16.10.2018 "Eine Weihnachsgeschichte"

Zu Weihnachten eine brillante Bescherung

Von Matthias M. Machan

So schön kann die Vorweihnachtszeit sein. Die beiden Tatort-Kommissare Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl touren mit der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens ab Ende November für vier Wochen durchs Land und bringen mit der gut zweistündigen Inszenierung Licht in die Adventszeit. Der Stoff ist aktueller denn je.

Die "Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens ist – neben der Schilderung von Jesu Geburt im Neuen Testament – die wohl meisterzählte Geschichte in der Adventszeit. Die sozialkritische Erzählung über den alten Geizhals Ebenezer Scrooge, der am Vorabend des Weihnachtsfests von Geistern heimgesucht wird und durch sie seine Menschlichkeit wiederentdeckt, ist auch auf der Bühne ein gern gesehener, häufig gespielter Klassiker. Warum dann eine neue Fassung? Weil der Regisseur und Produzent Martin Mühleis daraus ein beglückendes Bühnenmärchen mit Musik arrangiert hat, das nichts an Aktualität eingebüßt hat, und weil sich mit den beiden Tatort-Kommissaren Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl zwei kongeniale Schauspieler für die Bühne gefunden haben, die der Geschichte einen tiefen Kern geben, den es so vorher noch nicht gab.

Vielschichtiges Theaterstück

Ist es ein Theaterstück, eine Lesung, eine Inszenierung? "Keiner der Vorschläge ist falsch, keiner aber beschreibt den Abend erschöpfend", sagt Udo Wachtveitl. Der 59-Jährige schwärmt von der tragenden Rolle der eigens für diesen Abend kompo-nierten Musik, die sich, dank eines virtuosen Streichquintetts, bei aller Modernität nicht scheue, sich "emotional in die Kurven zu legen", vom stimmigen Lichtkonzept und der uneitlen Regie, "die die Geschichte in ihr Recht setzt und sich nicht mit Mätzchen in den Vordergrund drängt." Durch die Musik und die Lichtregie werden Räume geschaffen–und doch spielt der Text immer die Hauptrolle.

Worum geht es? Für Ebenezer Scrooge (Miroslav Nemec) ist Weihnachten schlicht "Humbug". Scrooge geht einzig in seiner Arbeit und in seinem Geld auf. Und wie jedes Jahr schlägt er die Einladung seines Neffen zum Weihnachtsessen aus, weigert sich, den Armen an den Feiertagen Geld zu spenden. Doch ausgerechnet jetzt erhält der geizige, gefühlskalte Scrooge Besuch von mehreren Geistern, die ihn nacheinander mit in seine eigene weihnachtliche Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nehmen. Eine Reise, die sein Leben zum Positiven wandelt. "Ich spiele einen Menschen, dem alles Menschliche auf den Senkel geht, der dann aber eine Läuterung durchmacht", erklärt Miroslav Nemec seine Rolle. Und fügt hinzu: "Was für ein zeitgemäßer Stoff! Das erschreckt mich. Wir haben offenbar nichts dazugelernt."

Der Wert der Nächstenliebe

In der Tat erscheint diese 1843 erstmals veröffentlichte Geschichte zeitloser und aktueller denn je. In einer Zeit der Egozentrik betont die Weihnachtsgeschichte von Dickens den Wert der Nächstenliebe. Das Schöne: In der Interpretation von Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl erhält die Erzählung eine berührende Lebendigkeit.

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