30.12.2024 Der blaue Elefant wird 50!

„Die Sendung mit dem Elefanten“: André Gatzke im Gespräch über den besten Freund der Maus

Von Anne Richter
„Die Sendung mit dem Elefanten“-Moderator André Gatzke im Interview mit prisma.
„Die Sendung mit dem Elefanten“-Moderator André Gatzke im Interview mit prisma. Fotoquelle: ARD

Der blaue Elefant wird 50. Im Gespräch verraten uns Moderator André Gatzke und WDR-Redakteurin Heike Sistig, was den Elefanten so besonders macht, welche Gemeinsamkeiten André und der Elefant haben und was den Machern der „Sendung mit dem Elefanten“ wichtig ist.

Der kleine blaue Elefant wird 50 Jahre alt. Was macht ihn so besonders?

André Gatzke: Ich liebe den Elefanten so, weil er ganz viel impulsiv macht. Er denkt nicht viel nach, er ist spontan und macht viele Dinge aus dem Bauch heraus. Er ist sehr liebenswert und gefühlt der beste Freund von allen. Und er ist auch ein guter Ausgleich zur Maus. Beide haben ihre ganz eigenen Stärken.

Warum braucht die Maus einen Ausgleich?

André: Es gibt „Die Sendung mit der Maus“ schon seit 1971. Vier Jahre war die Maus in den Spots alleine unterwegs, und dann kam zum Glück der kleine blaue Elefant als Spielkamerad und Freund hinzu. Ich sehe die Maus immer als sehr strukturiert, sehr wissend – und da tut ihr der neugierige und hilfsbereite Elefant sehr gut, finde ich. Sie können füreinander da sein und gemeinsam viel mehr schaffen als jeder für sich allein. Und zusammen mit der Ente schaffen sie alles!

Heike Sistig: Der Elefant wurde ja erfunden, damit die Maus nicht immer nur alleine ist. Plötzlich waren Freundschaftsgeschichten möglich. Also der Elefant wurde im Grunde geboren, um ein Freund für die Maus zu sein.

André, Du bist bei der Sendung mit dem Elefanten von Anfang an dabei – seit 2007. Wie kam es dazu? Wolltest Du immer schon zum Fernsehen?

André: Ich war früher Ergotherapeut für Kinder. Dann war ein Casting ausgeschrieben – das war allerdings für das komplette WDR-Kinderprogramm. Es war am Anfang also gar nicht so klar, dass es „Die Sendung mit dem Elefanten“ werden würde. Jedenfalls hat mich eine Freundin angesprochen und gesagt: Da musst du hin! Da bist du genau der Richtige! Ich habe das selbst anfangs gar nicht so gesehen und gedacht „Naja, eigentlich bin ich mit dem, was ich mache, ja ganz glücklich“. Aber ich bin dann zum Casting gegangen. Es gab mehrere Runden – und ich bin immer weitergekommen. Vor einiger Zeit habe ich zum Geburtstag die Mitschriften von damals geschenkt bekommen, darüber habe ich mich sehr gefreut. Da hatten alle auf ihren Zetteln aufgeschrieben, warum ich der Richtige fürs Kinderprogramm wäre.

Für den Elefanten gab es noch ein Extra-Casting, da war auch meine Kollegin Tanja dabei. Und bei der Zusage gab es eine lustige Geschichte: Ich bekam einen Anruf um vier Uhr morgens: „Hier ist der WDR. André, möchtest du ‚Die Sendung mit dem Elefanten‘ moderieren?“ Damals war ich gerade in Neuseeland, völlig verschlafen, und habe gesagt, dass ich zurückrufe. Aber es war eine unterdrückte Nummer. Ich war also super aufgeregt und wollte unbedingt zurückrufen – aber es ging nicht. Ich musste erst nach Hause fliegen, den richtigen Kontakt aufnehmen und konnte dann erst sagen: Ja natürlich möchte ich! Seit 2007 bis heute bin ich nun bei der Sendung mit dem Elefanten.

Heike Sistig: Wir haben uns damals für André entschieden, weil André vieles in sich vereint, was Vorschüler ausmacht.

André: Na das ist ja mal schön zu hören (lacht).

Heike Sistig: André ist neugierig, ungeplant, liebenswert – wie der Elefant.

André: Das hört sich jetzt vielleicht komisch an, aber ich habe das Moderieren nicht gelernt und wollte es auch später nie lernen. Und ich glaube, dass mich das auch nicht zum Guten beeinflusst hätte. Es gab immer Leute, die mir Coachings angeboten haben oder mir erklären wollten, wie man auf der Bühne spricht oder sich verhält. Ich mache das aber eigentlich lieber wie der Elefant – aus dem Bauch heraus (lacht). Ich spreche und agiere, wie ich das Gefühl habe, dass es am besten funktioniert. Und toi toi toi – bisher hat es immer geklappt. Für andere ist das manchmal unberechenbar. Es ist also nicht immer einfach für die Menschen, die mit mir zusammenarbeiten (lacht).

