12.07.2021 Tanzwut-Sänger

Teufel: "Wir können sofort loslegen"

Von Marcus Italiani
Teufel (M.) mit seinen Band-Kollegen.
Teufel (M.) mit seinen Band-Kollegen. Fotoquelle: Andrey Kezzyn

Mit "Die Tanzwut kehrt zurück" ist den Mittelalter-Rockern von Tanzwut wieder mal ein echter Chart-Hit gelungen. Wir unterhielten und mit Sänger Teufel über Pandemiebewältigung im Mittelalter, "feine Menschen" und Kollegen, denen man besser nicht den Rücken zudrehen sollte.

Hatte die Pandemie-Situation einen Einfluss auf den Titel eures neuen Albums?

Wenn man sich als Künstler seit einem Jahr im Lockdown befindet, ist das ja völlig natürlich. Corona hat viel ausgebremst. Wir möchten mit dem Titel "Die Tanzwut kehrt zurück" einerseits unseren Fans deutlich machen, dass die Tanzwut noch da ist. Andererseits ist das Bedürfnis der Menschen da draußen, endlich wieder zu feiern, zu tanzen, ausgelassen zu sein, so groß, wenn wir die Pandemie überstanden haben, dass es auch darum geht, ein Zeichen zu setzen: Hier sind wir. Wir können sofort loslegen, sobald die Felder endlich wieder bestellt werden.

Feiern um jeden Preis, also?

Nein. Uns geht es um einen Ansatz, den auch schon die Menschen im Mittelalter verfolgt haben. Während sich beispielsweise die Geißler während der Pest öffentlich selbst für ihre Sünden bestraften, von Ort zu Ort zogen und dabei auch die Pest unbewusst verbreiteten, gab es Menschen, die sagten: Lebe jeden Tag als sei es dein letzter — was ja auch oftmals der Fall gewesen ist. Ähnlich haben das dann im 20. Jahrhundert die 68er gehalten. Eigentlich erleben wir gerade eine Tanzwut-Situation. Spielleute, aber auch ihr Publikum mussten ja jeden Tag damit rechnen, zu sterben. Das Motto lautete: Wir warten nicht ab, sondern wollen noch etwas in diesen wenigen Stunden, die uns bleiben, erleben. Uns in der Band geht es bestimmt nicht darum, Corona zu leugnen oder die Leute davon abzuhalten, sich impfen zu lassen. Querdenker und Impfgegner sind überhaupt nicht unser Ding. Es geht eher darum, bewusst zu leben.

Bewusst sollte man sich auch mit den Texten beschäftigen. Vieles ist nicht immer das, was es zu sein scheint, oder?

So kann man es natürlich sehen. Nehmen wir beispielsweise mal "Feine Menschen". Natürlich sind die angesprochenen Wesen nicht wirklich fein im Sinne von edelmütig oder herzlich. In dem Song stehe ich aber nicht als der Mensch mit dem erhobenen Zeigefinger da. Ich schlüpfe in die Rolle des Teufels und amüsiere mich über die Situation. Wenn zum Beispiel die brave Ehefrau zu allem immer eine gute Miene macht und still ihr Leben erträgt, obwohl sie sich längst von ihrem Gatten trennen wollte, dann hat das etwas Teuflisches. Dieses Aufgesetzte, Vorgespielte in unserer Gesellschaft ist das Thema des Songs.

Greifst du da auf persönliche Erfahrungen zurück?

Klar. Wir haben ja vor vielen Jahren als Mittelalter-Band in Kreisen gespielt, in denen man dachte: Uiuiui, bei jeder Umarmung könnte einen der andere mit dem Messer in den Rücken stechen, wenn du verstehst, was ich meine. Wenn ich zu dem Song ein Video gedreht hätte, dann wären wir auf einer dekadenten, halb-mafiösen Party gewesen. Der Oberboss steht auf einem Balkon und winkt den Leuten zu, die ihm alle nicht schnell genug in den Hintern kriechen können. Plötzlich taucht der Teufel auf und gibt diesem Boss einen Schubs. Er stürzt in den Tod, und sofort werfen sich alle seine eben noch Ergebenen auf ihn und beginnen mit der Leichenfledderei, reißen ihm die Rolex vom Arm, das Geld aus der Tasche und trampeln sich gegenseitig dabei zu Tode, während ich als der Teufel mit meinem Champagner-Glas daneben stehe und die Szene schmunzelnd beobachte.

Bei diesem Gedanken kommt man unweigerlich zum Kooperationsbeitrag mit Saltatio Mortis, der schlicht "Pack" betitelt ist, aber eigentlich "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" hätte heißen sollen. Ein für die Beziehung der beiden Bands programmatischer Titel?

Eigentlich wollten sie, dass wir zur groß geplanten Feier ihres 20. Geburtstags etwas spielen, was ja nun aufgrund der Corona-Situation schwierig ist. Wir hatten aber ursprünglich schon zugesagt und mit der Idee zu "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" als gemeinsame Nummer gespielt. Dann kam irgendwann dieser Mittelalter-Song "Kaufmann und Maid" von Sasha, für den wir beide angefragt wurden. Der Song war so bekloppt, dass ich ihn schon wieder gut fand. Wir hatten alle eine Menge Spaß, und da der Videodreh in Berlin stattfand, haben wir überlegt, dass wir das Video zu "Pack", wie der Song nun nur noch heißt, auch gleich hinterher schieben könnten.

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