14.08.2023 ZDF-Meteorologin im Interview

Dr. Katja Horneffer gibt spannende Einblicke als Wetter-Expertin: "...wie Detektivarbeit"

Von Anne Richter
ZDF-Meteorologin Dr. Katja Horneffer im spannenden Interview.
ZDF-Meteorologin Dr. Katja Horneffer im spannenden Interview. Fotoquelle: picture alliance / SvenSimon | FrankHoermann

Vor bald 30 Jahren, am 14. September 1993, präsentierte Dr. Katja Horneffer zum ersten Mal das Wetter im ZDF-Mittagsmagazin. Im Interview gibt die Meteorologin Einblicke in ihren spannenden Beruf und verrät, wie es in einer Wetterredaktion zugeht.

prisma: Welches ist Ihr persönliches Lieblingswetter?

Ich mag es am liebsten etwas wärmer, weil ich schnell friere. Bei 25 bis 30 Grad fühle ich mich wohl. Es muss auch gar nicht nur sonnig sein, ein paar kleine Cumuluswolken dürfen gerne am Himmel sein, das sieht auch auf Fotos gut aus.

prisma: Vor rund 30 Jahren, am 14. September 1993, haben Sie zum ersten Mal im Mittagsmagazin das Wetter präsentiert. Wissen Sie noch, wie es damals werden sollte?

Mitte September ging es schon Richtung Herbst. Ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber ich weiß noch, dass ich an einem meiner ersten Tage sowas gesagt habe wie „Die Region ist in der Jahreszeit schon weiter“. Damit wollte ich ausdrücken, dass es dort schon recht herbstlich war im Gegensatz zu anderen Teilen des Landes. Aber solche Formulierungen habe ich dann schnell wieder sein gelassen.

prisma: Warum?

Ich war noch recht jung damals und dachte, dass ich besondere Formulierungen brauche. Aber wohlmeinende Kollegen haben mir dann den Tipp gegeben, es lieber normal zu formulieren. Die Zuschauer sollen sich schließlich auf den Inhalt konzentrieren. Es gibt bei uns das Prinzip 80 Prozent zu 20 Prozent: 80 Prozent der Zuschauer-Aufmerksamkeit richten sich auf die Kleidung, die Frisur, die Bewegungen der Moderatoren, nur 20 Prozent auf den Inhalt. Daher ist es besser, alles, was irritieren und ablenken könnte, wegzulassen.

prisma: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Meteorologin zu werden?

Viele Meteorologen haben sich schon als Kinder für das Wetter interessiert und zum Beispiel kleine Wetterstationen gehabt. So war ich nicht. Meine Leistungskurse in der Schule waren Chemie und Französisch. Eigentlich habe ich mich immer eher für Sprachen interessiert. Dann habe ich als Jugendliche irgendwann ein Buch gelesen über einen Meteorologen, der eine Sonde an einem Ballon aufsteigen ließ. Das fand ich spannend – beruflich Ballons steigen lassen. Und außerdem war „Meteorologin“ eine super Antwort auf die etwas lästige Frage, was ich denn einmal werden will. Da waren die Leute dann immer still (lacht). Als ich dann mein Abi hatte, habe ich mich selbst gefragt, was ich denn nun wirklich machen möchte. Und dann habe ich das sozusagen aus einer Laune heraus einfach durchgezogen und wirklich Meteorologie studiert. Es war nur ungünstig, dass ich Physik in Klasse 10 abgewählt hatte, schließlich geht es um die Physik der Atmosphäre (lacht).

prisma: Was macht für Sie die Faszination an Ihrem Beruf aus?

Meteorologie ist viel mehr als das, was man im Fernsehen sieht. Die Wettervorhersage, die sogenannte Synoptik, die „Zusammenschau“ verschiedener Wettermodelle macht nur einen ganz kleinen Teil der Meteorologie aus. Es geht auch um die Luftchemie, das Klima, die Beratung für Flieger, Hagel, Wolken … Das ist so vielfältig. Für meine Promotion habe ich mich zum Beispiel mit regionalen Klimamodellen beschäftigt. Damals wusste ich zunächst auch noch nicht, dass ich einmal beim Fernsehen arbeiten würde. Aber ich habe festgestellt, dass die Forschung mir etwas zu trocken war, da saß ich teilweise tagelang am Schreibtisch und habe nach einem Programmierfehler gesucht. Da ich zeitgleich schon Fernseherfahrung sammeln konnte und mir das spannender erschien bin ich dabeigeblieben.

prisma: Was ist das Spannende daran?