Gibt es neue Elefantenfolgen? Es sind ja häufiger auch ältere Folgen zu sehen oder sie werden neu zusammengeschnitten…

André: Ja, es gibt auch komplett neue Folgen. Aber es gibt ja online an 365 Tagen jeden Tag „Die Sendung mit dem Elefanten“, bei KiKA an fünf Tagen in der Woche. Und Kinder mögen Wiederholungen, sie wollen sie und fordern sie oft sogar ein.

Heike: Es gibt inzwischen 721 Folgen der Sendung mit dem Elefanten. Allerdings sind nicht mehr alle sendbar, weil es zum Beispiel Zeichentrickserien gibt, bei denen die Lizenz ausgelaufen ist. Wir verwenden immer wieder neues Material, sind aber auch nachhaltig und setzen zum Beispiel alte Folgen mit neuen Teilen zusammen.

André: „Die Sendung mit dem Elefanten“ wird nächstes Jahr schon 18, das ist schon eine lange Zeit. Inzwischen sprechen mich Leute an und sagen: „Mit Ihnen bin ich aufgewachsen“. Und das ist dann wirklich ein erwachsener Mensch, der mir da gegenübersteht. Der die Sendung jetzt mit seinen eigenen Kindern schaut. Es ist schön – aber ab und zu auch komisch, schon so lange dabei zu sein.

Du bist selbst ungefähr so alt wie der Elefant…

André: Ich bin genau so alt wie der Elefant! Obwohl – der Elefant ist ein bisschen älter. Aber wir sind beide 1975 geboren. Und so habe ich mich auch damals beim Casting vorgestellt: Ich bin André und bin genauso alt wie der Elefant. Und dann war da noch die Schirm-Geschichte. Es hieß vorher, man solle die Kinder ansprechen. Wie bekommt man es hin, durch die Kamera die Kinder so anzusprechen, dass sie mit dabei sind und mitfiebern? Ich hatte die Idee, Gegensätze zu erklären, Groß und Klein, Alt und Jung… Und dann habe ich einen großen Regenschirm mitgebracht und wollte dazu einen ganz kleinen aus der Eisdiele nehmen. Es war aber ein Winter-Casting und man konnte in kaum einer Eisdiele an diese Schirmchen kommen. Lange Geschichte (lacht). Jedenfalls sprach ich dann in die Kamera „Wo habe ich denn jetzt bloß den Regenschirm?“ und habe gesucht. Und auf der anderen Seite der Kamera saß Heike Sistig und sagte: „Da hinter dir“. Da habe ich dann irgendwann gesagt „Ich spreche mit den Kindern“ (lacht). Sie hat sich also direkt angesprochen gefühlt.

Heike Sistig: Das ist auch ein Prinzip bei der Sendung mit dem Elefanten, dass wir mit den Kindern sprechen, sie zum Mitmachen animieren. Es gibt ein schönes Zitat von einem fünfjährigen Mädchen: „Normalerweise können die uns beim Fernsehen nicht hören, aber die beim Elefanten, die können das.“ Wir setzen darauf, dass sich die Kinder angesprochen fühlen und dann auch antworten. Wir haben viel ausprobiert, wie es am besten klappt, dass die Kinder vor dem Bildschirm selbst aktiv werden.

André: Das können wir sehen, wenn wir Kinder beim Zuschauen der Sendung beobachten dürfen. Die springen auf, die tanzen mit, die singen mit, die raten mit. Bei dem Element „Mitte der Sendung“ gab es früher mal eine Torte ins Gesicht. Oder wir mussten an einer Kette ziehen und bekamen einen Schwall Wasser ab. Zu beobachten, wenn die Kinder das vorhersehen können und einen warnen wollen – das ist toll.

Heike: Wir haben viel geforscht zu der Sendung, damit sie bei den Kleinen ankommt und wir nichts falsch machen. Damit wir ihren Fähigkeiten entsprechen und Anregungen geben, die für ihr Alter passen, sie aktivieren. Und damit auch der Humor passt. Dabei kam raus, dass die Kinder Anke Engelke sehr lustig finden, aber manchmal einen Hinweis brauchen, dass das jetzt Quatsch war. Sie mussten verstehen, warum ein Erwachsener sich so verhält. Der Hinweis „Anke macht Quatsch“ sorgt dann für die Entlastung. Manche Kinder brauchen das, und so sitzt niemand ratlos vor dem Bildschirm. Eltern haben erzählt, dass viele Kinder das inzwischen schon automatisch mitsprechen. Es ist ein schönes Ritual, und Rituale geben kleinen Kindern Sicherheit.

