20.10.2021 Blick in die Zukunft

Folge 1: Früher war alles besser – stimmt das?

Von Professor Dr. Thomas Druyen
Professor Dr. Thomas Druyen.
Professor Dr. Thomas Druyen. Fotoquelle: Alois Müller

In "Blick in die Zukunft" antwortet Professor Dr. Thomas Druyen auf Fragen von prisma-Chefredakteur Stephan Braun. Folge 1: Früher war alles besser – stimmt das?

Das kommt auf die Perspektive an. Der Rückgang der Kindersterblichkeit oder die längere Lebenserwartung sind unbestreitbare Beispiele, dass vieles besser geworden ist. Wir können bald zum Mars fliegen und die Forschung verhilft uns zu ganz neuen und schnelleren Lösungen wie den Corona-Impfstoffen. Allerdings ist das nur meine Ansicht. Für jemanden, der zum Beispiel an Long COVID erkrankt ist, sieht die Bewertung ganz anders aus. Und wer gar nicht an den Segen des Impfens glaubt, bewertet diesen Fortschritt sicher kritisch.

Eine große Familie in Bangladesch, die seit Generationen gut vom Fischfang leben konnte und jetzt bis zu den Knöcheln im Hochwasser versinkt, träumt gewiss von der besseren Vergangenheit. Ein chinesischer Bekannter, zwar stolz auf die jahrtausendealte Geschichte, erwartet für sein Land eine noch strahlendere Zukunft und fühlt sich immer mehr bestätigt. Eine amerikanische Freundin sieht ihre Kultur den Bach runtergehen, weil Lügen und Machtmissbrauch alltäglich geworden sind. Ihr vierundzwanzigjähriger Sohn, ein Experte für Künstliche Intelligenz, arbeitet an der technischen Erweiterung unserer Gehirne und ist sich sicher, dass die Zivilisation jetzt erst richtig losgeht.

Ob ich nun zweitausend oder zwei Millionen weitere Personen befrage, ich komme der einen Wahrheit nicht näher. Denn eine allgemeingültige Antwort gibt es nicht, weil durch Alter, Generation, Kultur und Religion der Standpunkt zu dieser Frage immer anders ist. Natürlich gibt es Menschen, die ähnlich fühlen und denken. Und tief im Unterbewusstsein haben fast alle das Gefühl, dass vieles früher besser war, weil wir jung, mutig und voller Hoffnung waren. Das bedeutet: Die Welt ist in unseren Köpfen gemacht und die Realität das Ergebnis unseres Handelns. Wenn wir wollen, dass alles besser wird, brauchen wir Veränderung und die beginnt wiederum bei uns selbst.

Zu Person: Professor Dr. Thomas Druyen ist Direktor und Gründer des Instituts für Zukunftspsychologie und Zukunftsmanagement an der Sigmund-Freud-Privatuniversität in Wien und Vorsitzender des Opta Data Institutes für Health Care.

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