28.06.2016 Mode

Die Krawatte: Ein Accessoire in Altersteilzeit

Die Krawatte ist meist nur noch bei Bankern, Unternehmensberatern oder Anwälten Standard - oder bei besonderen Anlässen.
Die Krawatte ist meist nur noch bei Bankern, Unternehmensberatern oder Anwälten Standard - oder bei besonderen Anlässen. Fotoquelle: VGstockstudio / Shutterstock.com

MODE Krawatte im Beruf, das war einmal. Wer sie weglässt, möchte ein Statement setzen. Wer sie aber dem Trend zum Trotz trägt, setzt ebenfalls eins. Was ist richtig? Wer hat recht?

Als Daimler-Chef Dieter Zetsche im Februar die Konzernzahlen vorstellt, fehlt ein wichtiges Utensil: die Krawatte. Damit ist Zetsche in guter Gesellschaft. Bosch-Chef Volkmar Denner hat die Krawattenpflicht in seinem Unternehmen ganz abgeschafft. Ein Trend, der sich nicht nur in der Wirtschaft zeigt. Auch US-Präsident Barack Obama verzichtet bei so manchem offiziellen Auftritt auf das Accessoire. Beim griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ist das krawattenfreie Outfit quasi ein politisches Statement.

Dabei war die Krawatte einst ständiger Begleiter der Herren, nun werden sie ihr zunehmend untreu oder wenden sich ganz von ihr ab. Die Krawatte ist nur noch bei Bankern, Unternehmensberatern oder Anwälten Standard. Wer sie weglässt, erzielt eine große Wirkung. Dem Betrachter fehlt dann schließlich etwas, was ihm für gewöhnlich direkt ins Auge springt. Es kann aber ebenso ein starkes Statement sein, heutzutage noch zur Krawatte zu greifen. Ob mit oder ohne Krawatte – sie ist stets im Fokus. In prisma erklären zwei Modeexperten, wie mit oder ohne richtig getragen wird.

Ohne Krawatte
Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts

Wer die Krawatte weglässt, möchte eine legere Attitüde transportieren. Gerd Müller-Thomkins vom Deutschen Mode-Institut mahnt allerdings an: "Diese Lässigkeit sollte nicht mit Nachlässigkeit verwechselt werden." Ohne Krawatte rückt das Hemd in den Fokus und muss die Formalität wiederherstellen, die mit der fehlenden Krawatte verloren gegangen ist.

Diese Aufgabe erfüllt es mit einem hochwertigen, veredelten Stoff, mit Umschlagmanschetten, Manschettenknöpfen sowie steifen, hohen Kent- oder Haifischkragen.

"Diese entwickeln die notwendige Dominanz, das entstehende Vakuum aufzufüllen, wenn man schon die Krawatte weglässt", sagt der Experte. Hierzu können auch Hals- und Einstecktuch dienen, die als Pendant zur Krawatte fungieren.

Je nach Anlass sollte nur der oberste Hemdknopf geöffnet sein – oder höchstens auch der zweite. Vielen Männern fällt es schwer, sich hier zurückzuhalten, weiß Müller- Thomkins: "Gerade der jugendlich erscheinen wollende Mann neigt zum weiten Ausschnitt. Das kennen wir von den T-Shirts, deren Ausschnitte immer größer werden."

Mit Krawatte
Thomas Rath, Modedesigner

Wer Krawatte trägt, muss auch wissen wie. Das Accessoire springt bei einem meist farblich schlichten Anzug direkt ins Auge – und sollte daher bewusst gewählt sein. Designer Thomas Rath mahnt an, die Farbe passend zum Typ auszuwählen. "Die Krawatte muss einen Teint strahlen lassen", sagt er. "Männer mit einer dunkleren, olivfarbenen Haut können etwa gut Krawatten in Rosé- und Rottönen tragen. Zum kalkig-weißen norddeutschen Typ passen eher Blauschattierungen." Blaue Krawatten sollten im Idealfall mit einem weißen Hemd kombiniert werden – und nicht mit dem weitverbreiteten hellblauen Hemd. "Das wirkt spießig und passt nicht zum hellen deutschen Typ", sagt Rath. "Weiße Hemden wirken immer frisch."

Die Krawatte sollte zudem kleingemustert sein – sei es ein kleines Karo-, Pünktchenoder Jacquardmuster. Der Grund: "Das ist nicht so plakativ und lautschreierisch." Wichtig ist, dass sich das Muster aus dem Gewebe ergibt und die Krawatte nicht bedruckt ist. "Das sorgt für einen wertigeren Eindruck." Das Material kann von Polyesterseide bis hin zur reinen Seide gehen. "Das ist eine Frage des Geldbeutels", sagt Rath.

Die breiteste Stelle sollte zwischen sieben und zehn Zentimetern groß sein – dies hängt von der Statur des Mannes ab. "Sie darf auf keinen Fall slim sein", sagt Rath. "Das gibt einen zu kleinen Knoten." Hier rät er stets zu einem doppelten Windsorknoten. Auch wenn Thomas Rath die Krawatte gerne am Mann sieht, empfiehlt der Modeexperte dennoch: Männer sollten mutig sein und ruhig mal eine Fliege tragen. Diese trägt er selbst auch am liebsten.

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