André: Das finden ja auch die Erwachsenen lustig, was Anke macht. Also ich finde, das ist großes Kino, gleichzeitig Erwachsene und Kinder zu unterhalten.

Heike: Auch das gehört zum Konzept der Sendung: Dass sie für Erwachsene unterhaltsam genug ist, dass sie gerne mitgucken – damit es ein Gemeinschaftserlebnis mit den Kindern ist.

Wann ist altersmäßig etwa das Ende als Zielgruppe für die Sendung mit dem Elefanten erreicht? Anfang der Grundschule?

André: Ja, wobei es immer ein bisschen darauf ankommt, ob es Geschwisterkinder gibt und wie alt diese sind. Ich höre das oft im Gespräch mit Kindern, wenn ich zum Beispiel frage ob sie lieber eine Autogrammkarte mit der Maus oder mit dem Elefanten möchten. Oft kommt dann „Elefant“ und wenn ich nachfrage heißt es „Ich gucke das immer mit meiner kleinen Schwester“. So gucken dann auch die „Großen“ noch mit. Und für „Die Sendung mit der Maus“ ist man ja sowieso nie zu alt (lacht).

Du hast im Vorfeld des Jubiläums ein Trööötorial aufgenommen, wo Du den Kindern erklärst, wie sie das Geräusch für den Geburtstags-Tröööt am besten hinbekommen. Wie lange hast Du dafür geübt?

André: Ich konnte das immer schon. Ich war immer schon Elefanten-Fan, von der ersten Stunde an. Ich kenne „Die Sendung mit der Maus“ gar nicht ohne Elefant, auch wenn er ja erst später dazugekommen ist. Mit der „Sendung mit der Maus“ habe ich übrigens das Pfeifen auf Fingern gelernt. Das ist das, woran ich mich am besten erinnern kann, da war ich vielleicht zehn Jahre alt und bei meinen Großeltern zu Besuch. Ich war total stolz, als ich das konnte. Später haben wir mal versucht, den Film aus der Sendung von damals zu finden, aber leider ist er noch nicht wieder aufgetaucht. Doch das nur am Rande. Jedenfalls war ich schon immer ein so großer Elefanten-Fan, dass es ein Foto von mir gibt, auf dem ich als 17-Jähriger ein T-Shirt mit dem Elefanten trage. Das habe ich selber gemacht und sehr gerne getragen. Ich bin außerdem Skateboard- und Snowboardfahrer und hatte mir auf mein Snowboard ein Bild von Maus, Elefant und Ende geklebt. Ich weiß noch, dass das so ein Alter war, wo viele andere das gar nicht so cool fanden. Denen war schon klar, der André, der ist irgendwie so. Aber das mit dem Elefanten haben meine Freunde damals nie richtig verstanden. Das war auch gar nicht ironisch gemeint von mir – ich fand den Elefanten einfach immer cool. Und das ist auch heute nicht anders. Seit einiger Zeit trage ich Elefanten-Shirts oder Käppis nicht mehr so oft, weil ich nicht nach außen transportieren möchte „Guckt mal alle, ich bin der André von der Maus“. Das ist dann gefühlt zu viel.

Aber Du wirst doch sicher auch so von allen auf der Straße erkannt?

André: Ich erlebe wirklich immer positiven Zuspruch, eben auch, weil es so eine tolle Sendung ist. Es ist immer ein netter Kontakt mit Familien, Eltern, Kindern, die sich alle freuen. Ich hatte nur ein einziges Mal eine etwas komische Begegnung. Da habe ich dann gesagt, dass ich gar nicht der Typ von der Maus bin (lacht). Aber ansonsten ist es toll. Ich habe immer kleine Dinge von Maus und Elefant zum Verschenken in allen meinen Taschen, wenn mich jemand nett anspricht. Ich freue mich riesig, und komme auch gerne kurz mit den Leuten ins Gespräch

Nervt dich das nicht auch manchmal, wenn du zum Beispiel gerade im Stress bist?

André: Nee, überhaupt nicht. Letztens hatte ich so eine Situation, da musste ich zum Zug und die Leute halten einen an und möchten kurz ein Foto machen. Mittlerweile weiß ich, dass ich dann direkt sagen muss, dass ich weg muss. Weil ich sonst entweder den dritten in der Reihe ohne Foto stehenlassen muss – oder meinen Zug verpasse. Das Einzige, was mir wirklich wichtig ist, ist in diesem Zusammenhang meine Familie. Die nehme ich zu manchen Veranstaltungen mit, und meine Kinder kennen das inzwischen schon und ziehen sich rechtzeitig zurück, weil ich nicht möchte, dass sie auf allen möglichen Fotos zu sehen sind, einfach um sie zu schützen. Es gab schon mal Leute, die uns heimlich fotografiert haben. Sowas finde ich nicht in Ordnung. Aber wenn mich jemand einfach offen und freundlich anquatscht, dann freue ich mich!

