28.02.2022 Musiker

Blaudzun: "Das deutsche Publikum steht wirklich auf die Musik"

Blaudzun möchte bald wieder auftreten – auch in Deutschland.
Blaudzun möchte bald wieder auftreten – auch in Deutschland. Fotoquelle: Andreas Terlaak

Blaudzun – das ist der Künstlername des niederländischen Musikers Johannes Sigmond, der in seiner Heimat und dem Nachbarland Belgien schon seit Jahren ein großer Star ist. In Deutschland ist er bisher eher ein Geheimtipp, doch das neue Album "Lonely City Exit Wounds" wurde auch hier von der Kritik gepriesen. prisma hat mit ihm gesprochen und unter anderem nach seiner Musik, dem Unterschied zwischen dem niederländischen und dem deutschen Publikum sowie seiner Liebe zu Vincent van Gogh gefragt.

Du bist in den Benelux-Staaten sehr beliebt, das neue Album "Lonely City Exit Wounds" kam aber auch bei uns in Deutschland gut an. Gibt es Unterschiede zwischen den Musikmärkten?

Blaudzun: Wenn ich in Deutschland spiele, fällt mir immer auf, dass das Publikum wirklich auf die Musik steht. Sie gehen raus, um eine Live-Band zu sehen und wollen tatsächlich die Musik erleben, die gespielt wird. Für die Niederländer ist Musik manchmal zweitrangig. Ihre Drinks und die Freunde, mit denen sie bei der Show abhängen, sind viel wichtiger als die Band, die spielt.

Wie wichtig ist Erfolg für Dich?

Blaudzun: Erfolg ist für mich ein Mittel und kein Zweck. Es gibt mir die Freiheit, Musik zu meinen eigenen Bedingungen zu kreieren und zu veröffentlichen und meinen künstlerischen Spielraum zu erweitern. Also ja, Erfolg ist wichtig, als Mittel.

Das neue Album bietet sehr eingängige Songs, die einerseits Stilmittel zitieren, aber auch völlig neu wirken. Ich habe Anleihen von Echo And The Bunnymen, U2, Suede und anderen gehört. Wo platzierst Du selbst Deine Musik?

Blaudzun: Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Musik mit den Bands verglichen wurde, die du erwähnt hast. Aber ich kann mich definitiv mit einigen von ihnen identifizieren. “Ocean Rain” von Echo And The Bunnymen ist eine meiner absoluten Lieblingsplatten. Meine Songs haben eine gewisse Melancholie und enthalten gleichzeitig eine leichte Sonneneinstrahlung. Meine Musik kann intim sein und gleichzeitig einen großen Klang haben.

Ich höre auch Ähnlichkeiten zum neuen Album von "The War On Drugs", das auch stark Einflüsse vor allem aus den 1980er Jahren zitiert. Gibt es eine Art Renaissance von Beats, Melodien und Codas aus der Vergangenheit, die neue Musik formen?

Blaudzun: Das kollektive musikalische Bewusstsein sickert durch alle möglichen Genres und Generationen. Jeder stiehlt und leiht sich etwas aus diesem Strom von Einflüssen und kombiniert sie mit persönlichen Elementen. So wird immer etwas Neues geboren. Meine neue Platte deutet manchmal Brit Rock aus den 90ern an, aber sicherlich auch die Alt Pop Songs aus den 80ern. Rückblickend hat diese Zeit nicht nur Geschmackloses hervorgebracht, sondern auch viele schöne Dinge.

Mit deinem Album "Up" von 2019 warst du bereit für den großen Durchbruch, dann kam Covid. Wie hast Du diese Zeit der verpassten Auftritte erlebt?

Blaudzun: Abgesehen davon, dass es ein Privileg ist, meine Geschichten und mich selbst durch die Musik auszudrücken und sie zu spielen, ist es auch meine Art, Schönheit zu teilen. Meine Lieder zu singen, ist eine Art zu atmen. Das auf einer Bühne vor einem echten Publikum tun zu können, ist das, worum es beim Musizieren geht. Nicht in der Lage zu sein, das Leben und die Liebe mit dem Publikum zu teilen und zu feiern, war eine schmerzhafte Erfahrung.

Songs werden erst dann lebendig und bedeuten etwas, wenn sie live gespielt werden können. Die Symbiose zwischen dem, was von der Bühne kommt und dem, was Künstler vom Publikum im Konzertsaal zurückbekommen, darum geht es in unserer Kunst.

Es ist bekannt, dass Du auf Reisen gerne schreibst und Dich von den unterschiedlichen Einflüssen verschiedener Länder inspirieren lässt. Das war in diesem Jahr wahrscheinlich nicht möglich... Woher kam die Inspiration für das neue Album?

Blaudzun: Ich habe 2019 angefangen, die meisten Songs zu schreiben, während ich an einem Soundtrack für eine Sigmar Polke-Ausstellung gearbeitet habe. Dieser Prozess hat einige Ideen für meine neue Platte ermöglicht. Nachdem ich diese Partitur beendet hatte, bin ich nach Südamerika gereist und schrieb einige Songs. Als ich zurückkam, fing ich sofort an, neue Sachen aufzunehmen und fertigzustellen. Das war exakt vor der Pandemie. Als mir die Folgen der Pandemie klar wurden, habe ich viele Texte fertig gestellt und eine Menge neue Songs geschrieben, weil der Studioprozess länger gedauert hat. Im Nachhinein war dies vielleicht essentiell für das Album. In dieser Hinsicht waren die Lockdowns ein Segen. Es gab keinen Mangel an Inspiration für mich.

Welche Gefühle ruft Van Gogh in Dir hervor? Du hast einmal erwähnt, dass er einen großen Einfluss auf Deine Arbeit hat.

Blaudzun: Er war ein außerordentlicher Künstler. Die Emotion, die er durch seine Gemälde und insbesondere in seiner letzten Periode zum Ausdruck brachte, ist so kraftvoll. Ich muss diese Werke mindestens zweimal im Jahr sehen. Seine Kunst ist verstörend und tröstlich zugleich. Das würde ich gerne auch in meiner Musik wiederfinden.

Europa öffnet sich wieder, Corona scheint zu Ende zu gehen. Wie ist die Situation in den Niederlanden?

Blaudzun: Die Dinge werden etwas besser, aber das Nachtleben ist immer noch dicht. Ich konnte schon eine Weile nicht mehr für ein tanzendes Publikum spielen. Alle Konzerte sind jetzt Shows mit Sitzplätzen. Hoffentlich wird sich das in diesem Frühjahr ändern. Ich den Festivalsommer mit ganz viel neuer Musik und feiernden Menschen kaum erwarten.

Wann können die deutschen Fans dich wieder live sehen?

Blaudzun: Ich habe eine Clubtour in der ersten Aprilwoche geplant. Ich werde meine ganze Band mitbringen und plane, viele neue Songs und Oldies zu spielen. Wir spielen gegen Köln, Hamburg, Berlin und München. Ich freue mich sehr darauf.