Bei einer Prognose weiß man am nächsten Tag, ob sie gestimmt hat (lacht). Die Arbeit mit den Modellen und das Erstellen der Prognosen ist wie Detektivarbeit, da macht jeder Tag neu Spaß. Und es wird immer wichtiger, was wir vorhersagen, denn das Wetter wird durch die Klimaveränderungen immer extremer.

prisma: Können Sie ganz einfach den Unterschied zwischen Wetter und Klima erklären?

Sonne und Regen, die Temperaturen gerade, der Zustand wie er draußen ist, das zählt zum Wetter. Bei mir regnet es, bei Ihnen scheint die Sonne, es ist vielleicht etwas kälter als sonst um diese Zeit im Jahr. Das Ganze eine bis zwei Wochen in die Zukunft als Prognose ist auch noch unser Wetter. Das Klima hingegen ist die Statistik des Wetters. Da schauen wir uns die Entwicklung über 30 Jahre an, alles wird gemittelt. Damit ist dann egal, ob an einem Tag mal die Sonne geschienen hat oder nicht. Die Extremwetterlagen, die wir jetzt haben, sind das Ergebnis von dem, was vor zehn bis 20 Jahren an Treibhausgasen in unsere Atmosphäre gelangt ist. Es wird erst mal weiter wärmer werden, weil man die Gase da so schnell nicht mehr wegbekommt. Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir jetzt rausgehen aus den fossilen Brennstoffen. Die Naturwissenschaft ist sich auch völlig einig, was den Klimawandel anbelangt, das, was wir vorfinden, ist so eindeutig und klar. Es gibt nur eine winzig kleine Gruppe Menschen, die das anders sieht, aber die schreit sehr laut.

prisma: Wie sieht der Smalltalk in einer Wetterredaktion aus? Was ist das beliebteste Thema?

Wir reden auch über das Wetter (lacht). Jeder von uns hat ja auch Erlebnisse mit dem Wetter, sei es im Urlaub oder durch einen Regenschauer, der einen dann doch überrascht hat. Aber unsere Gespräche sind dann auch schnell beruflich geprägt. Es gibt circa zehn verschiedene Wettermodelle, die wir nutzen, und wenn man da bei einem etwas Interessantes entdeckt, redet man natürlich drüber. Es macht Spaß, gemeinsam zu spekulieren, wie sich das Wetter entwickelt.

prisma: Was antworten Sie, wenn jemand Sie als Wetterfee bezeichnet?

Mir ist so etwas egal. Dann bin ich immer noch lieber Fee als Frosch, wie manchmal die Männer bezeichnet werden. Aber ich bin promovierte Diplom-Meteorologin, unter einer Fee würde ich mir immer etwas ganz anderes vorstellen. Wenn Leute mich auf der Straße ansprechen, dann fragen sie meist, wie das Wetter morgen wird. Das, finde ich, ist eine berechtigte Frage und darauf antworte ich dann gerne fundiert (lacht). Die Wettervorhersage wird auch eigentlich von keinem belächelt, so ist meine Erfahrung. Ich weiß nicht, ob das früher mal anders war. Aber die Leute wissen heute, dass das Wetter auch bedrohlich sein und dass viel davon abhängen kann.

prisma: Was hat sich in den letzten Jahrzehnten in der Meteorologie getan? Sind die Vorhersagen präziser geworden?

Die Modelle werden besser und die Computer immer leistungsfähiger. Für eine Prognose muss unheimlich viel berechnet werden, und das wird durch bessere Computer verlässlicher. Momentan können wir drei bis fünf Tage relativ gut vorhersagen, vielleicht wird es in Zukunft sogar noch etwas mehr. Über sieben Tage hinaus wird es aber nicht gehen, denn das Wetter ist ein chaotisches System. Schon kleinste Änderungen können den Verlauf komplett ändern. Und auch punkt- und zeitgenaue Vorhersagen für Regen und Gewitter sind ganz präzise deshalb nicht möglich. Aber schon jetzt ist es so, dass die Vorhersage recht verlässlich ist, wenn alle Modelle sich einig sind.

prisma: Gibt es viel Post von Zuschauen an die Wetterredaktion? Was schreiben die Leute?

Wenn richtige Briefe mit der Post kommen, dann sind das meist Autogrammwünsche. Wir bekommen auch häufiger Mails, wenn die Zuschauer eine Nachfrage haben oder auch mal, wenn sie sich über etwas ärgern, zum Beispiel, wenn man beim Erklären den für sie entscheidenden Teil der Wetterkarte verdeckt hat. Aber besonders viel Post ist es eigentlich nicht.

prisma: Eine Scherzfrage zum Schluss: Gibt es dieses Jahr weiße Weihnachten?

(lacht) Das kann man natürlich nicht ernsthaft beantworten. Vielleicht so viel: Die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten sinkt, es wird immer seltener der Fall sein. Das gibt es eher nur alle zehn Jahre

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