Kannst Du mitbestimmen, welche Sachgeschichten in der Sendung mit der Maus oder in der Sendung mit dem Elefanten gemacht werden und eigene Vorschläge einbringen?

André: Gefragt werden wir schon. Und wir haben ja alle unterschiedliche Stärken – dann heißt es zum Beispiel: André, bei der Geschichte geht es in die sportliche Richtung. Und dann mache ich zum Beispiel eine Sachgeschichte mit einem Sprungkissen. Die Geschichte „Immer geradeaus gehen“ war meine Idee. Ich wollte als Kind immer schon wissen, wie lange ich einfach geradeausgehen kann und habe das auch gespielt. Und jetzt wollte ich es mal auf die Spitze treiben und herausfinden, wie weit es wirklich geht. Es ist super, dass so etwas dann für die Sendung umgesetzt wird.

Gibt es auch Sachen wo Du sagst: Lieber nicht, das möchte ich nicht machen?

André: Das gab es ehrlich gesagt noch nie.

Heike: Das passt auch nicht zu André. Und auch das ist wieder etwas, das wir als Philosophie bei den Sendungen mit dem Elefanten und der Maus haben. Uns ist kein Weg zu weit, keine Frage zu doof. André verkörpert das auf eine besondere Weise, dieses „Wir haben es noch nicht gemacht – also ist es gut“.

Der Elefant entwickelt sich weiter, wenn man beispielsweise die alten und neuere Spots nebeneinanderlegt. In welche Richtung soll es weitergehen? Traditionen bewahren oder moderner und digitaler?

André: Ich sehe da die Unterschiede nicht so sehr, wahrscheinlich weil ich selbst mitgewachsen bin. Mir ist da gar keine so große Änderung bewusst.

Heike: Der Elefant selbst hat sich etwas verändert. Er hat in den allerersten Spots bei der Maus viel geschlafen und war deutlich inaktiver. Aber schon bei Friedrich Streich, der den Elefanten erfunden hat, hat er sich in den nächsten Jahren deutlich zu einer Persönlichkeit entwickelt. Eine Zeit lang gab es auch Spots, wo Elefant und Ente Abenteuer erleben, da war er dann ganz aktiv. Und natürlich verändert sich die Figur immer ein bisschen weiter, weil sich auch die Kinder verändern. Unsere Sendungen bleiben vom Aufbau immer gleich, wir verwenden immer die gleichen Rituale und geben den Kindern damit immer das Gefühl, in ihrer Sendung zu Hause zu sein. Aber die Themen ändern sich natürlich deutlich im Laufe der Zeit.

Früher haben wir zum Beispiel viele mechanische Prozesse in der Sendung mit der Maus gezeigt, inzwischen werden die Themen der Filme immer digitaler. Gerade bereiten wir zum Beispiel eine Sachgeschichte zum Thema Künstliche Intelligenz vor. Aber das Tolle ist, dass die Gefäße der Magazinsendungen die gleichen bleiben und die Inhalte sich immer der Zeit anpassen können. Und da sich beide Sendungen aus dem, was Kinder gerade beschäftigt, speisen, ändern sie sich immer so, wie Kinder sich ändern oder wie sich die Gesellschaft ändert. Es kommen außerdem immer neue digitale Plattformen dazu. Es gibt für beide Sendungen jeweils eine App, es gibt Websites, Social Media-Kanäle und YouTube.

Du moderierst auch viel live, zum Beispiel bei den Konzerten mit dem Elefanten. Was ist dir lieber? Solche Events oder das Interagieren mit der Kamera?

André: Prinzipiell mag ich den Kontakt mit dem Publikum, dieses spontane live Agieren, sehr gerne. Bei den Studioproduktionen für „Die Sendung mit dem Elefanten“ kann ich das teilweise auch. Da gibt es zwar ein Drehbuch, das wir ausprobieren, aber oftmals funktioniert das nicht wie gedacht, wird am Ende ganz anders. Bei einer Maus-Sachgeschichte ist das Tolle, dass ich dafür unterwegs bin und Sachen erleben darf. Das hat man auf der Bühne nicht. Es ist alles so unterschiedlich, was ich machen darf. Aber ohne die Live-Auftritte könnte ich tatsächlich nicht so gut, das würde ich sehr vermissen (lacht).

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