Krimi am Sonntag

"Polizeiruf 110: Fischerkrieg" - Gespenster von gestern

24.07.2015, 14.05 Uhr
von Detlef Hartlap
Charly Hübner zeigt als Kommissar Bukow in "Fischerkrieg" vollen EInsatz.
BILDERGALERIE
Charly Hübner zeigt als Kommissar Bukow in "Fischerkrieg" vollen EInsatz.  Fotoquelle: NDR/Christine Schroeder

Das ist wieder ein absolut sehenswerter Polizeiruf, bei dem es allerdings am allerwenigsten um den "Fischerkrieg", wie die Folge im Titel heißt, geht. "Vaterkrieg" wäre, wenn es schon martialisch klingen soll, der bessere Titel gewesen, oder auch "Gespenster von gestern".

Denn um sie geht es auf vertrackte Weise für die beiden Rostocker ­Polizeiruf-Protagonisten Charly Hübner und Anneke Kim Sarnau, die zum Besten gehören, was das sonntägliche ­Pantoffel­kino zu bieten hat.

Den dicken Max markieren

Charly Hübner als Kommissar Bukow kann in Fischer- und Schmugglerkreisen (das geht hier ziemlich ineinander über) den dicken Max markieren: "Ich erfahre alles!" Dank seiner sich beständig ausweitenden Körperlichkeit bekommt er die zauseligsten Seeleute in den Schwitzkasten. Doch wenn es um seinen Vater geht, in dessen steingemeißelten Zügen 100 Jahre Verschwiegenheit liegen, rennt Bukow gegen eine Wand.

Das Geld des Alten, das dieser ihm und seiner Frau zuschieben will (weil doch die Ehe auf der Kippe steht), weist Bukow zurück; er kann und will sich auf die Herkunft des Geldes keinen Reim ­machen. Diese Folge öffnet ihm die Augen.

Flucht über die Ostsee nimmt Konturen an

Auch Anneke Kim Sarnau als LKA-Profilerin König werden die Augen geöffnet. Zunächst auf jene derb-direkte Art, wie sie Bukow zu eigen ist ("Sind wir aus der DDR?"). Später mit ­einer sehr schönen, weil hingetupften Geschichte, die von ­allmäh­lichem ­Erkennen erzählt. Schon in der Polizeiruf 110 - Stillschweigen hatten Sarnau die Strandgeräusche von Kühlungsborn in eine verschüttete Phase ihrer Kindheit zurückversetzt; jetzt nimmt die einstige Flucht über die Ostsee zum ersten Mal Konturen an.

Dass diese Flucht möglicherweise mit dem Hauptverdächtigen des aktuellen Falles zu tun hat, ist eine starke Idee. Ein guter Krimi wirft Fragen auf, auch auf die Gefahr hin, das Publikum zu überfordern: Wann ist eine illegitime Flucht moralisch gerechtfertigt, wann nicht? Wann ist ein Menschenschleuser ein Held, wann ein Übeltäter? Darüber gerät allerdings, das muss man erwähnen, der eigentliche Mord aus dem Blickfeld. Wer hat denn nun den Fischer Thomsen erschossen? Wer's sich gemerkt hat, bitte melden!

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