05.02.2024 Musiker im Interview

Sänger Stefan Stoppok: „In den Sendern sitzen keine Musikliebhaber mehr“

Von Felix Förster
Rockt mit neuem Album im Gepäck die Republik: Stefan Stoppok.
Rockt mit neuem Album im Gepäck die Republik: Stefan Stoppok. Fotoquelle: Jim Rakete

Stefan Stoppok hat mit „Teufelsküche“ sein 20. Studioalbum veröffentlicht. Der vielfach ausgezeichneten Singer/Songwriter hat dafür prominente Mitstreiter wie Olli Schulz, Cäthe, Alin Coen, Hannes Ringlstetter und Fortuna Ehrenfeld eingeladen. prisma hat mit Stoppok unter anderem über sein neues Album, Formatradio und die Vergänglichkeit gesprochen.

Ich persönlich kenne Sie seit Ihrem Song „Dumpfbacke“, der damals bei Viva rauf und runter gespielt wurde. Wie erinnern Sie sich an diese Zeit damals?

Stefan Stoppok: Ehrlich gesagt, habe ich nur eine verschwommene Erinnerung. Mir war das damals zu viel Rummel. Ich habe es schon immer gerne etwas gemütlicher gehabt.

Medial war Musikfernsehen total angesagt, viele Jugendliche wurden so musikalisch sozialisiert. Heute suchen sich die Leute eher ihre Sparte selbst. Wie ist dieser Wandel aus Sicht eines Musikers zu bewerten?

Stefan Stoppok: Wie bei allen Entwicklungen, gibt es auch da zwei Seiten. Einerseits ist es natürlich toll, dass sich auch unabhängige Musik besser durchsetzen kann, andererseits bewegen sich viele Konsumenten nur noch in ihrer Bubble und kriegen nicht mehr viel andere Sachen mit. Das schränkt natürlich den Horizont ein.

Mir fällt auf, dass es durch Spotify, YouTube und Co. sehr viel leichter geworden ist, neue Musik zu entdecken und sich dadurch musikalisch weiterzubilden. Es ist aber eine Art Bringschuld für den Konsumenten, denn die bisherigen Kanäle wie etwa die meisten analogen Radioprogramme, fallen ja mittlerweile durch ihre starren Formate komplett weg. Ist das für Sie richtig zusammengefasst?

Stefan Stoppok: Ist schon richtig, aber wie schon gesagt, reagieren die Algorithmen natürlich auch nur nach einem eingeschränkten Muster. Ist die Frage, ob man da so viel Neues aus anderen Musiksparten entdecken kann.

Sie sind bekannt für Ihre Kritik am Formatradio, haben dies letztens in einem Interview noch einmal bestätigt. Woran liegt in Ihren Augen dieses starre Festhalten an einem Format, das mit den aktuellen Hörgewohnheiten vieler Menschen rein gar nichts mehr zu tun hat?

Stefan Stoppok: Das ist ein systemisches Problem. In den Sendern sitzen an den entscheidenden Stellen keine Musikliebhaber mehr, sondern irgendwelche Bürokraten, die lediglich Zahlen im Kopf haben und möglichst nicht anecken wollen. Musik und Kultur generell scheint diese Leute nicht wirklich zu interessieren.

Werden Ihre Titel im Radio gespielt?

Stefan Stoppok: Eher selten.

Woran liegt das?

Stefan Stoppok: Es liegt mit Sicherheit daran, dass die meisten Sender ihr Programm mit den Major Companies absprechen und die Independent Labels keine Lobby bei den Radiostationen haben.

Wie sieht Ihrer Meinung nach, die perfekte Radiosendung aus und zu welchem Sender passt das noch am ehesten?

Stefan Stoppok: An regionalen Sendern habe ich nur zwei, die ich regelmäßig höre. Das sind Radio Bremen 2 und Bayern 2. Da gibt es neue regionale und internationale Musik zu entdecken und sehr gute informative Wortbeiträge. Wenn ich nur Musik hören möchte, ist mein Lieblingssender Radio Paradise. Da gibt es natürlich nur englischsprachige Musik, da es ein amerikanischer Sender ist, aber es trifft immer meinen Geschmack und ich entdecke viel neue und alte Musik. Sowas würde ich mir auch hier bei uns wünschen.

Auf Ihrem neuen Album „Teufelsküche“ haben Sie eine interessante Riege an Gastmusikern versammelt. Kommen die Ideen für die Kooperationen schon beim Schreiben der Titel oder wie stellen Sie das zusammen?

