Ganz ohne Fernsehen geht es nicht. Der Galoppsport muss endlich stärker auf sich aufmerksam machen.
Ostermontag rappelte es in der Kiste. Der Saisonauftakt auf der Kölner Galopprennbahn geriet zum Volksfest. Schlangen vor den Imbissständen, Schlangen vor den Wettschaltern. 15.000 Zuschauer auf der Bahn. Als ob man's nicht erwarten konnte, dass die Pferde wieder laufen. Tags zuvor in Hoppegarten vor den Toren Berlins war es nicht anders. Großer Sport, viel Begeisterung.
Zu den Gesetzen von Show und Sport gehört, dass sich Popularität in überproportionalem Verhältnis in klingende Münze verwandelt. Wer einmal sein festes Plätzchen in einer Fernsehserie ergattert hat, darf sich, ist die Serie auch noch so doof, als Star mit gehobener Vermarktungschance fühlen. Genau an diesem Punkt beginnen die Eigentümlichkeiten, mit denen sich der Galopprennsport in Deutschland auseinanderzusetzen hat. Er produziert Stars, ja Weltstars im Dutzend. Er sorgt für große Events in Köln, Hoppegarten, auch in Düsseldorf, Hannover und andernorts. Aber die Gesichter dieses Sports bleiben unbekannt.
Trainer der Pep-Guardiola-Klasse
Seltsam genug, dass Moderator Uli Potofski, der auf der Kölner Rennbahn versiert, wenn auch mit Asbach-uralten Sprüchen, durch die Veranstaltung führte, wiederholt auf Leistungen und Verdienste eines Jockeys wie Andrasch Starke verweisen musste.
In Japan kennt ihn jedes Kind, in England und Frankreich wird Starke bewundert. Aber in Deutschland, wo er einen Sieger nach dem anderen reitet und populär wie Schweinsteiger sein sollte, muss er erklärt werden.
Noch ein Fußballvergleich. Unvorstellbar, dass die Bundesliga nicht mehr funktionierte, dass ihr plötzlich die Spieler ausgingen und immer weniger Spiele ausgetragen würden. Den Weltmeistertitel könnte man unter diesen Umständen vergessen.
Im deutschen Galopprennsport sind in den letzten Jahren immer weniger Pferde gezüchtet worden, haben immer weniger Rennen stattgefunden, sind die Rennpreise auf Almosenformat geschrumpft worden – und trotzdem wurden von deutschen Pferden Rennen gewonnen, die dem eines Weltmeistertitels entsprechen, auch wenn es das im Rennsport offiziell nicht gibt.
Eine Sekte von Insidern
Die Stute Danedream gewann in Paris den Prix de l'Arc de Triomphe, das bedeutendste Rennen der Welt. Die Hengste Manduro, Novellist und Protectionist siegten in Ascot und Melbourne in großen Rennen vor Millionen Fernsehzuschauern weltweit. Hierzulande freute sich eine Sekte von Insidern.
Mit Peter Schiergen und Andreas Wöhler verfügt der Galopprennsport über zwei Trainer der Pep-Guardiola-Klasse. Auf der Straße erkennen würde man sie nicht. Die Frage stellt sich: Haben es die Deutschen nicht so mit den schönen schnellen Pferden? Dafür spricht, dass Fernsehen, Volk und Sponsoren (das eine bedingt das jeweils andere) zum Turnierreitsport drängen. Zwar wirken Oxersprünge und Dressurakte vergleichsweise bäurisch, aber seit den Zeiten des girlandenhaft fabulierenden Reporters Hans-Heinrich Isenbart genießt das Turniergeschehen ein Vorzugsplätzchen im Fernsehen. Davon können die Galopper nur träumen. Wenn Jan Antony Vogel (62), Chefmanager des Dachverbandes "German Racing", die Hände ringt und sagt: "Ich sehe große Gesprächsbereitschaft bei ARD und ZDF", klingt das mehr nach Wunsch als nach konkreter Sendezeit.
Natürlich müssten die Galoppfunktionäre dem Fernsehen entgegenkommen und ihr komplexes Rennsystem entzerren. TV-Redakteure dürsten nach einfachen und jedermann verständlichen Ereignissen. Die Bundesliga versteht jeder. Wer versteht, was ein "Ausgleich II, Kategorie C" ist? Jan Antony Vogel weiß das. "Es herrscht aber allenthalben Aufbruchstimmung", glaubt er.
In Köln und Hoppegarten war davon tatsächlich etwas zu spüren.