Tatort am Sonntag

"Tatort: Château Mort" – Wein ohne Wahrheit

06.02.2015, 16.00 Uhr
von Detlef Hartlap
Bei der ersten Untersuchung der Leiche durch Gerichtsmediziner Wehmut (Benjamin Morik, l.) finden sich im Rucksack des Toten nicht nur jede Menge Scherben, sondern auch eine unbeschädigte Flasche Wein, die Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) außergewöhnlich vorkommt.
BILDERGALERIE
Bei der ersten Untersuchung der Leiche durch Gerichtsmediziner Wehmut (Benjamin Morik, l.) finden sich im Rucksack des Toten nicht nur jede Menge Scherben, sondern auch eine unbeschädigte Flasche Wein, die Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) außergewöhnlich vorkommt.  Fotoquelle: SWR/Peter Hollenbach

Doch, es wird auch eine Leiche aus dem Bodensee geborgen, nebst einem Aal, der sich in sie verbissen hat. Aber dieser Tatort bringt es fertig, dass die Eingangsleiche mehr und mehr verblasst (der kleine Kalauer sei gestattet), um einem Mord von Staats wegen aus dem Revolutionsjahr 1848 den Vorrang zu geben.

Dass nebenher auch anderweitig gemordet und mordversucht wird, was macht das noch? In Château Mort, einem Tatort ungezählter Nebenstränge, gibt es kein Zentrum, nur dies und das, aber dies und das wird mit so viel Schwung dargeboten, dass es eine Freude ist zuzusehen.

Wären die Bodensee-Krimis doch immer so inspiriert gewesen, sie könnten ewig fortbestehen, was bekanntlich nicht der Fall ist.

Geht es um etwas Konkretes? Am ehesten noch um Wein, einen ebenso speziellen wie unwahrscheinlichen Tropfen, der als Annette-von-Droste-Hülshoff-Wein durch den Film geistert.

Kabarettreif durchexerziert

In einer wunderbaren Szene ergeht sich Felix von Manteuffel in einer Bewertung dieses Weins, indem er das Önologen-Geschwafel mitsamt ekstatischer Mimik und Körperwindung kabarettreif durchexerziert. Sibylle Canonica als Auktionatorin kommt ihm mit ihrer Elisabeth-Noelle-Neumann- Rhetorik und bedingungsloser Profitgeilheit nahe.

Der Zuschauer lernt: Am sorgfältigsten aufbewahrt, geschützt und gekühlt werden vor allem Fälschungen. Mit ihnen lässt sich massig Geld machen. Man kennt das aus der Kunst. 1848, als Baden beinahe eine Republik geworden wäre, lebte die Erzählerin und Musikerin Annette von Droste-Hülshoff aus Havixbeck am Bodensee im "Fürstenhäusle" am Rande eines Weinguts in Meersburg. Ob sie mit Levin Schücking eine Liebesbeziehung verband, wie der Film behauptet, ist fraglich; sie starb auch nicht an gebrochenem Herzen, sondern an einer Lungenentzündung.

Hier ist eine Schauspielerin am Werk

Ein gebrochenes Herz muss der Zuschauer indes für Kommissarin Klara Blum befürchten, die sich in den Kollegen Matteo Lüthi (Roland Koch) verknallt. Aber ach, der hat eine andere, eine Jüngere. Wenn man Eva Mattes beim Ver- und Entlieben beobachtet und mit dem verliebten Dietmar Bär der Vorwoche vergleicht, darf man feststellen: Hier ist eine Schauspielerin am Werk.

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