Stefan Stoppok: Eigentlich hatte ich schon vor zwei Jahren die Idee, ein reines Duett-Album zu machen, also wirklich jeden Song mit einem Duett-Partner aufzunehmen. Von dem Gedanken bin ich dann wieder abgekommen, aber einige Songs hatten sich schon sehr in diese Richtung entwickelt.

„Wer Du wirklich bist“ ist ein toller Song, sehr positiv, mit einer großartigen Cäthe, die wirklich ein wenig wie Janis Joplin klingt. Dort singen Sie „Du lebst, solange du noch hoffen kannst, dich nicht lähmen lässt von deiner Angst. Du lebst, wenn du siehst wie es deinem Nachbarn geht und ihm selbstverständlich hilfst, wenn ihm etwas fehlt“. Wie leicht fallen Ihnen solche so scheinbar leicht klingenden Lieder?

Stefan Stoppok: So Zeilen fließen einfach aus dem Song raus, sonst würden sie komisch und krampfig klingen.

„Klugscheißeralarm“ ist ein anderer Song, der wirklich Hit-Potenzial hat. Wie gehen Sie mit Klugscheißern um?

Stefan Stoppok: Ich meide den Kontakt und schreibe Lieder über diese Spezies Mensch.

Sind Sie manchmal selbst ein Klugscheißer? Vielen Liedermachern wird das ja nachgesagt.

Stefan Stoppok: Ich glaube da unterscheide ich mich von den meisten Liedermachern. Ich stell sehr selten einfach irgendwelche Behauptungen in den Raum oder gieße sie in Liedform.

In „Vom Tod kein Wort“ machen Sie sich über das Talent vieler Zeitgenossen lustig, „schlimme Dinge“ zu verdrängen. Aber ist das nicht dem Überlebenstrieb geschuldet?

Stefan Stoppok: Witzig, dass der Song für Sie so rüberkommt, dass ich mich über die Leute lustig machen würde. War nicht so gedacht. Ich finde die Tatsache, dass die meisten Menschen das Thema verdrängen, oder eben so viel Angst vor dem Tod haben, lustig. Ein kleiner Unterschied.

Hat der Song etwas mit Ihren gesundheitlichen Problemen zu tun, die Sie hatten?

Stefan Stoppok: Könnte man meinen. Den hatte ich aber ein Jahr vor meinem Herzinfarkt geschrieben. Da könnte man natürlich jetzt in Richtung, er hatte eine Vorahnung, philosophieren. Muss man aber nicht.

Hat sich denn Ihre Sicht auf die eigene Vergänglichkeit für Sie geändert?

Stefan Stoppok: Nicht wirklich. Ich setz mich schon länger damit auseinander und zum Glück war mein Herzinfarkt nicht so, dass ich schon komplett weg war. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Todesangst. Klar ist natürlich, ob mit oder ohne Zipperlein, die Zeit ist begrenzt.

Lustig ist das „Da da da“ im Refrain, ist das eine augenzwinkernde Hommage an Trio?

Stefan Stoppok: Klar.

Sie sind ab März live zu sehen. Auf was können sich die Zuschauer da freuen?

Stefan Stoppok: Endlich bin ich ja wieder mit kompletter Band unterwegs. Da kann man sich schon einmal auf einen extrem groovigen Abend freuen. Die Band ist einfach großartig, und neben dem Mitsingen der Songs ist Tanzen angesagt.

Sie organisieren seit Jahren Konzertabende unter dem Motto „Stoppok und Artgenossen“. Welche Musiker beinhaltet dieses „Artgenossen“, wer tritt bei Ihnen auf?

Stefan Stoppok: Alles befreundete Musiker, die ich über die letzten Jahrzehnte kennengelernt habe und das aus aller Welt. Von Australien über Indien über Belarus, Ghana, England, Amerika, Italien… Ich liebe es, die unterschiedlichsten Musikstile zu kombinieren und einzigartige Konzerte zu organisieren.

Sie sind auch bekannt für Ihre erfolgreiche Filmmusik, beispielsweise für „Das Superweib“ oder „Was nicht passt, wird passend gemacht“. Ist da in Zukunft vielleicht wieder etwas geplant oder ist das Kapitel für Sie abgeschlossen?

Stefan Stoppok: Ja, das Kapitel ist zumindest auf Eis gelegt, da ich einfach keine Zeit dafür habe. Solange ich noch so viele Konzerte spielen kann, ist mir das wichtiger und lieber.

Was hört Stefan Stoppok, wenn er im Auto sitzt?

Stefan Stoppok: Die schon erwähnten Sender: Bremen 2, Bayern 2 auch zwischendurch DLF, aber meistens Radio Paradise.

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