21.03.2022 Blick in die Zukunft

Folge 12: Mythos demografischer Wandel – Fluch oder Segen?

Von Professor Dr. Thomas Druyen
Professor Dr. Thomas Druyen (rechts) und prisma-Chefredakteur Stephan Braun.
Professor Dr. Thomas Druyen (rechts) und prisma-Chefredakteur Stephan Braun. Fotoquelle:  Alois Müller

In "Blick in die Zukunft" antwortet Professor Dr. Thomas Druyen auf Fragen von prisma-Chefredakteur Stephan Braun. Folge 12: Mythos demografischer Wandel – Fluch oder Segen?

Seit vielen Jahrzehnten besitzen wir enormes Wissen über die Entwicklung unserer Bevölkerung und die Generationenstruktur unserer Gesellschaft. Dank der demografischen Wissenschaft, ihren Statistiken und Gliederungen kennen wir die alters- und zahlenmäßige Verteilung unserer Bürgerinnen und Bürger ganz genau. Wir alle haben schon mal die Alterspyramide gesehen. Sie erinnert uns immer wieder unmissverständlich daran, dass die Zahl der älteren Menschen gravierend wächst, die der jungen aber sinkt.

Begriffe wie Überalterung oder Unterjüngung versuchen, das Dilemma in einem Wort zu transportieren. Es stellt sich jetzt die bedrohliche Frage, warum wird dieses Thema immerfort auf die leichte Schulter nehmen. In den vergangenen 100 Jahren hat sich unsere Lebenserwartung um 30 Jahre verlängert. Wenn heute ein Mädchen geboren wird, kann es durchaus mit einer Spanne von nahezu hundert Jahren rechnen. Es ist fantastisch, wie sich durch Medizin, Ernährung, Forschung und viele andere Faktoren das Leben so erstaunlich verlängert hat. Keine Frage – ein Segen.

Aber die dunkle Seite dieses epochalen Fortschritts wird verdrängt, ignoriert und verschwiegen. Wenn sich das vermeintliche Rentenalter nicht um viele Jahre erhöht, sind Fragen der Finanzierung und der Renten überlebenswichtig. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Schon jetzt haben wir mehr als 24 Millionen Menschen über 60 Jahre in unserem Land. Die Zahl der jungen Leute zwischen 18 und 24 Jahren zum Beispiel liegt dagegen bei etwas mehr als 5 Millionen.

Wer also bitte soll in Zukunft durch seinen Beitrag für die Senioren aufkommen? Der Staat? Wer ist der Staat? Wir. Also haben wir keinen Fluch, sondern eine ultimative und verdrängte Problematik, die es endlich zu lösen gilt. Eine zentrale Stellschraube, die wir selbst in der Hand hätten, ist die Dauer der Arbeitszeit. Klingt abschreckend, aber könnte der goldene Weg in die Zukunft sein.

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