerdings sammle ich die Drehorte dann erst einmal. Die Reise plane ich dann erst, wenn ich mehrere Orte in der gleichen Stadt oder Region erkunden möchte. Das ist dann meist eine gute Mischung aus alten und neuen Produktionen. Da ich mich für viele unterschiedliche Filme und Serien begeistere, decke ich damit ein recht breites Spektrum ab. Die Wünsche der Follower und Leser spielen ebenfalls eine große Rolle. Dadurch erfahre ich, welche Produktionen gerade gefragt sind. Wenn etwas häufig gesucht wird, versuche ich meine Reisen entsprechend zu planen. Ich habe dadurch schon vieles geschaut, was ich davor nicht unbedingt auf dem Schirm hatte, sowie tolle neue Orte entdeckt. Die Inspiration geht also in beide Richtungen.
Welcher Drehort hat Sie bislang am meisten beeindruckt?
Definitiv einer der beeindruckendsten Orte war für mich Wadi Rum in Jordanien. Die Wüste war schon als Drehort in Lawrence von Arabien zu sehen, diente aber in jüngerer Zeit auch als Kulisse für Filmstoffe, die gar nicht auf der Erde spielen, wie Der Marsianer oder Rogue One: A Star Wars Story. Es ist wirklich überwältigend, diesen surrealen Ort einmal selbst zu besuchen. Angehenden Filmtouristen empfehle ich, die Drehorte ihrer eigenen Lieblingsfilme und -serien zu besuchen. Das sind meist die Reisen, die am meisten Gänsehaut verursachen und es schwingt immer etwas Nostalgie mit. Bei mir ist das beispielsweise bei Zurück in die Zukunft der Fall.
Und welcher hat Sie vor Ort enttäuscht und war auf der Leinwand wesentlich toller?
Besonders ernüchternd fand ich, dass ich dort, wo eine der bekanntesten Filmszenen der Achtziger, in der Jennifer Grey und Patrick Swayze im See die Hebefigur in Dirty Dancing übten, auf dem Trockenen stand. Bis 2005 war der Mountain Lake noch vollständig da, doch Risse im Boden ließen das Wasser versickern, so dass er 2008 fast völlig austrocknete. In der Vergangenheit war der See schon öfter verschwunden und auch wieder zurückgekehrt, nämlich immer dann, wenn sich die unterirdischen Abflüsse durch Ablagerungen verschlossen. Ein geologisches Phänomen, das auch Naturwissenschaftler an den einstigen Kultdrehort zieht. Wann genau der See sein großes Comeback feiern wird, lässt sich leider nicht vorhersagen. Das Hotel selbst, die Mountain Lake Lodge in Virginia, die einst als Kellerman’s Resort bekannt wurde, hat mich als Dirty Dancing-Fan allerdings nicht enttäuscht, da dort vieles, auch mehr als 30 Jahre später, noch genauso aussah wie im Film.
Haben Sie ein Lieblings-Set in Deutschland?
Wenn ich mich für einen Drehort entscheiden muss, wähle ich den Gespensterwald im Ostseebad Nienhagen. Die vom Seewind bizarr geformten Bäume direkt an der Steilküste ergeben eine tolle, geheimnisvolle Kulisse und die Sonnenuntergänge dort sind traumhaft. Als Schauplatz waren Wald und Strand in der Reihe Ku’damm 63 zu sehen.
Grob überschlagen: An wie vielen Drehorten waren Sie bereits?
Das waren über 18 Jahre verteilt auf jeden Fall schon über tausend Drehorte.
Ist es auch schon vorgekommen, dass Sie eine Reise umsonst unternommen haben und nicht fündig wurden?
Da ich auf Reisen so gut wie nie nur einen einzigen Drehort auf dem Plan habe, sondern immer mehrere, kann man das so nicht sagen. Es kommt aber schon mal vor, dass ich einzelne Locations nicht finde oder, was viel häufiger der Fall ist, diese leider nicht zugänglich oder ganz verschwunden sind. In Los Angeles wollte ich beispielsweise das Haus der Tanners besuchen, das im Intro von ALF zu sehen war. Bei der richtigen Adresse habe ich dort dann jedoch ein ganz anderes Haus vorgefunden.
Nach welchen Serien- oder Filmschauplätzen fragen Ihre Follower am meisten?
Vor ein paar Jahren war es noch Game of Thrones, aktuell ist es die Serie Stranger Things. Zu den Dauerbrennern unter Filmtouristen gehören Star Wars, Harry Potter und James Bond.
Wenn Sie jetzt sofort an jeden Ort auf der Welt reisen könnten: Wohin würde es Sie spontan verschlagen?
An die Schauplätze aus Der Herr der Ringe in Neuseeland! Die Reise dorthin war bei mir schon öfter geplant, hat dann jedoch aus den unterschiedlichsten Gründen bisher nicht geklappt. Mittelerde steht auf meiner langen Bucket List jedenfalls immer noch ganz oben.
Szene für Szene die Welt entdecken von Andrea David, Conbook, 19,95 Euro, ISBN: 978-3-95889-435-8