04.10.2022 Unternehmerin und ehemaliges Model

Sara Nuru: "Ich würde an GNTM nicht noch einmal teilnehmen"

Von Felix Förster
Sara Nuru hat Mexiko abseits der Touristenpfade besucht.
Sara Nuru hat Mexiko abseits der Touristenpfade besucht. Fotoquelle: NDR/Doclights Hamburg/Tina Muffert

Sara Nuru gewann mit 19 Jahren "Germany’s Next Top Model" und reiste danach als Model führender Modemarken um die Welt. Schon da erkannte sie, dass Reisen und Begegnungen mit Menschen ihre Leidenschaft sind. Für die Serie "Abenteuer Mexiko" – zu finden in der ARD-Mediathek – tauchte sie ein in die authentische Welt fernab der obligatorischen Mexiko-Hotspots: Im Fokus steht vor allem der Alltag der indigenen Bevölkerung und ihre Stärke im Kampf ums Überleben in diesem facettenreichen Land. Gedreht wurde in Mexiko City und den Bundesstaaten Hidalgo und Oaxaca. prisma hat mit ihr über ihre Erfahrungen in Mexiko und ihre Karriere gesprochen.

In "Abenteuer Mexiko" haben Sie sich in diesem faszinierenden Land auf die Suche nach interessanten Menschen gemacht. Auf was können sich die Zuschauer da freuen?
Sara Nuru: Auf einen etwas anderen Blick auf Mexiko, das Land, die Vielfalt und die Kultur. Uns war wichtig, nicht nur die schönen Seiten zu zeigen, sondern in die Tiefe zu gehen und auch die Missstände und Herausforderungen dieses Landes offen zu zeigen.

Was hat diese Welt Ihnen gezeigt?
Sara Nuru: Wie komplex das Land ist, dass trotz der allgegenwärtigen Schönheit, die es zu bieten hat, auch sehr viel Ungerechtigkeit herrscht. Gerade Frauen haben es nicht einfach in Mexiko, der Femizid ist ein großes Problem. Ich war regelrecht erschüttert darüber, dass wir hier in Deutschland so wenig davon mitbekommen. Deshalb freue ich mich so sehr, dass wir mit unserer Dokumentation einen Blick darauf werfen können.

Was war für Sie der Höhepunkt Ihrer Reise nach Mexiko?
Sara Nuru: Während der Reise gab es sehr viele Höhepunkte und unvergessliche Momente. Ich habe interessante Menschen kennengelernt. Die Musik, Kultur, Kulinarik und Geschichte sind einzigartig. Ein ganz besonderer Moment war jedoch die Begegnung mit Estrella. Estrella ist Muxe, eine transsexuelle Mexikanerin. Es gibt die Muxes in diesem Dorf in der Nähe von Oaxaca, die selbstverständlich ein Teil der Gesellschaft sind. Es war hoch spannend zu sehen, wie in Mexiko damit umgegangen wird und sich auch zu fragen: Warum funktioniert das? Und: Sind Muxes wirklich gleichberechtigt?

Die indigene Bevölkerung Mexikos hat eine lange, traditionsreiche und kulturell reiche Geschichte. Wie gehen die Menschen mit ihrem Erbe um, und welche Rolle spielt es noch in ihrem täglichen Leben?
Sara Nuru: Die Bevölkerung geht mit dem kulturellen Erbe sehr achtsam um, die Menschen sind stolz auf ihre Geschichte und das, was sie durchlebt haben. Mir ist besonders die Fröhlichkeit im Gedächtnis geblieben, und dass die Musik einen sehr großen Stellenwert hat. Ebenso ist mir in Mexiko die Stärke der Frauen aufgefallen, auch wenn ich glaube, dass das ein universeller Charakterzug ist. Wenn einem bewusstwird, wie viele Frauen täglich ermordet werden aufgrund von Misogynie und einfach, weil sie Frauen sind, ist das unfassbar. Dieses Leid habe ich in Mexiko besonders stark gespürt. Die Stärke, daraus zu wachsen und den Kampfgeist, für sich einzustehen und dagegen anzukämpfen, fand ich besonders berührend.

Sie haben vor Ort auch das typische mexikanische Ringen kennengelernt, bei dem die Kontrahenten die berühmten Masken tragen. Welche Eindrücke haben Sie von dieser mitunter rauen Welt bekommen?
Sara Nuru: Das Leben der Ringer beim Lucha Libre, wie man das mexikanische Wrestling nennt, ist geprägt von der Verschlossenheit und Kuriosität. Für viele Menschen in Mexiko City – Männer wie auch Frauen – bietet es die Chance zum sozialen Aufstieg und schenkt den Kämpfern eine Gemeinschaft. Aber das Regelwerk ist streng und muss von den Kämpferinnen und Kämpfern auch außerhalb des Rings beachtet werden.

Sie sind als Gewinnerin von "Germany’s Next Topmodel" bekannt geworden und haben als Model die Welt bereist. Wie bewerten Sie diese Zeit im Nachhinein?
Sara Nuru: Ohne meine Teilnahme, ohne die finanziellen Freiheiten, die ich dadurch erhalten habe, hätte ich all das, was ich heute tue, niemals machen können. Dafür bin ich dankbar. Aber mit dem Wissenstand von heute würde ich nicht noch einmal daran teilnehmen.

Erzählen Sie bitte ein wenig von Ihrem sozialen Engagement, das nun auch Ihr berufliches Leben prägt.
Sara Nuru: Meine Familie stammt aus Äthiopien; meine Schwester Sali und ich wollten dort etwas bewirken und haben nach einer Alternative zum herkömmlichen Spendenmodell gesucht. Ich selbst habe mich jahrelang ehrenamtlich für eine Entwicklungshilfe-Organisation engagiert und Spendengelder gesammelt. Irgendwann fragte ich mich, wie wir von der reinen Bedürftigkeit der einen und der Barmherzigkeit der anderen wegkommen könnten. Das hat mich solange beschäftigt, bis Sali und ich dann auf das Prinzip des Social Business gestoßen sind, um durch wirtschaftliches Handeln Gutes zu tun. Durch den Verkauf von nuruCoffee, also Kaffee, der aus Kleinbauern-Kooperativen in Äthiopien stammt, setzen wir uns zum einen für den fairen und ökologischen Handel ein, zum anderen unterstützen wir damit auch Frauenprojekte vor Ort. Denn ungefähr 50 Prozent unserer Gewinne, mindestens aber ein Euro pro verkauftem Kilo, gehen an unseren Verein nuruWomen, der Frauen, die keinen Zugang zum Kaffeehandel haben, bei der unabhängigen Existenzgründung durch die Vergabe von Mikrokrediten unterstützt.

Das könnte Sie auch interessieren